Nach dem 0:4 in Thun äussert sich Martin Stocklasa, der den FC St.Gallen in Abwesenheit des verletzten Philippe Montandon zuletzt als Captain führte. Er verteidigt den Auftritt in Thun – und sieht das Spiel gegen Basel als Chance.
Herr Stocklasa, das Team hat sich in Thun nach dem 0:2 gehen lassen. Was ist Ihre Erklärung?
Martin Stocklasa: Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir uns gehen liessen. Es war ein komisches Spiel, wir haben früh ein Tor kassiert und danach alles im Griff gehabt. In der zweiten Halbzeit kassieren wir wieder ein Tor nach einem Eckball. Das war mehr als nur unglücklich und in unserer Situation umso bitterer, fast schon frustrierend. Spielerisch haben wir eine der besseren Leistungen gezeigt, auch wenn wir im Endeffekt so hoch verloren haben.
Bis zum 2:0 war die Leistung in der Tat in Ordnung, aber danach fehlte doch jeder Biss.
Stocklasa: Es ist richtig, dass wir einiges vermissen liessen. Wir waren vom Kopf her nicht mehr in der Lage, noch dagegenzuhalten. Das ist ein Punkt, den wir ansprechen müssen.
Auftritte ohne Einstellung, ohne Leidenschaft gab es in der Hinrunde nie, in der Rückrunde schon mehrmals – zumindest in Lausanne und Thun. Was ist passiert?
Stocklasa: Der grosse Unterschied ist, dass wir in der Hinrunde einen anderen Rhythmus hatten. Wir hatten nicht viel Zeit, um nachzudenken, ein Höhepunkt jagte den nächsten. Jetzt merkt man, dass bei einigen der Akku leer ist. Bei anderen ist es so, dass das Ego im Vordergrund steht, nicht die Mannschaft.
Die eigene Karriere geht bei gewissen Spielern also vor?
Stocklasa: Ja, mitunter schon. Das ist nicht nur negativ. Aber man muss lernen, die richtige Reihenfolge zu finden. Im Moment fehlen einfach ein paar Prozente.
Wo liegt das Hauptproblem?
Stocklasa: Das gibt es nicht. Es sind Kleinigkeiten. Das macht es nicht einfach. Wenn man weiss, wo das Übel liegt, kann man es beseitigen. So haben wir viele Einzelschauplätze, auch wegen der persönlichen Situation. Das Ganze muss wieder passen, sonst gibt es immer wieder solche Ausfälle, die dann dazu führen, dass man trotz einer taktisch und spielerisch lange guten Leistung 0:4 verliert.
Insgesamt war es doch ganz einfach ein lustloser Auftritt.
Stocklasa: Was die Medien sagen, haben wir nicht in der Hand. Lustlos war das auf keinen Fall. Die Enttäuschung ist bei uns selbst am grössten.
Jeff Saibene hat sich deutlich geäussert und Kritik geübt. Biss und Charakter hätten gefehlt. Was sagen Sie dazu?
Stocklasa: Was soll ich dazu sagen? Das ist sein gutes Recht. Ein Spieler muss damit umgehen können.
Saibene sagt, für die mentale Einstellung sei letztlich jeder Spieler selber verantwortlich. Sehen Sie das auch so?
Stocklasa: Wir bewegen uns auf das Ende der Saison zu, da muss jeder wissen, worum es geht. Sonst könnten wir ja nach dem Spiel sagen: Der Trainer hat uns nicht heiss gemacht. Das wäre doch absurd.
Auch von den Fans wird die Einstellung kritisiert. Wie kommt das bei der Mannschaft an?
Stocklasa: Das ist nicht einfach, St.Gallen ist in dieser Hinsicht ein spezielles, emotionales Pflaster. Man muss das aufnehmen, aber man darf es nicht zu sehr auf sich wirken lassen.
Inwiefern wirkt der Herbst noch nach, hat er satt gemacht?
Stocklasa: Er wirkt positiv nach. Wir haben als Mannschaft eine Leistung erbracht, die uns niemand zugetraut hat. Die Wahrheit liegt zwischen der Hinrunde und der Rückrunde. Es gab zuletzt einige Spiele, die nicht für uns liefen. Das war in der Hinrunde anders.
Sie wollen sagen, dass es derzeit am mangelnden Glück scheitert?
Stocklasa: Nein, auf keinen Fall. Wie gesagt: Wir hatten in der Vorrunde einen Lauf. Auch, weil wir nach Niederlagen nicht viel Zeit hatten, um nachzudenken.
Nach Leistungen wie am Sonntag fragt man sich unweigerlich, ob innerhalb des Teams alles intakt ist.
Stocklasa: Ja, das funktioniert. Wir haben ein gutes Gefüge. Es sind keine Quertreiber dabei, da habe ich schon anderes erlebt.
Die Saison ist mehr oder weniger gelaufen. Ausgerechnet jetzt stehen die Spiele gegen die Titelkandidaten Basel und Grasshoppers an.
Stocklasa: Ich sehe das positiv. Das ist eine Riesenchance, weil niemand mit uns rechnet.