Der FCSG zeigt YB den Meister: Die Espen gewinnen gegen die Berner 4:1

Was der FC St.Gallen heute zeigte, hätte den Espen nach dieser Saison wohl kaum jemand zugetraut: Die Ostschweizer demontieren Meister YB und gewinnen verdient mit 4:1. Kein Wunder war die Stimmung im Kybunpark ausgelassen wie schon lange nicht mehr. Geburtstagskind Tranquillo Barnetta krönte sein Abschiedsspiel mit zwei Vorlagen und einem Tor. Die St.Galler Barrage-Sorgen sind mit diesem Sieg Geschichte.

Stephanie Martina
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Grund zur Freude: Für den FC St.Gallen lief heute gegen YB alles nach Mass. (Bild: Urs Bucher)

Grund zur Freude: Für den FC St.Gallen lief heute gegen YB alles nach Mass. (Bild: Urs Bucher)

Die Tore

  • 1:0, 19. Minute, Musah Nuhu: Tranquillo Barnetta flankt in den YB-Strafraum und irgendwie landet der Ball im Chaos vor Nuhus Füssen. Dieser donnert den Ball an die Latte, von dort springt das Leder zu Jordi Quintillà, der auf das Tor zielt. Durch eine minimale Ablenkung von Nuhu fliegt der Ball ins Berner Tor. Für den Ghanaer ist es das erste Goal für den FC St.Gallen.
  • 2:0, 44. Minute, Tranquillo Barnetta: Bei einem Konter der St.Galler spielt Jérémy Guillemenot den Ball zum richtigen Zeitpunkt nach links zu Dereck Kutesa. Dessen Abschluss kommt jedoch nicht an YB-Goalie Marco Wölfli vorbei. Beim zweiten Anlauf klappt's jedoch: Barnetta ist mitgelaufen und trifft ins leere Tor.
  • 3:0, 58. Minute, Vincent Sierro: Jordan Lotomba holt im Berner Strafraum Jérémy Guillemenot von den Beinen. Der Schiedsrichter zeigt auf den Elfmeterpunkt. Sierro legt sich den Ball hin und verwandelt den Penalty eiskalt.
  • 3:1, 68. Minute, Nicolas Moumi Ngamaleu: Nach einem Fehler von Musah Nuhu legt Roger Assalé schön quer für Ngamaleu, der locker einschiebt.
  • 4:1, 80. Minute, Majeed Ashimeru: Von einem Gegenspieler kommt der Ball ein wenig glücklich zum Ghanaer, der so nicht im Abseits steht und Marco Wölfli gekonnt überlupft.

Die Spiel-Analyse

Hat der FCSG nächste Saison überhaupt noch Spieler? Diese Frage dürften sich einige der 13'957 Fans im Kybunpark gestellt haben. Denn vor dem Anpfiff verabschiedete der FC St.Gallen eine ganze Reihe von Akteuren. Klar: Tranquillo Barnetta, Majeed Ashimeru, Daniel Lopar und Andreas Wittwer waren keine Überraschung. Weiter wurden aber auch Yannis Tafer, Philippe Koch und Gianluca Tolino mit einem Händedruck und gerahmten Trikots verabschiedet.

Aber jetzt zum Spiel: Die Gäste aus Bern gaben sofort den Takt an, was für die St.Galler bedeutete, dass sie zunächst einmal mit Defensivarbeit beschäftigt waren. Trotzdem: Standing Ovation im Stadion. Offenbar wollte das Publikum Tranquillo Barnetta einen schönen Abschied bereiten, denn mit dem Gezeigten auf dem Rasen dürfte diese Geste (noch) wenig zu tun gehabt haben. Das änderte sich in der 19. Minute. Es geschah, womit zu diesem Zeitpunkt wohl niemand gerechnet hätte: Der FCSG traf und ging gegen den Meister dank Nuhu Musah mit 1:0 in Führung.

In der Folge drehten die St.Galler auf und kamen fast im Zwei-Minuten-Takt zu Chancen. Die Espen schienen ab jetzt den Vorwärtsgang eingelegt zu haben. In der 28. Minute erzielte Jérémy Guillemenot beinahe das nächste St.Galler Tor, doch Goalie Wölfli war zur Stelle. Doch auch YB machte weiter Druck nach vorne und kam ebenfalls zu Möglichkeiten. Kurz vor der Pause setzte Geburtstagskind Barnetta seinem Abschiedsspiel die Krone auf: Er erhöhte auf 2:0. Jetzt hielt es niemanden mehr auf dem Sitz. Das Stadion war ausser Rand und Band.

Das St.Galler Feuerwerk ging nach der Pause weiter: In der 52. Minute vergab Guillemenot eine hundert prozentige Chance. Nach einer Flanke von Barnetta hätte er nur noch Wölfli bezwingen müssen, doch statt den Ball in die Ecke zu schieben, traf er den Berner Goalie. Auch YB kam immer wieder gefährlich vors St.Galler Tor. Doch die Ostschweizer liessen sich nicht verunsichern und hielten ihren Vorsprung. In der 57. Minute holte Jordan Lotomba St.Gallens Guillemenot von den Beinen – klarer Elfmeter. Vincent Sierro verwandelte den Penalty souverän zum 3:0. Und wieder stand das ganze Stadion! Die Stimmung im Kybunpark war lange nicht so euphorisch.

Dann ein Dämpfer: Die Berner Young Boys erzielten in der 68. Minute ihr erstes Tor. Der FCSG liess sich davon nicht beirren und zeigte sich sofort wieder angriffslustig. St.Gallen spielte sich nun in einen regelrechten Rausch. Die Folge davon: Majeed Ashimeru, der nach dieser Saison zu seinem Verein Red Bull Salzburg zurückkehrt, traf zum 4:1 und machte den Sack zu. Der zu Espenmoos-Zeiten viel erwähnte St.Galler Hexenkessel war zurück. Meister YB war geschlagen.

Doch damit nicht genug: In der 88. Minute erhielt St.Gallen nochmals einen Elfmeter zugesprochen. Barnetta trat an – doch leider scheiterte er an Wölfli. Jeder litt mit. In der 90. Minute bekam Barnetta seinen persönlichen Abgang mit einer Standing Ovation. Noch auf dem Platz zog der 34-Jährige seine Fussballschuhe aus und hängte sie symbolisch an den Nagel. Materialwart Mario Baccaro hielt dafür extra ein Holzbrett mit eingeschlagenen Nägeln in die Luft. Wenige ereignislose Minuten später pfiff Schiedsrichter Fähnrich die Partie ab. Die Barnetta-Abschiegssause konnte beginnen. Alles dazu erfahren Sie in unserem Liveticker.

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Der Beste

Tranquillo Barnetta lässt sich feiern. (Bild: Urs Bucher)

Tranquillo Barnetta lässt sich feiern. (Bild: Urs Bucher)

Tranquillo Barnetta zeigt dem St.Galler Publikum ein letztes Mal, was in ihm steckt und warum er an diesem Abend zurecht als erfolgreichstes Eigengewächs in der 140-jährigen Clubgeschichte gefeiert wird. Beim 1:0 war es seine Flanke, die schliesslich zum Tor führte. Und beim 2:0 knallte er den Ball ins leere Berner Tor. Leider hatte er beim zweiten St.Galler Penalty etwas Pech und scheiterte an Goalie Marco Wölfli.

Der Schlechteste

Wir verzichten heute angesichts der St.Galler Leistung und des Glanzresultates darauf, einen Spieler zum Schlechtesten zu machen. Wer gegen Meister YB 4:1 gewinnt, hat keine schlechten Spieler auf dem Platz.

Tranquillo Barnetta Sturm 6. Erzielt ein Tor. Bereitet das Vierte vor. Der beste Mann auf dem Spielfeld. Einziger Makel: Der verschossene Penalty kurz vor Schluss. Zum Abschied gibt’s dennoch die Höchstnote.
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Musah Nuhu: Verteidigung 5,5. Räumt alles ab, was ihm vor die Füsse fällt. Nebst Barnetta der beste St.Galler.
Majeed Ashimeru: Mittelfeld 5,5. Lenkt das Spiel souverän. Meist nur durch ein Foul zu stoppen. Macht das 4:1.
Milan Vilotic: Verteidigung 5. Ist zur Stelle wenn es ihn braucht. Beim Gegentreffer ohne Schuld.
Dejan Stojanovic: Tor 5. Hat einen eher ruhigen Abend. Hält, was es zu halten gibt. Beim Gegentreffer chancenlos.
Dereck Kutesa Sturm 5. Spielt seinen Gegenspieler Kevin Mbabu ein ums andere Mal schwindlig.
Vincent Sierro: Mittelfeld 4,5. Vieles läuft über die Nummer 14. Gegen vorne aber bleibt der Walliser harmlos.
Andreas Wittwer: Verteidigung 4,5. Macht keinen Fehler. Gegen vorne aber einmal mehr ohne Durchschlagkraft.
Silvan Hefti: Verteidigung 4,5. Gegen ihn war heute kein Durchkommen. Dürfte sich offensiv mehr zutrauen.
Jérémy Guillemenot: Sturm 4,5. Läuft und arbeitet viel. Sehr sehenswerter Pass vor dem 2:0. Sündigt aber mehrmals im Abschluss.
Jordi Quintillà: Mittelfeld 4,5. Macht seine Sache im Mittelfeld ordentlich. Noch einer der Unauffälligeren auf dem Feld.
Axel Bakayoko: Sturm –. Er kommt für Barnetta in der letzten Minute. Keine Bewertung.
Yannis Tafer: Sturm –. Eine Viertelstunde im Spiel für Kutesa.
Simone Rapp: Sturm –. Spielt nur in den letzten fünf Minuten. Zu wenig für eine Bewertung.

Tranquillo Barnetta Sturm 6. Erzielt ein Tor. Bereitet das Vierte vor. Der beste Mann auf dem Spielfeld. Einziger Makel: Der verschossene Penalty kurz vor Schluss. Zum Abschied gibt’s dennoch die Höchstnote.

Die Aufreger

In der 57. Minute zeigte Schiedsrichter Lukas Fähnrich auf den Elfmeterpunkt. Dem Pfiff vorausgegangen war ein Foulspiel von Lotomba. Der Berner holte im Strafraum St.Gallens Jérémy Guillemenot von den Beinen. Sierro nahm sich der Sache an – und versenkt den Ball in der linken unteren Ecke. 3:0 für den FC St.Gallen.

In der 87. Minute wurde den St.Gallern ein weiterer Penalty zugesprochen. Dieses Mal wurde Tranquillo Barnetta gefoult. Das Geburtstagskind trat gleich selbst an, brachte den Ball aber nicht an Wölfli vorbei.

Die Fans

Der Espenblock hat einmal mehr keine Kosten und Mühen gescheut, um einen FCSG-Spieler würdig zu verabschieden. «Ciao Quillo» stand auf einem grossen Banner und ein übergrosser Tranquillo Barnetta stieg langsam über dem Meer aus grün und weiss auf. Die Barnetta-Choreo gibt's hier im Video:

Die Reaktionen

Tranquillo Barnetta: «Das ich den Penalty verschossen habe, ist mir scheissegal.»


FCSG-Trainer Peter Zeidler: «Wir sind sehr zufrieden mit unserem Auftritt. Wir haben es diese Saison noch nicht oft geschafft, so zu begeistern wie heute. Das freut mich vor allem für unser Publikum. Zwar sind wir jetzt alle ein bisschen in Feierlaune, aber wir werden auf jeden Fall auch in Zürich versuchen, einen tollen Saisonabschluss zu zeigen.»


Jordi Quintillà: «Ich glaube, wir haben gegen den Meister sehr gut gespielt. Das war von der ersten bis zur letzten Minute ein perfektes Spiel.»


Obwohl Verteidiger Andreas Wittwer vor dem Spiel verabschiedet wurde, scheint sein Abgang doch nicht ganz so fix zu sein, wie er im Interview sagt:


Das Spiel im Liveticker nachlesen:

Hier geht's zum grünweiss gefärbten Barnetta-Ticker:

Und hier geht's zum objektiven Ticker für YB- und FCSG-Fans:

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