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FC St.Gallen
So tritt ein Meisterkandidat auf: Der FC St.Gallen reagiert auf die 0:4-Pleite gegen den FC Zürich und spielt den FC Thun beim 3:2 teilweise in Grund und Boden. Die Ostschweizer setzen aber nicht nur sportlich ein Ausrufezeichen. Einen Wermutstropfen gibt es: Der Sieg fällt viel zu knapp aus – dem FCSG gelingt der Sprung zurück auf den Leaderthron deshalb nicht.
Verunsicherung sieht definitiv anders aus: Drei Tage nach der 0:4-Pleite gegen den FC Zürich startet der FC St.Gallen fulminant ins Heimspiel gegen Thun. Gerade einmal 23 Sekunden brauchen die Espen bis zum ersten Torschuss, Ermedin Demirovic zielt aber etwas zu hoch. Nach sieben Minuten dann die zweite Grosschance, Thun-Goalie Faivre lässt sich bei einem Freistoss allerdings nicht bezwingen. Nur eine Minute später schlägt es dann aber hinter ihm ein: Silvan Hefti kann nach einem Corner von der Verwirrung in der Gästeabwehr profitieren. Sein satter Abschluss bedeutet die frühe, verdiente Führung für das Heimteam.
St.Gallen macht nach dem 1:0 im gleichen Stil weiter: Wie schon in der Startphase gegen den FCZ kennen die Ostschweizer nur den Vorwärtsgang. Im Unterschied zur Partie vom Donnerstag münzen sie ihre eklatante Überlegenheit heute aber in Tore um: Nach 13 Minuten taucht Cedric Itten, herrlich von Görtler lanciert, alleine vor dem Thun-Tor auf. Er verwertet im Stile eines Topskorers zum 2:0. Die 750 Fans im Kybunpark erheben sich zu «Steht auf, wenn Ihr St.Galler seid» bereits von ihren Sitzen.
In der Folge beruhigt sich das Geschehen etwas: Die Ostschweizer nehmen ein klein wenig Dampf raus und kommen bis zum Ablauf der ersten halben Stunde bloss noch zu einer weiteren Chance. Der Abschluss Tim Staublis gerät aber etwas zu hoch. Die Thuner ihrerseits kommen kaum je einmal gefährlich in die Nähe des Strafraums von Lawrence Ati Zigi. Und das eine Mal, als sich der St.Galler Keeper nach einem Kopfball aus kurzer Distanz geschlagen geben muss, war das Leder zuvor schon im Aus. St.Gallen seinerseits verpasst es bei Abschlüssen von Muheim und Staubli, die Führung weiter auszubauen. Kurz vor der Pause kommt das 3:0 dann aber doch noch: Jordi Quintillà verwandelt einen Freistoss herrlich.
Auch nach der Pause haben die Ostschweizer die Partie und den Gegner grösstenteils im Griff. Ohne den gelbgesperrten Victor Ruiz angetreten, zeigt sich das Heimteam technisch versiert und äusserst stilsicher. Mal für Mal kombinieren sich die St.Galler durch die Reihen der Thuner. Das vierte Tor, das St.Gallen zurück auf den Leaderthron bringen würde, scheint nur eine Frage von Minuten zu sein. Am nähesten dran ist Tim Staubli nach knapp einer Stunde, sein Abschluss aus kurzer Distanz prallt aber vom Pfosten zurück. Praktisch im Gegenzug treffen dann die Thuner: Mehr oder weniger aus heiterem Himmel verwertet Ridge Munsy aus kurzer Distanz. Nur Minuten später könnte es aus Thuner Sicht sogar nur noch 2:3 stehen: Leonardo Bertones Freistoss prallt aber von der Latte zurück.
Die St.Galler verlieren den Faden nun etwas. Sie stehen etwas tiefer und suchen nicht mehr derart unwiderstehlich wie zuvor die Offensive. In der Schlussphase kommen sie zwar noch zur einen oder anderen Chance, so richtig zwingend wirken die Aktionen des Heimteams aber nicht mehr.
Nach einem Treffer des Thuners Simone Rapp in der Nachspielzeit endet die Partie mit 3:2. Das ist aus St.Galler Sicht ein viel zu knappes Ergebnis nach einem vor allem in der ersten Halbzeit ganz starken Auftritt – und der einzige Wermutstropfen an einem ansonsten gelungenen grünweissen Nachmittag. Punktemässig ziehen die St.Galler nach dem 6:0 von YB gegen Xamax zwar wieder gleich mit dem Meister. Wegen der leicht schlechteren Tordifferenz schaffen die Espen den Sprung zurück auf den Leaderthron aber nicht. Hätten die St.Galler ihre Performance aus Halbzeit 1 im zweiten Umgang nur schon annähernd wiederholen können, wäre YB Platz 1 nach nur einer Nacht bereits wieder los gewesen.
Lukas Görtler. Der Deutsche bringt nicht nur wegen seines Traumpasses auf Cedric Itten vor dem 2:0 eine Topleistung. Er ist sehr präsent, kampfstark und hat viele gute Ideen.
Eine Topnote verdient sich auch Jordi Quintillà. Sein Freistosstreffer zum 3:0 ist schlicht magistral.
Die Ostschweizer zeigen eine geschlossene Mannschaftsleistung. So richtig fällt keiner ab. Bei Jérémy Guillemenot allerdings hat man irgendwie immer das Gefühl, dass da noch mehr möglich sein müsste.
Am Freitag, dem Tag nach dem 0:4-Heimdebakel gegen den FC Zürich, war den meisten Anhängern des FC St.Gallen vermutlich nicht gross zum Lachen zumute. Doch der nächste Gegner aus Thun dürfte dem einen oder anderen Espen-Fan zumindest einen leisen Schmunzler entlockt haben. Die Berner Oberländer twitterten nämlich Folgendes:
Nachdem der FC St.Gallen getwittert hatte, von einem Heimspielabtausch wisse man nichts, korrigierten die Thuner ihren Fehler. Und zeigten sich bei ihrem Auftritt am Sonntag im Kybunpark als spendable Gäste, die dem Heimteam brav die drei Punkte ablieferten.
Unendlich ärgerlicher als der Verschreiber des Thun-Twitterers war das, was sich beim Heimspiel der Ostschweizer am Donnerstag gegen den FC Zürich zutrug: FCZ-Stürmer Aiyegun Tosin wurde von einem Zuschauer als «Scheiss-Mohrechopf» betitelt. Ein Video auf Youtube belegt diese rassistische Beschimpfung, die am Samstag öffentlich bekannt wurde:
Der FC St.Gallen reagierte sofort – und in aller Deutlichkeit: Man sei «schockiert und wütend» und toleriere Rassismus auch nicht ansatzweise. Man werde alles dafür tun, die Person ausfindig zu machen. Sobald klar sei, um wen es sich handle, werde man «mit der höchstmöglichen Strafe reagieren». Zudem werde man eine Strafanzeige machen. FCSG-Präsident Matthias Hüppi sagte:
«Ich möchte diese Person nie mehr bei uns im Kybunpark sehen.»
Auch unmittelbar vor der Partie gegen den FC Thun zeigt der FC St.Gallen klare Kante gegen Rassisten. Auf Social Media postet er folgendes:
750 treue FCSG-Fans dürfen per Losentscheid in den Kybunpark. Sie sind voll dabei und unterstützen ihre Lieblinge nach Leibeskräften. Besonders gefeiert werden heute Lukas Görtler und der Publikumsliebling im Tor, Lawrence Ati Zigi.
Marc Schneider, Trainer FC Thun: «Wir haben es uns von Anfang nicht zugetraut, gleich aufzutreten wie noch am vergangenen Dienstag gegen YB. Erst als wir zwei Tore erhalten hatten, begannen wir damit, Fussball zu spielen. In der Folge hat man dann auch gesehen, dass wir es könnten.
Und genau das ist es, was jetzt weh tut. Denn bei allem Respekt vor dem FC St.Gallen: Hier kannst Du durchaus punkten. Mein Eindruck war es nicht, dass St.Gallen unwiderstehlich war heute, auch wenn sie es gut gemacht haben. Die zweite Halbzeit gibt jedenfalls Mumm, weiterzumachen.»
Peter Zeidler, Trainer FC St.Gallen: «Wir hatten grössten Respekt vor dem FC Thun. Nach dem Spiel ist er mindestens so gross wie vorher. Was uns am Donnerstag gegen Zürich nicht gelungen war, haben wir heute gemacht: die Chancen in Treffer umzumünzen. Die 3:0-Führung zur Pause war möglicherweise um ein Tor zu hoch.
In der zweiten Halbzeit hatten wir Chancen zum 4:0, leider haben wir sie nicht genutzt. Ich war dann unendlich froh, dass das 3:2 erst in der 92. Minute gefallen ist. Simone Rapp hat mir nach dem Spiel gesagt: ‹Fünf Minuten länger, und ich hätte noch eine gemacht!› Und das nehme ich ihm ab. Ich bin aber sehr stolz, wie die Jungs gefightet und teils kombiniert haben.»