Der Wiler Cédric Noger war im vergangenen Winter der Aufsteiger im Schweizer Riesenslalomteam. Vor dem Saisonstart am Sonntag in Sölden ist vieles neu.
Der Tiefpunkt in Cédric Nogers Karriere ist etwas mehr als fünf Jahre her. Nach der Saison 2013/14 wird ihm von Swiss Ski mitgeteilt, dass er für die kommende Saison aus dem C-Kader gestrichen wird. Anstatt aufzugeben, beschliesst Noger, alles in seiner Macht Stehende dafür zu tun, um den Anschluss wieder herzustellen. Die Wiederaufnahme in das C-Kader gelingt ihm, der ganz grosse Durchbruch bleibt jedoch aus. Vor der vergangenen Saison heisst es für den St.Galler Noger deshalb: jetzt oder nie.
Saas-Fee stellt im vergangenen Herbst den Wendepunkt für Noger dar. Die Qualifikation für den Weltcupauftakt in Sölden steht auf dem Programm. Zweimal war er in Vergangenheit bereits an den eigenen Nerven gescheitert. Ein drittes Mal soll ihm das nicht passieren. Deshalb intensiviert Noger das Mentaltraining, lernt mit seiner Nervosität umzugehen. «Wichtig ist, dass man die Emotionen, die man hat, nicht auf die Seite schiebt, sondern lernt, damit umzugehen», sagt Noger. Das gelingt ihm. Es ist für ihn die Bestätigung, dass er sein Können auch in einer Extremsituation abrufen kann.
Zwar wird das Rennen von Sölden abgesagt, aber zwei Monate später kommt Noger dennoch zu seinem Weltcup-Début. Es fehlen ihm nur 58 Hundertstel für den zweiten Durchgang, obwohl er alles andere als einen optimalen Lauf absolvierte. Noger denkt sich: «Wenn ich jetzt auch noch gut fahre.» Auf einmal kam alles zusammen: Innert kurzer Zeit erreicht er den ersten Europacupsieg und fährt im Weltcup erstmals in die Punkte. Ende Saison kommt er auf sechs Weltcuprennen und 96 Punkte. In Kranjska Gora gelingt ihm mit Platz vier der Sprung in die Weltspitze, er qualifiziert sich dadurch sogar für den Weltcupfinal der besten 25 Riesenslalomfahrer in Andorra. Zum Abschluss der Saison wird er zudem in seiner Paradedisziplin im Hoch-Ybrig Schweizer Meister.
Im vergangenen Winter passt beim Mitglied des Skiclubs Speer Ebnat-Kappel erstmals alles zusammen. Die Rädchen greifen ineinander. Beim Material ist Noger dabei ein Tüftler. Er hat sich während der Jahre im Europacup eine Schleifmaschine gekauft, sein Wissen weiterentwickelt und dabei immer mehr herausgefunden, was seinem Fahrstil entgegen kommt. «Im zweiten Teil der Saison war auch ein bisschen Glück dabei», sagt Noger. Denn er erhielt den alten Ski von Nordica-Markenkollege Fritz Dopfer. Dieser funktionierte bei ihm perfekt. Nun, da er den Aufstieg in das A-Kader geschafft hat, steht dem St.Galler eigentlich ein Servicemann zur Verfügung. Doch Noger sagt: «Ich nehme die Ski immer noch gerne mit nach Hause.» Es gebe ihm einfach ein gutes Gefühl. Und: «Ich weiss genau, wie ich die Ski will.» Der Servicemann findet das «voll okay». «Wir sind ein Team.»
Auch in der Ernährung geht Noger eigene Wege. Auf Empfehlung der Mutter seiner Freundin ernährt er sich seit mehr als drei Jahren glutenfrei. In seiner Freizeit las er sich zudem in die chinesische Ernährungslehre ein und hält diese «ziemlich strikt» ein. Das heisst: Wenige tierische Produkte, viele Hülsenfrüchte. «Ich hätte nie gedacht, wie viel sich in diesem Bereich herausholen lässt.» Die Meditation ist ebenso ein Teil des Erfolgsrezepts Nogers. Eine halbe Stunde am Mittag und zehn Minuten am Abend investiert er.
«Wenn ich merke, dass mir etwas gut tut, dann werde ich relativ fanatisch.»
Nach dem Durchbruch in der vergangenen Saison hat sich für Noger einiges verändert. Er steht in diesem Winter vor seiner ersten kompletten Weltcupsaison, und dies ohne Qualifikationsdruck. Für ihn ist das zwar eine Genugtuung, noch mehr freut er sich aber für sein Umfeld, das ihm in den schwierigen Zeiten zur Seite stand. «Meine Eltern haben zum Glück nie gesagt: ‹So, und jetzt gehst du arbeiten!›.» In Sölden will Noger am Sonntag in erster Linie seine Leistungen bestätigen. «Am Anfang will ich regelmässig punkten.» Aber es ist Noger auch bewusst: «Gleich freuen über einen 22. Rang wie in der vergangenen Saison werde ich mich wohl nicht mehr.»