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FC St.Gallen
Im Wintersportland Norwegen tut sich der Fussball schwer. «Uns fehlt ein Star», sagt der frühere YB-Spieler Mini Jakobsen vor der Begegnung am Donnerstag zwischen Sarpsborg und St. Gallen.
Jahn Ivar Jakobsen weiss viel zu erzählen. Die Worte sprudeln immer noch genau so wie Anfang der 1990er-Jahre, als «Mini» bei den Young Boys ein Publikumsliebling war. Der kleine Mann entzückte die Zuschauer mit Toren, Salti und Schlagfertigkeit. Seit 1994 ist der Norweger zurück in seiner Heimat. Die Begegnung zwischen St. Gallen und Sarpsborg hat er sich in einer Zusammenfassung angesehen. «St. Gallen hat ein schönes neues Stadion. Kein Vergleich zu früher», sagt der 52-Jährige.
Im Hinspiel der zweiten Qualifikationsrunde zur Europa League beeindruckte Jakobsen vor allem der Start seiner Landsleute. «Aber natürlich sollte man nicht verlieren, wenn man fast während eines ganzen Spiels in Überzahl agieren kann.» Trotzdem habe sich Sarpsborg eine vielversprechende Ausgangslage geschaffen, sagt er. «St. Gallen muss eine sehr gute Leistung abrufen, will es in Sarpsborg bestehen. Zudem erwartet die Schweizer ein kleines, enges Stadion, das mit 6000 Zuschauern ausverkauft sein wird.» Sarpsborg gilt als heimstark.
Das Team trägt seine Heimspiele auf Kunstrasen aus. 50 Prozent aller Heimspielstätten der Clubs in Norwegens höchster Liga sind mit einer Plastikunterlage ausgestattet. «Wenn wir im März mit unserer Meisterschaft beginnen und im November aufhören, herrschen Minustemperaturen, und es liegt Schnee. Deshalb setzen viele Clubs auf Kunstrasen», so Jakobsen. Heute aber ist es verhältnismässig auch in Sarpsborg warm. Die Temperaturen klettern in der Stadt mit den 55 000 Einwohnern auf 25 Grad.
Obwohl er seine Karriere vor 18 Jahren beendet hat, ist Jakobsen in seiner Heimat noch immer eine Legende. Für Rosenborg Trondheim absolvierte der Stürmer 240 Spiele. Siebenmal wurde er mit dem Club Landesmeister, viermal holte er den Cup. Für das Nationalteam lief Jakobsen 65-mal auf. Zwischen 2000 und 2017 war der wortgewandte Skandinavier TV-Experte. Er sagt: «Die Ligen in Norwegen und der Schweiz sind auf einem ähnlichen Niveau.» Jakobsen klammert einzig Basel aus, denn im Gegensatz zum Schweizer Clubfussball haben die norwegischen Vereine auf europäischer Ebene zuletzt kaum Spuren hinterlassen. Am Mittwoch Abend scheiterte Meister Rosenborg in der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League an Celtic Glasgow.
«Bei uns ist im Vergleich mit der Schweiz weniger Geld im Spiel, wir können keine hohen Löhne bezahlen.»
Deshalb sei es den norwegischen Clubs auch nicht möglich, Topspieler zu verpflichten, sagt Jakobsen. Der finanzielle Unterschied wird selbst zwischen Vereinen wie Sarpsborg und St. Gallen offensichtlich. Der Gesamtmarktwert der Norweger beträgt 6,7 Millionen Euro, den Wert der St. Galler schätzt transfermarkt.ch auf 17,1 Millionen Euro. Wertvollster St. Galler Spieler ist Captain Silvan Hefti mit 1,75 Millionen Euro, wertvollster Sarpsborger der dänische Stürmer Ronnie Schwartz mit 600 000 Euro.
Während Norwegen über gute Frauenfussballerinnen verfügt und im Wintersport weltweit die stärkste Nation ist, haben die Männerfussballer den Anschluss verpasst. Seit 1998 wartet das Nationalteam auf eine WM-, seit 2000 auf eine EM-Teilnahme. «Wir sind nicht zufrieden», sagt Jakobsen. Akteure wie es einst Jakobsen oder John Arne Riise in Liverpool waren, gibt es in Norwegen derzeit nicht. «Uns fehlen die Stars», sagt der ehemalige Stürmer. Ein Hoffnungsträger ist der heute 19-jährige Martin Odegaard, der mit 16 Jahren als Toptalent zu Real Madrid wechselte. Zuletzt aber spielte er leihweise für Heerenveen in Holland.
In der Fifa-Weltrangliste belegt Norwegen Rang 53, das schmerzt eine Nation, die schon einmal Spitzenplätze inne hatte. Man habe in seinem Land lange versucht, die Spanier zu kopieren, sagt Jakobsen. «Doch wir sind keine Spanier. Nationaltrainer Lars Lagerbäck hat das erkannt. Er lässt wieder ein einfaches Spiel spielen. Wir hoffen, dass sich unser Fussball bald zurückmelden wird.»