SUPER LEAGUE: Niederschmetternde Zahlen

Zum zweiten Mal in Folge gerät der FC St.Gallen aus dem vermeintlich sicheren Mittelfeld in den Abstiegskampf. Trotzdem macht der Club keine Anstalten, Trainer Joe Zinnbauer das Vertrauen zu entziehen.

Patricia Loher
Drucken
Roman Buess tröstet nach dem 0:2 gegen die Young Boys Albian Ajeti, der in der Startphase nur die Latte getroffen hatte. (Bild: Ralph Ribi)

Roman Buess tröstet nach dem 0:2 gegen die Young Boys Albian Ajeti, der in der Startphase nur die Latte getroffen hatte. (Bild: Ralph Ribi)

Wieder einmal sind die Zeiten strub. Dass die St. Galler gegen die Young Boys bis zum Platzverweis gegen Toko überzeugt hatten, ist für die Anhänger kein Trost. Nach der fünften Niederlage in Folge ist die Mannschaft dort angekommen, wo sie aufgrund ihrer Qualitäten schlicht nicht hingehört: im Abstiegskampf. Die Luft für Trainer Joe Zinnbauer ist noch einmal dünner geworden. Aber bis gestern machten der FC St.Gallen und sein Präsident Dölf Früh keine Anstalten, dem 47-Jährigen das Vertrauen zu entziehen.

Natürlich weiss auch Zinnbauer: Eigentlich spricht nach etwas mehr als eineinhalb Jahren in St.Gallen nicht mehr viel für ihn. Die Zahlen sind niederschmetternd. Seit sieben Spielen ist sein Team sieglos. Von den zwölf Partien dieser Rückrunde haben die Ostschweizer sechs verloren und nur zwei gewonnen. Und: 12 erzielten Toren stehen 21 Gegentreffer gegenüber. St.Gallen ist – nach einem hoffnungsvollen Herbst – unterdessen das schlechteste Rückrundenteam.

Dejan Stojanovic: Note 4. Der 23-Jährige ersetzte überraschend Daniel Lopar. Es war für Stojanovic der zweite Meisterschaftseinsatz für die St. Galler. Der österreichisch-mazedonische Doppelbürger blieb tadellos und fiel mit einigen guten Paraden auf. Nur in der zweiten Halbzeit mit einer kleinen Unsicherheit, die aber keine Folgen hatte. Beim zweiten Gegentor lässt er sich auf dem falschen Fuss erwischen. (Bild: pd)
11 Bilder
Silvan Hefti: Note 3. So wie alle seine Kollegen in der Abwehr gegen harmlose Young Boys lange ohne Fehler und Probleme. Hefti trat wie immer sehr engagiert auf. In den letzten zehn Minuten aber passte in St. Gallens Defensive nicht mehr viel zusammen, darunter litt auch er. (Bild: pd)
Alain Wiss: Note 4. Der Luzerner ersetzte den gesperrten Karim Haggui. Obwohl Wiss in den vergangenen acht Partien nicht eine Sekunde zum Einsatz gekommen war, gehörte der 26-Jährige zu den besten St. Gallern. Ruhig am Ball und meistens auf der Höhe des Gegners. Es ist erstaunlich, dass ein Spieler mit seinen Qualitäten in St. Gallen keine Rolle spielen soll. (Bild: pd)
Roy Gelmi: Note 3. Auf der linken Abwehrseite erledigte Gelmi seine Aufgabe zufriedenstellend. In der Schlussphase aber tat auch er sich schwer mit den Bernern, die lange überhaupt nicht in Fahrt gekommen waren. (Bild: pd)
Marco Aratore: Note 4. Im Vergleich mit vorhergehenden Spielen gelingt Aratore eine Steigerung. Er ist wieder präsenter und fällt mit zwei guten Offensiv-Aktionen auf. (Bild: pd)
Nzuzi Toko: Note 2. Eine zweite Verwarnung hatte sich abgezeichnet, Trainer Joe Zinnbauer sagte, man habe noch über eine Auswechslung von Toko nachgedacht. «Aber im Nachhinein ist man immer schlauer», so der Coach. Nachdem Toko in der 60. Minute die gelb-rote Karte erhalten hatte, fand St. Gallen nicht mehr zurück zu seinem phasenweise doch gefälligen Spiel und kassierte in der Schlussphase die zwei Gegentore. Tokos erste Halbzeit war allerdings sehr gut gewesen. (Bild: pd)
Gianluca Gaudino: Note 4. Der junge Deutsche, auch er mit wenig Spielpraxis, fügte sich gut ein und verrichtete defensiv wertvolle Arbeit. Gaudino war es auch, der zwei, drei gute Aktionen einleitete, welche die Young Boys in Bedrängnis brachten. Stand beim 0:2 etwas zu weit weg von Torschütze Alexander Gerndt. (Bild: pd)
Andreas Wittwer: Note 3. Er ist ein unermüdlicher Kämpfer. Sein Einfluss auf das Offensivspiel der Mannschaft ist aber weiterhin zu gering. Allerdings fiel er mit einem platzierten Distanzschuss auf, den die Young Boys nur mit Mühe klären konnten. (Bild: pd)
Sejad Salihovic: Note 5. Bis zu seiner verletzungsbedingten Auswechslung St. Gallens bester Akteur. Der Ball lief auch dank seiner Übersicht gut durch die Reihen. Und im Vergleich mit den Partien zuvor gelangen den Ostschweizern unter der Regie von Salihovic endlich auch wieder Aktionen über drei, vier Stationen. Ihm zum Opfer gefallen war allerdings Tranquillo Barnetta, der erstmals seit seiner Rückkehr nicht von Beginn an dabei war. (Bild: pd)
Yannis Tafer: Note 3. Bemüht und mit einer guten Torchance. Insgesamt müssten aber von einem Spieler mit seinen Qualitäten offensiv mehr Akzente kommen. (Bild: pd)
Albian Ajeti: Note 4. Das Spiel hätte anders laufen können, wäre sein wuchtiger Abschluss in der sechsten Minute nicht nur an die Latte gegangen. Der 20-Jährige war torgefährlicher als auch schon. Trotzdem wartet Ajeti seit unterdessen vier Partien auf einen Treffer. Seit er nicht mehr trifft, punktet St. Gallen nicht mehr. (Bild: pd)

Dejan Stojanovic: Note 4. Der 23-Jährige ersetzte überraschend Daniel Lopar. Es war für Stojanovic der zweite Meisterschaftseinsatz für die St. Galler. Der österreichisch-mazedonische Doppelbürger blieb tadellos und fiel mit einigen guten Paraden auf. Nur in der zweiten Halbzeit mit einer kleinen Unsicherheit, die aber keine Folgen hatte. Beim zweiten Gegentor lässt er sich auf dem falschen Fuss erwischen. (Bild: pd)

Vor einem Jahr waren drei Punkte mehr auf dem Konto

Dass die zweite Saisonhälfte mühsam ist, ist in St.Gallen nichts Neues. Mit Ausnahme der ersten Saison nach dem Aufstieg 2012 missglückte den Ostschweizern die Rückrunde immer. Allerdings: Erst in der vergangenen und nun wieder in dieser Meisterschaft rutschten die St. Galler derart ab, dass der Ligaerhalt gefährdet ist. Wer zweimal hintereinander so abstürzt – in der vergangenen Saison belegte St.Gallen zwischenzeitlich Rang vier, ehe es erst drei Runden vor Schluss definitiv den Klassenerhalt erreichte – muss konstatieren: Man ist nicht weitergekommen. Im Gegenteil. Vor einem Jahr hatte St.Gallen nach 30 Partien 34 Zähler auf dem Konto, nun sind es in ebenso vielen Partien bloss 31. Dabei durfte Sportchef Christian Stübi eine Million Franken mehr investieren. Die Mannschaft hat für die erste ganze Saison unter Zinnbauer ein neues Gesicht erhalten. In der 30. Runde der vergangenen Meisterschaft, als St.Gallen bei den Grasshoppers 0:2 verlor, standen mit Silvan Hefti und Alain Wiss bloss zwei Spieler in der Startformation, die auch am Sonntag gegen die Young Boys begannen. Da der 26-jährige Wiss zuvor in dieser Rückrunde überraschenderweise nie eine Rolle gespielt hatte und am Sonntag den gesperrten Karim Haggui ersetzte, hat sich in zwölf Monaten also nur Hefti behauptet. Spieler wie Dzengis Cavusevic, Albert Bunjaku oder Marco Ma­thys sind längst weg, Danijel Aleksic kommt kaum zum Einsatz, Mario Mutsch gehört nicht einmal mehr dem Aufgebot an.

Joe Zinnbauer gibt am Schluss nochmals Anweisungen. (Bild: Ralph Ribi)
21 Bilder
Tranquillo Barnetta auf der Ersatzbank. (Bild: Ralph Ribi)
Im Tor von Dejan Stojanovic. Daniel Lopar blieb während dem ganzen Spiel auf der Ersatzbank. (Bild: Ralph Ribi)
Tranquillo Barnetta wärmt sich vor dem Einsatz auf. (Bild: Ralph Ribi)
Tranquillo Barnetta im Kampf mit dem Berner Sekou Sanogo. (Bild: Ralph Ribi)
Der neue Goalie Dejan Stojanovic. (Bild: Ralph Ribi)
Wie viele Niederlagen können die Herren noch wegstecken? Nur noch Enttäuschung bei Trainer Joe Zinnbauer (rechts), Assistenztrainer Daniel Tarone (Mitte) und Sportchef Christian Stübi (links). (Bild: Freshfocus)
Enttäuschung bei Nzuzi Toko: Eine unbedachte Aktion des FCSG-Captains bringt St. Gallen im Heimspiel gegen YB in die Unterzahl und bewirkt mit einem 0:2 die fünfte Niederlage in Serie für die Ostschweizer. (Bild: Freshfocus)
Ungewohntes Bild: Tranquillo Barnetta und Goalie Daniel Lopar auf der Ersatzbank . (Bild: Freshfocus)
Die beiden St.Galler sind sichtbar enttäuscht: Andreas Wittwer (links) und Kofi Schulz nach der fünften Niederlage in Serie. (Bild: Freshfocus)
Jubel bei den Berner Young Boys Michel Äbischer, Kasim Nuhu, Sekou Sanogo, Alain Rochat, dem Doppeltorschuetzen Alexander Gerndt und Michael Frey (v.l.n.r.) nach dem 0:2-Treffer. Enttäuschung bei den St.Gallern Alain Wiss und Tranquillo Barnetta. (Bild: Freshfocus)
Enttäuschung bei Gianluca Gaudino. (Bild: Freshfocus)
YBs Michael Frey (links) gegen St.Gallens Alain Wiss. (Bild: Keystone)
Schiedsrichter Stephan Klossner zeigt dem St.Galler Captain Nzuzi Toko die gelb-rote Karte. (Bild: Keystone)
St.Gallens Trainer Joe Zinnbauer beim Fussball Super-League Spiel zwischen dem FC St.Gallen gegen die Young-Boys. (Bild: Keystone)
Roger Assale (links) im Zweikampf gegen St.Gallens Silvan Hefti. (Bild: Keystone)
YBs Roger Assale mit einer akrobatischen Einlage. (Bild: Keystone)
Yoric Ravet spielt den Ball. (Bild: Keystone)
Nachdenklicher Joe Zinnbauer am Spielfeldrand. (Bild: Keystone)
Tranquillo Barnetta (links) und Goalie Daniel Lopar warten auf der Ersatzbank. (Bild: Keystone)
Barnetta (links) und Goalie Daniel Lopar (Mitte) verfolgen das Spiel auf der Ersatzbank. (Bild: Keystone)

Joe Zinnbauer gibt am Schluss nochmals Anweisungen. (Bild: Ralph Ribi)

Zuletzt rüttelte Zinnbauer gar an der Nummer eins: Daniel Lopar musste am Sonntag Dejan Stojanovic Platz machen. Noch ist nicht definitiv, ob Stojanovic Lopar auch in den nächsten Spielen verdrängt. Fix ist hingegen, dass St.Gallen vor kapitalen Partien in Lausanne und gegen Vaduz steht. Nach der 23. Runde und dem 2:1 in Sitten betrug der Vorsprung auf die letztklassierten Liechtensteiner zehn Punkte. Nun sind es noch fünf.

Patricia Loher