KYBUNARENA: Der visionäre Erfinder

Nicht alles ist dem neuen Stadion-Sponsor Karl Müller beruflich auf Anhieb gelungen. Nach Tiefschlägen wusste er sich jedoch stets wieder aufzurappeln.

Richard Clavadetscher
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Unternehmer Karl Müller: Die ganze Welt des weich-elastischen Bodens. (Bilder: Michel Canonica)

Unternehmer Karl Müller: Die ganze Welt des weich-elastischen Bodens. (Bilder: Michel Canonica)

«Ach, es geht doch gar nicht um meine Person», sagt Karl Müller, wenn man ihn in diesen Tagen darauf anspricht, dass die St. Galler AFG Arena ab Sommer nach seinem Unternehmen benannt sein wird: Kybunpark. Vielmehr seien es zwei Anliegen, die für ihn hier im Mittelpunkt stünden: «Ich will, dass Kybun unabhängig von meiner Person und über meine Generation hinaus bestehen bleibt. Und will ich, dass die Kybun-Bewegungstechnologie zum Bestandteil unseres Gesundheitswesens wird.»

Zwar würden die Menschen immer älter, aber mit zunehmendem Alter hätten sie Probleme mit dem Bewegungsapparat. Hier will Kybun dagegenhalten – doch nicht nur: Karl Müller will mehr, für ihn ist es Ziel, dass Menschen bei Problemen mit dem Bewegungsapparat quasi automatisch den Namen Kybun assoziieren – genauso wie wir mit Kopfschmerzen sofort den Namen Aspirin verknüpfen. Den St. Galler Kybunpark nun sieht Müller als einen Schritt hin zu diesem Ziel.

Würde einfach irgendeiner eine solche Aussage machen, man zuckte mit den Schultern und nähme es bestenfalls zur Kenntnis. So spricht nun aber eben nicht einfach irgendeiner, sondern der 63jährige Unternehmer Karl Müller aus Roggwil, Erfinder des weltweit millionenfach verkauften MBT-Schuhs. MBT steht für Masai Barefoot Technology.

Korea ist der Schlüssel zu seinem Leben

Auf Wikipedia ist Müller als «Erfinder» vermerkt. Doch diese Bezeichnung beschreibt ihn nur unvollständig. Neben dem Erfinden zeichnet Müller das Visionäre aus. Mehr noch: Müller hat darüber hinaus die Gabe, eine Vision auch erfolgreich umsetzen zu können. MBT ist ein Beweis dafür. – Nun eben geht's ihm um Kybun.

Die Firma Kybun produziert in Sennwald Schuhe, Bodenmatten und Laufbänder. «Die Welt des weichelastischen Bodens» nennt es Müller. Neben der Produktionsstätte steht gleich noch ein Erlebnispark, in dem man die Kybun-Produkte in der Praxis testen kann.

Der Name Kybun stammt aus dem Koreanischen und ist etwa mit «gutes Gefühl» zu übersetzen. Dass Karl Müller der Firma einen koreanischen Namen verpasste, ist nicht weiter verwunderlich, denn Korea ist so etwas wie der Schlüssel zu seinem Leben. Nicht nur dass Müller mit einer Koreanerin verheiratet ist, er verbrachte viele Jahre in jenem asiatischen Land: Noch nicht 30 Jahre alt, wanderte Karl Müller nach beendetem Ingenieurstudium an der ETH im Jahr 1979 nach Südkorea aus, wo er dann bis 1990 blieb.

Der Workaholic kehrt zurück

Acht Firmen baute er dort auf – unter anderem in den Bereichen Ski, Hotel und Textilmaschinen. Daneben besass er vier bekannte Restaurants in der Hauptstadt Seoul. Müller war damals ein Workaholic, was sich auch auf seine Gesundheit auswirkte. Er verkaufte deshalb seine Firmen und kehrte in die Schweiz nach Roggwil zurück. Hier lebte er jahrelang als Selbstversorger und gründete in Arbon ein Drogenheim. In dieser Zeit fand er auch zur Bibel, nach der er sich bis heute richtet – privat wie beruflich. Er betrieb damals einen Gemüselieferdienst und verkaufte Holzspielsachen.

Während seiner Zeit in Korea habe er immer wieder unter starken Rücken- und Gelenkschmerzen gelitten, sagt Müller. Linderung habe er verspürt, wenn er jeweils barfuss in den leicht sumpfigen Reisfeldern ging. Dies brachte den Ingenieur auf die Idee, einen Schuh mit weicher, runder Sohle zu entwickeln – vorerst für den persönlichen Gebrauch. Aus diesen Arbeiten entstand schliesslich der Gesundheitsschuh MBT. Anfangs belächelt, landete Müller damit in den Neunzigerjahren einen Volltreffer. Nicht weniger als 50 Firmen weltweit haben ihn kopiert.

Für andere wäre diese Schuhentwicklung und deren erfolgreiche Lancierung ein Lebenswerk – nicht aber für Karl Müller. Er verkaufte vor rund einem Jahrzehnt die MBT-Markenrechte zu einem Preis im niedrigen dreistelligen Millionenbereich – aber unter dem eigentlichen Wert, wie kolportiert wird. Wichtig war ihm, dass er «nochmals mit etwas ganz Neuem bei null beginnen» konnte. Ganz so rund lief dieser Neubeginn dann aber nicht: Müller verspekulierte erst einmal viel Geld aus dem MBT-Verkauf am Devisenmarkt.

Doch da war die Kybun-Idee. Müller hatte sie bereits schon zu MBT-Zeiten. Nun setzte er sie um. Und inzwischen ist er auch hier auf gutem Weg. Nicht zuletzt der mehrjährige Vertrag mit dem FC St. Gallen für die Namensrechte am Stadion belegt es.

Fixer Bestandteil des Trainings

Der FC St. Gallen ist für Müller laut eigenem Bekunden ein guter Partner. Dies nicht nur, weil er schon seit Espenmoos-Zeiten Fan des Vereins ist, sondern auch, weil die St. Galler «bereits seit sechseinhalb Jahren täglich mit dem Kybun-Konzept arbeiten», wie Müller sagt: «Es ist ein fixer Bestandteil des Trainings.» Wenn also Fussballprofis auf Kybun schwören, ist dies wohl ebenso für Amateure eine gute Sache: Dass sich die Menschen nun solche Überlegungen machen, war einer der Gründe für das Stadion-Engagement.

Karl Müller, Erfinder und Visionär, ist nun also dem FC St. Gallen nicht mehr nur über das dort angewendete Kybun-Konzept, sondern jetzt auch über das Stadion-Sponsoring verbunden. Ein logischer nächster Schritt wäre nun doch die Entwicklung eines Fussball-Wunderschuhs – oder nicht? Daran habe er bis anhin nicht gedacht, so Karl Müller.

Aber da wir ihn nun schon mal darauf angesprochen haben – wer weiss.