Zum zweiten Mal in Folge gerät der FC St.Gallen aus dem vermeintlich sicheren Mittelfeld in den Abstiegskampf. Trotzdem macht der Club keine Anstalten, Trainer Joe Zinnbauer das Vertrauen zu entziehen.
Wieder einmal sind die Zeiten strub. Dass die St. Galler gegen die Young Boys bis zum Platzverweis gegen Toko überzeugt hatten, ist für die Anhänger kein Trost. Nach der fünften Niederlage in Folge ist die Mannschaft dort angekommen, wo sie aufgrund ihrer Qualitäten schlicht nicht hingehört: im Abstiegskampf. Die Luft für Trainer Joe Zinnbauer ist noch einmal dünner geworden. Aber bis gestern machten der FC St.Gallen und sein Präsident Dölf Früh keine Anstalten, dem 47-Jährigen das Vertrauen zu entziehen.
Natürlich weiss auch Zinnbauer: Eigentlich spricht nach etwas mehr als eineinhalb Jahren in St.Gallen nicht mehr viel für ihn. Die Zahlen sind niederschmetternd. Seit sieben Spielen ist sein Team sieglos. Von den zwölf Partien dieser Rückrunde haben die Ostschweizer sechs verloren und nur zwei gewonnen. Und: 12 erzielten Toren stehen 21 Gegentreffer gegenüber. St.Gallen ist – nach einem hoffnungsvollen Herbst – unterdessen das schlechteste Rückrundenteam.
Dass die zweite Saisonhälfte mühsam ist, ist in St.Gallen nichts Neues. Mit Ausnahme der ersten Saison nach dem Aufstieg 2012 missglückte den Ostschweizern die Rückrunde immer. Allerdings: Erst in der vergangenen und nun wieder in dieser Meisterschaft rutschten die St. Galler derart ab, dass der Ligaerhalt gefährdet ist. Wer zweimal hintereinander so abstürzt – in der vergangenen Saison belegte St.Gallen zwischenzeitlich Rang vier, ehe es erst drei Runden vor Schluss definitiv den Klassenerhalt erreichte – muss konstatieren: Man ist nicht weitergekommen. Im Gegenteil. Vor einem Jahr hatte St.Gallen nach 30 Partien 34 Zähler auf dem Konto, nun sind es in ebenso vielen Partien bloss 31. Dabei durfte Sportchef Christian Stübi eine Million Franken mehr investieren. Die Mannschaft hat für die erste ganze Saison unter Zinnbauer ein neues Gesicht erhalten. In der 30. Runde der vergangenen Meisterschaft, als St.Gallen bei den Grasshoppers 0:2 verlor, standen mit Silvan Hefti und Alain Wiss bloss zwei Spieler in der Startformation, die auch am Sonntag gegen die Young Boys begannen. Da der 26-jährige Wiss zuvor in dieser Rückrunde überraschenderweise nie eine Rolle gespielt hatte und am Sonntag den gesperrten Karim Haggui ersetzte, hat sich in zwölf Monaten also nur Hefti behauptet. Spieler wie Dzengis Cavusevic, Albert Bunjaku oder Marco Mathys sind längst weg, Danijel Aleksic kommt kaum zum Einsatz, Mario Mutsch gehört nicht einmal mehr dem Aufgebot an.
Zuletzt rüttelte Zinnbauer gar an der Nummer eins: Daniel Lopar musste am Sonntag Dejan Stojanovic Platz machen. Noch ist nicht definitiv, ob Stojanovic Lopar auch in den nächsten Spielen verdrängt. Fix ist hingegen, dass St.Gallen vor kapitalen Partien in Lausanne und gegen Vaduz steht. Nach der 23. Runde und dem 2:1 in Sitten betrug der Vorsprung auf die letztklassierten Liechtensteiner zehn Punkte. Nun sind es noch fünf.
Patricia Loher