Ein Land der Fussballrekorde

Auf der internationalen Fussball-Bühne wird Ägypten vor den Ausschreitungen vom Mittwoch kaum wahrgenommen, denn das Land war nur auf dem eigenen Kontinent erfolgreich. Einzelne Spieler erlangten aber immer wieder Bekanntheit.

Markus Zahnd
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Ein Bild aus erfolgreichen Tagen: Hany Ramzy (links, im Spiel gegen Burkina Faso) gewinnt 1998 mit Ägypten den Afrika-Cup. (Bild: ap/Remy de la Mauviniere)

Ein Bild aus erfolgreichen Tagen: Hany Ramzy (links, im Spiel gegen Burkina Faso) gewinnt 1998 mit Ägypten den Afrika-Cup. (Bild: ap/Remy de la Mauviniere)

FUSSBALL. Port Said ist seit dem Mittwochabend vor allem als jener Ort bekannt, an dem es nach dem Spiel zwischen dem Heimclub Al-Masri und Al-Ahli zu schweren Ausschreitungen mit 71 Toten kam. Die Stadt mit 600 000 Einwohnern ist aber auch die Heimat von Mohamed Zidan. Der 30jährige Stürmer, der seit 2005 in der Bundesliga spielt, ist aktuell der bekannteste Fussballer Ägyptens. Und Zidan ist mit dafür verantwortlich, dass Ägypten den Afrika-Cup zuletzt dreimal in Folge gewonnen hat – er bereitete in den Finals von 2008 und 2010 jeweils den Siegtreffer vor. Auch wenn das Land die Qualifikation für die laufende Kontinental-Meisterschaft verpasste, wird es mit sieben Erfolgen Rekordsieger bleiben.

So erfolgreich Ägypten bisher in Afrika war, so erfolglos ist das Land auf der grossen internationalen Bühne. Erst zweimal qualifizierte sich die Nationalmannschaft, die derzeit in der Fifa-Weltrangliste als Nummer 63 geführt wird, für eine WM: 1934 und 1990 jeweils in Italien. Beide Male bedeutete die erste Runde des Turniers allerdings Endstation. Zudem wartet Ägypten, das 1988 zum einzigen Mal gegen die Schweiz spielte und dabei 1:3 verlor, noch immer auf den ersten Sieg an einer WM – was im fussballbegeisterten Land eine bittere Enttäuschung ist.

Vergangenheit bei Xamax

Doch auch wenn die ganz grossen Erfolge bisher fehlen, machten in der Vergangenheit immer wieder ägyptische Spieler auf sich aufmerksam. So zum Beispiel Hossam Hassan. Der 45-Jährige, der Anfang der 1990er-Jahre mit seinem Zwillingsbruder Ibrahim eine Saison für Xamax spielte, war mit 169 Länderspielen lange der Rekordhalter weltweit. Erst vor zwei Jahren wurde er von seinem Landsmann Ahmed Hassan abgelöst. In Europa einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat aber vor allem Hany Ramzy. Der zweikampfstarke Verteidiger wechselte ebenfalls 1990 aus der Heimat nach Neuenburg und setzte seinen Weg vier Jahre später in der Bundesliga fort. Der heute 41-Jährige absolvierte für Bremen und Kaiserslautern 228 Spiele in der obersten deutschen Liga und wurde dabei einmal Meister.

Seine Karriere begonnen hat Ramzy – wie zum Beispiel auch Nationaltorhüter Essam al-Hadary, dessen Wechsel zu Sion am Ursprung der Transfersperre des Weltverbandes Fifa gegen die Walliser steht – bei Al-Ahli. Der 1907 gegründete Club aus der Hauptstadt Kairo, dessen Anhänger am Mittwochabend wohl aus politischen Motiven angegriffen wurden, ist mit grossem Abstand der erfolgreichste des Landes. 35 Meistertitel und 33 Cupsiege sprechen eine deutliche Sprache. Zudem ist der Verein mit sechs Titeln Rekordsieger der afrikanischen Champions League. Al-Ahli wurde dafür im Jahr 2000 vom afrikanischen Fussballverband als «Club des Jahrhunderts» ausgezeichnet.

«Ein schwarzer Tag»

Seit den Ausschreitungen ist die Zukunft von Al-Ahli allerdings fraglich, denn die Spieler wollen sich anscheinend aus dem Profisport zurückziehen. Bereits wenige Stunden nach den Ausschreitungen wurde zudem entschieden, die Meisterschaft zu unterbrechen und die gesamte Spitze des Fussballverbandes wurde von Ministerpräsident Kamal el-Ganzouri entlassen. Wohin der Weg des ägyptischen Fussballs führt, ist deshalb ungewiss. Sicher ist nur, dass sowohl Meisterschafts- als auch Länderspiele künftig stets mit den Vorfällen in Port Said in Verbindung gebracht werden. Oder wie es Fifa-Präsident Joseph Blatter gestern ausdrückte: «Es ist ein schwarzer Tag für den Fussball.» ausland 9