Nach dem von serbischen Hooligans provozierten Abbruch des EM-Qualifikationsspiels zwischen Italien und Serbien droht Serbien von der Uefa eine exemplarische Strafe. Einmal mehr war aber auch die italienische Polizei überfordert.
Fussball. Nicht nur italienische, sondern auch serbische Zeitungen schrieben gestern von der «Schande von Genua». Mehrere hundert gewaltbereite serbische Nationalisten und Neonazis hatten am Abend zuvor im Marassi-Stadion zuerst eine Verzögerung des Anpfiffs um 35 Minuten und dann nach weniger als sieben Minuten Spielzeit den Abbruch des EM-Qualifikationsspiels zwischen Italien und Serbien provoziert.
Sie brannten Feuerwerkskörper ab, warfen Fackeln auf das Spielfeld und kletterten auf die Abschrankungen, wo sie die Sicherheitsnetze zerschnitten. Weder die Sicherheit der Zuschauer noch jene der Spieler konnte daher garantiert werden.
Die serbischen Hooligans, zum Teil mit Totenkopf-T-Shirts bekleidet, hatten schon am Nachmittag in der Altstadt von Genua gepöbelt, Fensterscheiben von Geschäften eingeschlagen und die Wände von wertvollen Baudenkmälern verschmiert.
Viele von ihnen sind Anhänger des im Jahr 2000 getöteten Mörders und Kriegsverbrechers «Arkan», dem einstigen Anführer der ultranationalistischen Fans von Roter Stern Belgrad, der in den Kriegen in Bosnien, Kroatien und Kosovo mit seinen paramilitärischen «Tigern» Tausende von Zivilisten vergewaltigt und ermordet hatte, darunter über 100 wehrlose Patienten eines Spitals in Vukovar.
Die Ausschreitungen von Genua waren anscheinend eine Reaktion auf die 1:3-Niederlage der Serben gegen Estland am 8. Oktober. Der an dieser Niederlage mitschuldige Torhüter Vladimir Stojkovic war vor dem Italien-Spiel derart massiv eingeschüchtert worden, dass er sich aus Angst weigerte, das Spielfeld zu betreten.
Skandalöserweise traten einige serbische Spieler vor dem Abbruch des Spiels unter die Gästekurve, applaudierten dem Publikum und erwiderten den ultranationalistischen Gruss der Zuschauer. Sie taten das angeblich, um die Gemüter zu beruhigen, wie der für seine nationalistische Gesinnung bekannte Captain Dejan Stancovic behauptete.
Dem serbischen Verband droht nach der «Schande von Genua» nun eine exemplarische Strafe. Dass das abgebrochene Spiel gegen Italien von der Uefa als 0:3-Niederlage gewertet wird, gilt als praktisch sicher. Angesichts des Umstands, dass die serbischen Anhänger auch schon an anderen Länderspielen und Europacup-Partien negativ aufgefallen sind, scheinen aber auch schärfere Strafen möglich, zum Beispiel der Ausschluss aus der EM-Qualifikation oder gar eine mehrjährige Sperre für serbische Mannschaften für alle europäischen Wettbewerbe.
Zumindest eine Busse droht auch den Italienern: Nicht zum ersten Mal ist es dem Verband und den Sicherheitskräften nicht gelungen, die Sicherheit an einem Spiel zu garantieren und elementarste Regeln durchzusetzen wie das Verbot, Feuerwerkskörper in das Stadion zu bringen. Die serbischen Hooligans hatten ein ganzes Arsenal davon dabei – und bei den 17 Verhafteten fand die Polizei auch noch Messer und Eisenstangen. Es grenzt an ein Wunder, dass bei den Ausschreitungen nur 16 Menschen verletzt wurden.
«Wie ist es möglich, dass solche Leute überhaupt in ein Stadion kommen?», fragte sich gestern nicht nur Genuas Bürgermeisterin Marta Vincenzi.