Die Ostschweizer sind erstmals seit langem wieder für eine Überraschung gut. Im letzten Heimspiel von Tranquillo Barnetta besiegt St.Gallen den Meister Young Boys gleich mit 4:1.
Es lief an diesem emotionalen Abschiedsabend von Tranquillo Barnetta vieles wie am Schnürchen für den FC St.Gallen. Und als Barnetta kurz vor der Pause auf 2:0 erhöhte, lagen sich im St.Galler Stadion wieder einmal wildfremde Menschen in den Armen. Besser kann eine Karriere nicht zu Ende gehen. Schöner kann eine Fussballgeschichte kaum sein. Und dabei war der Abend noch lange nicht zu Ende, er hielt noch einige Überraschungen bereit: Weitere Tore und ein einziger, kleiner Wermutstropfen für Barnetta, als er kurz vor Schluss einen an ihm verschuldeten Penalty vergab. Nur zählten an diesem Tag all die grossen Emotionen und die Tatsache, dass St.Gallen der Barrage definitiv entkommen ist und nun gar wieder dabei ist im Kampf um die Europa League.
St.Gallen fand gegen die in dieser Saison so dominanten Young Boys ein Mittel, um sie zu kontrollieren, in Bedrängnis zu bringen und schliesslich gar deutlich zu besiegen. Auf das 2:0 von Barnetta folgte in der 58. Minute das Penaltytor durch Vincent Sierro, das zwischenzeitliche 1:3 durch Nicolas Ngamaleu korrigierten die Ostschweizer durch ein prächtiges Tor von Majeed Ashimeru. St.Gallen, das gegen die Young Boys zuvor in Meisterschaft und Cup sieben Partien in Folge verloren hatte, war nach Anfangsschwierigkeiten in der 19. Minute durch Innenverteidiger Musah Nuhu in Führung gegangen. Dieses Tor brach den Bann.
Danach hatten die Ostschweizer den Meister über Erwarten gut im Griff. Offensichtlich war, dass ihnen die Spielanlage der Young Boys behagte, dass es ihnen entgegenkam, für einmal mehr Räume vorzufinden. So gelang es St.Gallen, sein Sonntagsgesicht zu präsentieren. Es griff an, es konterte, es hielt die Balance und geriet praktisch nie unter Dauerdruck. Hinzu kam, und das war gegen die physisch starken Berner dann ebenfalls eine Überraschung, dass es die Gastgeber wieder einmal schafften, den Ball besser zu behaupten und ihn vom eigenen Tor fern zu halten. Die Young Boys, die zuletzt drei deutliche Siege in Folge gefeiert hatten, waren jedenfalls sichtlich überrascht und kamen praktisch nie mehr in die Gänge. Die Fehlerquote schoss in die Höhe. Auf der anderen Seite aber fiel keiner ab. Im letzten Heimspiel dieser Achterbahn-Saison spielten sie alle auf einem guten Niveau.
Nachdem Nuhu nach technisch brillanter Vorarbeit von Jordi Quintillà das 1:0 erzielt hatte, spielte der FC St.Gallen phasenweise und getragen von einem euphorisierten Publikum stark auf. Er hätte durch Jérémy Guillemenot gar schon früher auf 2:0 erhöhen müssen. Doch der Romand konnte von einem kurzen Zögern von Goalie Marco Wölfli nicht profitieren. So war es verdient, als Barnetta den Abend nach einem Abschluss von Kutesa – der Stürmer war an Wölfli gescheitert – für sich und den Club vergoldete. St.Gallen, das sich zuletzt oft schwer tat im Erarbeiten von Torchancen, hatte den Riegel des Meisters geknackt. Nach dem Spiel durften sie sich alle feiern lassen auf dem Rasen.
Insbesondere diejenigen Spieler, die den Club verlassen. Zu Beginn des Abends hatten St.Gallens Verantwortliche um Präsident Matthias Hüppi nebst Barnetta und Daniel Lopar fünf weitere Spieler zu verabschieden: Ashimeru, der zu seinem Besitzerclub Salzburg zurückgeht, Yannis Tafer, Andreas Wittwer und Philippe Koch, deren Verträge nicht verlängert werden, und der dritte Torhüter Gianluca Tolino verlassen den FC St.Gallen zum Saisonende ebenfalls. Sierro und Simone Rapp hingegen, deren Leihkontrakte auslaufen, wurden nicht verabschiedet. Anscheinend ist noch nicht ganz klar, wie es mit den beiden weitergeht.