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Die Ostschweizer verlängern den Vertrag mit Trainer Peter Zeidler vorzeitig um ein Jahr bis 2022. Nicht mehr für St.Gallen spielen Andreas Wittwer und Vincent Sierro, der zu den Young Boys wechselt. Noch ist das Kader nicht so stark wie in der Vorsaison.
Pünktlich um 13 Uhr schritt das angekündigte Trio, das den Club zum zweiten Mal in eine neue Saison führen wird, zur Pressekonferenz. Trainer Peter Zeidler, Sportchef Alain Sutter und Präsident Matthias Hüppi wollten einen Ein- und Ausblick über den Stand der Dinge geben. Informieren, was beim FC St.Gallen hinter den Kulissen so passiert und von ihm in nächster Zeit zu erwarten ist.
Ihr Erscheinungsbild war kein Vergleich mehr mit demjenigen vor knapp einem Monat; jetzt gaben sich die drei frisch und munter, sie waren gut gelaunt und braun gebrannt, vielleicht wirkte Hüppis Teint neben seinen beiden Angestellten auf dem Podium im Presseraum des Kybunparks sogar etwas blass.
Allzu viel war in der Sommerpause bislang beim FC St.Gallen noch nicht geschehen, erst mit dem Trainingsstart und der Verpflichtung von Jonathan Klinsmann gab es so richtig Bewegung. Als Hüppi am Mittwoch den anwesenden Medien nach wenigen Sätzen mitteilte, man habe den Vertrag mit Zeidler um ein Jahr vorzeitig verlängert, war dies ein kleiner Paukenschlag; das kann man so sehen, da es im Grunde mässig relevant ist, ob ein Coach noch zwei oder drei Jahre gebunden ist und St.Gallen Baustellen anderer Art zu beheben hat. Hüppi aber sagte:
«Es war unser Anliegen und Bekenntnis, dass wir langfristig miteinander arbeiten wollen.»
Die Clubführung ist zufrieden mit der Arbeit und offensiven Spielidee ihres Trainers, mit seinem Umgang mit den Jungen und seiner Bekenntnis, auf sie zu setzen. Sie will mit dem neuen Kontrakt bis 2022 also ein Statement senden an all die Mitbewerber auf dem Fussballmarkt, und an die Anhänger. Ein Statement, dass man eine verschworene, unverrückbare Einheit sei, komme, was, wer und welcher Spieler wolle.
Der Trainer sagte:
«Die Verlängerung ist der Beweis, dass die Konstellation hier gut ist. Ich passe hierher, der Verein passt zu mir, wir wollten das nochmals dokumentieren.»
Vielleicht schlug die Clubführung diesen Pflock auch tiefer ein, weil der derzeit turbulente FC Basel einige Lockrufe an Zeidler gesendet hatte.
Der Coach wird in Zukunft auf Vincent Sierro verzichten müssen, den mit elf Treffern besten St.Galler Torschützen der vergangenen Saison. Letztlich hatten die Ostschweizer keine Chance auf einen weiteren (leihweisen) Verbleib des Wallisers, weil der Besitzerclub Freiburg nicht mehr mit dem Offensivspieler plante und ihn verkaufen wollte; die Young Boys machten das Rennen, man hört, mindestens zwei Millionen Franken seien an den Verein der 1. Bundesliga für Sierro geflossen, der beim Schweizer Meister für vier Jahre unterschrieb.
Ebenfalls kein Thema mehr in St.Gallen ist Andreas Wittwer. Nachdem Sutter in der letzten Meisterschaftswoche für den linken Verteidiger überraschend Gesprächsbereitschaft signalisiert hatte oder signalisieren hatte müssen, liess Wittwer danach eine gesetzte Frist verstreichen und meldete sich nicht mehr. Vielleicht lag dies aber auch daran, dass die Fragen nach dem Wasserstand im Glas zur seiner Person lange immer mit leer beantwortet worden waren und der Spieler kein Vertrauen mehr in die Clubführung fand. Sutter sagte:
«Ich habe nichts mehr gehört von Andreas. Das ist ein Zeichen, dass er anderweitig plant. Die Sache ist für mich erledigt.»
Natürlich sei es möglich, dass in und nach einer solchen Saison etwas hängen bleibe, hielt der Sportchef fest.
Später am Tag gab es über die «Bild-Zeitung» News von Union Berlin, wo Trainer Urs Fischer ein Auge auf St.Gallens Jordi Quntillà geworfen haben soll. Mindestens eine Million Euro sei der Bundesliga-Aufsteiger bereit, für den spanischen Mittelfeldakteur zu bezahlen, hiess es.
Derzeit ist offen, wie viel Wahrheit hinter dieser Meldung steckt, aber sie zeigt auch, dass St.Gallens Planung noch nicht abgeschlossen sein kann. Derzeit umfasst das Kader 31 Spieler und ist auch deshalb so gross, weil die sportliche Führung Leihspieler wie Boris Babic oder Adonis Ajeti zurücknehmen musste und viele Junge vom Nachwuchs integriert hat. Sutter sagte, er wolle noch ein paar Spieler loswerden, Neuzugänge gebe es allenfalls noch einen bis zwei. Zeidler sagte später, dass man schon noch an mehreren Orten etwas tun müsse. Er nannte zwar keine Positionen, doch scheint derzeit in der Innenverteidigung wegen Musah Nuhus Kreuzbandriss, im Sturm, im Mittelfeldzentrum und insbesondere auf der Linksverteidigerposition Handlungsbedarf.
Mit dem Brasilianer Fabiano als Achter sind sich die St.Galler handlungseinig, er käme ablösefrei von Septemvri Sofia, es fehlt schlicht noch die Unterschrift, die Tests jedenfalls sind bereits absolviert. Die Verpflichtung des 24-Jährigen würde dem FC St.Gallen mehr Robustheit geben, spielerisch hinken die Ostschweizer indes der Vorjahresausgabe ein gutes Stück hinterher. Mit Sierro, Majeed Ashimeru und Tranquillo Barnetta ging nicht nur grösstmögliche spielerische Qualität verloren, vor allem sind mit ihnen auch die besten Skorer nicht mehr da; es ist fraglich, wer vom aktuellen Kader diese Lücke ausfüllen soll.
Am ehesten zugetraut wird dies Cedric Itten und Neuzugang Moreno Costanzo, den Zeidler nicht als Flügel, sondern als Sierro- oder Ashimeru-Ersatz sieht. Zeidler sagte wegen des Substanzverlusts, man stehe wieder vor einer Umbruchsaison.
«Er ist nicht so gross wie vor einem Jahr. Wir müssen nicht mehr bei null beginnen, eine Achse besteht, das Verständnis für unser Spiel ist da.»
Laut Sutter werde sich St.Gallen mit Axel Bakayoko bei Inter wohl auf ein neuerliches Leihgeschäft einigen, überdies plant er mit dem Verbleib Silvan Heftis, der noch einen Vertrag für die neue Saison besitzt. Der Sportchef sieht sich derzeit noch nicht dazu gezwungen, diesen zu verlängern, er sagte aber auch:
«Wir kennen Silvans Wunsch, eine neue Herausforderung suchen zu wollen.»
Die ganz Jungen wie Tim Staubli oder Fabio Solimando werden wohl vorwiegend in der U21 auflaufen. Die Jungen, die bereits eine Saison mitgemacht haben wie Angelo Campos oder Leonidas Stergiou, müssten nun laut Sutter den nächsten Schritt tun. Ajeti wollen die St.Galler offenbar nochmals ausleihen.
Weiterhin zu Zeidlers Trainerteam gehören Boro Kuzmanovic und Ioannis Amanatidis, der einen neuen Einjahresvertrag erhalten hat. Hinzugekommen ist Eduard Schmitt, der Peter Kappeler ersetzt und den Coach mit allerlei Datenmengen und -analysen beliefern soll. Hier dient Hoffenheim und RB Leipzig als Vorbild – die Vergangenheit kann Zeidler also nicht ganz ablegen. Schmidt ist ein ausgebildeter Trainer, war vor allem im Jugendbereich tätig und ist es nun am Bildschirm.
Zwei Stunden nach Ende der Pressekonferenz änderten sich die Bilder komplett. Der FC St.Gallen startete in Montlingen seine «Espen on Tour», was am Kolbenstein unzählige Kinderherzen bei heissen Temperaturen höherschlagen liess. Die Stars in Sicht- und vielleicht in Griffnähe, das ist es, wovon die Jungen träumen, spätestens beim abschliessenden Meet & Greet.
Noch nicht zu Gesicht bekamen die Montlinger Jonathan Klinsmann, der nicht vor Ort erschien. Bis Samstag geht es mit der Tour über Neukirch-Egnach, Kirchberg und Speicher weiter, ehe der FC St.Gallen am kommenden Montag für sechs Tage und den nächsten Schliff ins Trainingslager nach Bad Ragaz fährt. Mit dem Grand Resort haben die Ostschweizer eine Partnerschaft, ohne welche sie sich mit ihrem gleich gebliebenen Budget von 7,9 Millionen Franken die Übernachtungen wohl nicht leisten wollen würden.