Katar will an der Copa America Argentinien und Lionel Messi zu Fall bringen

Die Geschichte kennt sie zuhauf: Die grossen Siege und bitteren Niederlagen von Grossmächten. Im Fussball könnte sich am Sonntag, an der Copa America in Brasilien, im Spiel zwischen Argentinien und Katar eine solche Zeitenwende vollziehen.

Tobias Käufer, Rio de Janeiro
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Argentinien mit Lionel Messi ist nach einer 0:2-Niederlage gegen Kolumbien zum Auftakt und einem dürftigen 1:1 gegen Paraguay unter Druck. (Bild: Yuri Edmundo/EPA)

Argentinien mit Lionel Messi ist nach einer 0:2-Niederlage gegen Kolumbien zum Auftakt und einem dürftigen 1:1 gegen Paraguay unter Druck. (Bild: Yuri Edmundo/EPA)

Im Bauch des Maracana wollte es ein argentinischer Radiojournalist von Felix Sanchez Bas genau wissen. Also fragte der Reporter den Trainer der Nationalmannschaft Katars direkt. Was kann denn so ein kleines Land wie Katar mit so wenig Fussballtradition gegen eine grosse Nation wie Argentinien wirklich ausrichten? Damit zwang der Reporter den spanischen Trainer angesichts der offensichtlichen Realitätsverweigerung zu einem Lächeln.

Argentinien mit dem Rücken zur Wand

Unbewusst steckt in dieser Frage das ganze Dilemma des argentinischen Fussballs und die Chance der aufstrebenden Fussballmacht Katars. Denn die einstige Grossmacht – immerhin Weltmeister von 1978 und 1986 – steht an der Copa America in Brasilien nach einer 0:2-Niederlage gegen Kolumbien zum ­Auftakt und einem dürftigen 1:1 gegen Paraguay mit dem Rücken zur Wand. Wieder einmal. Nun geht es am Sonntag ab 21 Uhr MEZ gegen Asienmeister Katar, der bereits im Januar 2019 die Kräfteverhältnisse auf seinem Kontinent auf den Kopf stellte und erstmals den Titel im Final gegen Japan gewann.

Der Katari Boualem Khoukhi (Zweiter von links) feiert sein Tor gegen Paraguay. (Bild: Silvia Izquierdo/AP)

Der Katari Boualem Khoukhi (Zweiter von links) feiert sein Tor gegen Paraguay. (Bild: Silvia Izquierdo/AP)

Katar auf Augenhöhe mit Argentinien

Katar gegen Argentinien, das war vor ein paar Jahren noch eine Begegnung zwischen einem gutzahlenden, aber chancenlosen Testspielgastgeber und einer mit Weltstars gespickten Traditionsnation. Nun stehen beide praktisch auf Augenhöhe da. Katar, mit einem 2:2 gegen Paraguay und einem 0:1 gegen Kolumbien, hat sogar das bessere Torverhältnis als der Tabellenletzte Argentinien. Bereits gegen Paraguay liessen die Kataris ihre durchaus vorhandene Fussballkunst aufblitzen, verpassten nach einer starken zweiten Halbzeit nur knapp den Sieg. Gegen Kolumbien, das sich mehr und mehr zu einem Turnierfavoriten mausert, hielt immerhin ein 0:0 bis kurz vor dem Abpfiff.

Dass Katar mit einem Sieg in die Viertelfinals einziehen und damit Argentinien endgültig in die Zweitklassigkeit verbannen kann, hat auch etwas mit Geduld und Konzept zu tun. Trainer Sanchez Bas trainierte seit 2013 erst die U19, dann die U20 und die U23 und seit 2017 die Nationalmannschaft Katars. Mit einem Teil seiner Spieler ist Sanchez Bas in den vergangenen Jahren gross geworden.

Das endgültige Ende der Ära Messi?

Hinzu kommen auch nationalisierte Spieler, das grosse Einkaufen wie beim Handball blieb allerdings aus. Ursprünglich stammt Sanchez Bas aus der Jugendabteilung des FC Barcelona, ­trainierte dort sogar den Nachwuchsspieler Lionel Messi. Argentinien verschliss in der titellosen Nationalmannschaftsära Messi bislang bereits acht Trainer. Lionel Scaloni ist Trainer Nummer neun.

Dass die Aufsteiger aus Katar die verunsicherten und kon­zeptlosen Argentinier besiegen ­können, wäre angesichts der bisherigen Auftritte beider Mannschaften keine Sensation mehr. Und es wäre in doppelter Hinsicht ein Paukenschlag: Es würde das endgültige Ende der Generation Messi bedeuten. Und gleichzeitig den Anfang einer Ära Katar, die erst in gut drei Jahren ihren Höhepunkt an der WM im eigenen Land erreichen soll.

Katars Trainer lässt sich nicht aus der Ruhe bringen

Sanchez Bas liess sich von der Frage des argentinischen Reporters übrigens nicht aus der Ruhe bringen. Man werde sich nicht nur auf Messi konzentrieren, ­versicherte der Spanier. Es gebe da ja auch noch ein paar andere argentinische Spieler. Und vor allem gibt es da auch noch elf hungrige Spieler aus Katar.