St.Gallen bleibt dem Hinrunden-Muster treu: Nach zwei Spielen ohne Niederlage folgt der Dämpfer. Beim 1:3 gegen Thun zeigt es sich zu wenig gefestigt. Ein Manko, an dem man arbeite, so Trainer Peter Zeidler.
Am besten lässt sich das Spiel vom Samstagabend vielleicht mit einem Kampf im Sägemehl vergleichen. Auf der einen Seite der Schwinger mit der grün-weissen Zwilchhose, immer aktiv, immer angriffig. Er hüpft, reisst, tänzelt. Auf der anderen Seite der Mann mit der roten Hose, der Thuner, der geduldig wartet. Bis ihm irgendwann das Gehüpfe und Gereisse zu bunt wird. Der Berner Oberländer entscheidet sich für einen sauberen Brienzer. Der St.Galler liegt urplötzlich auf dem Rücken und denkt benommen: Hoppla. Verloren. War ich denn nicht besser?
In der Fussballsprache: Dem FC St.Gallen hat es gegen Thun nichts genützt, mehr zu pressen, mehr zu laufen und den Ball öfters in den eigenen Reihen zu führen. Ihm hat es nicht einmal genützt, die besseren Chancen zu haben. Und auch wenn der eine oder andere St.Galler nach dem Spiel geneigt war, die 1:3-Niederlage dem Pech zuzuschreiben: Haften blieb letztlich der Eindruck, dass der FC Thun schlicht die reifere Mannschaft stellt und nicht zufällig acht Punkte vor den Ostschweizern liegt. St.Gallen hatte gegen ein Team verloren, das wie so oft in dieser Saison genau wusste, was es tat. Das konterstark war, pragmatisch und effizient. Und mit Dejan Sorgic den Torschützenleader in den eigenen Reihen hat. Ihm reichten zwei gute Zuspiele seiner Mitspieler für zwei Tore.
Es ist eine Niederlage, die an den St.Gallern nagt, auch, weil sie zum x-ten Mal in dieser Saison eine sich anbahnende Ostschweizer Euphorie im Keim erstickten. Und weil man es wieder verpasste, den Anschluss an Thun zu schaffen. Tags darauf sagt Trainer Peter Zeidler nach der Videostudie: «Die Niederlage ist ärgerlich, wir haben teils gut gespielt.» Aber eben auch: «Bei den Gegentoren müssen wir besser verteidigen. Und vor dem gegnerischen Tor müssen wir cleverer sein.» Natürlich hätten die Berner Oberländer das geschickter gemacht, so Zeidler. «Da ist ein sehr klarer Plan, das Team arbeitet seit fast drei Jahren in ähnlicher Zusammensetzung zusammen.» An jener Konstanz und jenem Plan arbeite auch er mit dem Team, täglich im Training, sagt Zeidler. «Unser Weg stimmt.»
Auffallend war: Während Thun den Ausfall Dennis Hedigers problemlos verkraftete, wurde das St.Galler Team von den zwei verletzungsbedingten Änderungen destabilisiert. Der junge Innenverteidiger Leonidas Stergiou war nach seinen ersten zwei intensiven Super-League-Spielen muskulär angeschlagen gewesen, Tranquillo Barnetta fehlte ebenfalls verletzt. Für Barnetta kam Débutant Victor Ruiz, der zwar nicht abfiel, aber sich im St.Galler Gefüge noch nicht ganz wohl zu fühlen schien. In der Innenverteidigung spielte Jordi Quintillà – auf dieser Position war sein Einfluss auf die Spielgestaltung kleiner als jeweils im Mittelfeld. Weshalb beorderte Zeidler nicht Musah Nuhu in die Verteidigung? Der Ghanaer machte vor der Verteidigung physisch eine gute Figur – eine Rochade mit Quintillà wäre eine Option gewesen. Letztlich wollte Zeidler die Niederlage aber nicht alleine an Taktischem festmachen, sondern auch an der Stärke der Thuner, an der Effizienz Sorgics, an den Flanken Matteo Tosettis, der das 0:3 vorbereitete und den Eckball vor dem Slapstick-Tor zum 0:2 trat, als der Ball über Nicolas Lüchinger und den Kopf von Dejan Stojanovic den Weg ins Tor fand.
Auch zwei Schiedsrichterentscheide gaben am Ende zu Reden. Majeed Ashimeru war mit einer gelben Karte vorbelastet, als er einen Gegenspieler ein weiteres mal gelbwürdig anging – die Verwarnung erhielt aber fälschlicherweise Axel Bakayoko. Zudem: St.Gallens Einwechselspieler Jérémy Guillemenot war nach gut 70 Minuten beim Stand von 0:3 penaltywürdig gefoult worden, der Pfiff ertönte nicht. Ob ein Tor St.Gallen noch einmal ins Spiel gebracht hätte? Wohl kaum. Zu schwerfällig waren die Angriffe gegen die nun tiefer verteidigenden Thuner in der Schlussphase. Ein abgefälschter Schuss von Bakayoko in der Nachspielzeit blieb das einzige Zählbare – immerhin ein kleines Pflästerli an einem schwarzen St.Galler Abend.