AMRISWIL. Die neue Ausstellung «Ansichtssache» im Schulmuseum Amriswil geht davon aus, dass Bilder im Schulunterricht selbstverständlich geworden sind. Doch das war nicht immer so – und kritisch gegenüber Bildern sollen wir bleiben.
Durch ein mächtiges Bild, einen bildhaften Rahmen, betritt Klein und Gross das Schulmuseum: am Samstag, wenn die neue Ausstellung eröffnet. «Ansichtssache – das Bild in der Schule» heisst sie, und das ist bewusst doppeldeutig gemeint. Das Museum will zeigen, wie das Bild in die Schule gekommen ist, und ebenso zu kritischem Denken anregen. Bilder sind allgegenwärtig, unvermeidbar, und längst diskutiert die Pädagogik den Bildungswert des Bildes. Hier setzt das Schulmuseum Mühlebach in Amriswil einen sanften Hebel an.
Es macht sich zum Zehn-Jahr-Jubiläum ein Geschenk und zeigt nach vier Jahren wieder eine neue Ausstellung. Wovon geht sie aus? Bilder sind im heutigen Schulunterricht selbstverständlich und unentbehrlich geworden, doch die Lehrkräfte waren sich nicht immer einig über den erzieherischen Nutzen und sind es bis heute nicht. Diese preisen sie als wertvolles Mittel der Anschauung, jene warnen davor, dass Bilder die Wirklichkeit verzerren, ja manipulieren. Das Schulmuseum will nicht werten, will vielmehr eine Entwicklung aufzeigen.
Wie sind die Bilder in die Schulstube gekommen? Mit Schulwandbildern fing es vor über zweihundert Jahren an, dann wurden Bilder mit immer neuen Geräten an die Wand projiziert; Illustrationen werteten die Schulbücher auf, und neben gegenständlichen wurden logische Bilder unentbehrlich: Diagramme, Grafiken, Organigramme. Und bald schon kam die Fotografie. Sie, vor allem, ist uns bis heute erhalten geblieben – und überflutet uns. Schön, dass das Schulmuseum auf dezente Weise Ordnung schafft in einer visuellen Welt.
Unglaublich, wie viele Räume das 1846 erbaute Schulhaus Mühlebach aufweist, und der Eisenherd steht noch in der früheren Küche, denn Schulhaus war gleich Wohnhaus für die Lehrerin, den Lehrer. Und jeder Raum bildet ein anderes Thema ab. Beginnen wir unsern kleinen Rundgang. Wann und in welcher Form die Bilder in die Schulstube kommen und Teil der verwendeten Medien werden, zeigt «Geschichte des Bildes». Im Schulzimmer, in dem noch die knarrenden Holzbänke stehen, hängen Schulwandbilder, die um 1830 in Gebrauch kamen. Möglich gemacht hat das die Lithographie. Auch die aktuelle Ausstellung «Schlösser am See» im Rosgartenmuseum Konstanz zeugt von dieser ersten Bilderflut im 19. Jahrhundert, die mit billigeren Drucken in Massenauflagen den Hunger nach Bildern stillte.
Die zweite Bilderwelle bescherte uns die Fotografie, die dritte begann in den 1950er Jahren mit dem Fernseher. 1960 folgte der erste Overhead-Projektor, in den Achtzigern der Computer, und seit 1999 werden Kameras in die Mobiltelefone eingebaut.
Die Ausstellung lässt sich aber nicht nur chronologisch lesen. Der Form der Bilder widmen sich Räume, die projizierte Bilder zeigen – und die dazugehörigen Geräte. Wie die Welt funktionierte, zeigten Grafiken und Modelle; Abbildungen in den Schulbüchern (auch jene von Ernst Kreidolf oder Anton Bernhardsgrütter) machten manches anschaulicher.
Andere Räume sind thematisch eingerichtet: Märchen und Fabeln oder Religion hier, Heimat und Fremde da. Sanft fragt «Ansichtssache» nach dem Nutzen der Bilder in der Schule und vertieft die Diskussion aus heutiger Sicht, mit Experimenten im Labor «Visuelle Wahrnehmung» etwa. Das Schulmuseum zeigt nicht nur, es lässt auch machen, dafür haben Museumskurator Alfons Bieger und Museumsgestalterin Ursula Gillmann gesorgt.
Und wer den Rundgang oder die Führung beendet hat, mag im Museumslädeli schneuggen, das Yvonne Joos neu eingerichtet hat.