CSIO: Mit Barbara Schnieper reitet eine Amazone ins Scheinwerferlicht

Mit der 37-jährigen Barbara Schnieper ist nach Janika Sprunger und Nadja Peter Steiner erneut eine Amazone in die Schweizer Elite gesprungen. Zum zweiten Mal startet sie mit Cicero in St. Gallen.

Peter Wyrsch
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Barbara Schnieper auf ihrem Spitzenpferd Cicero. (Bild: KEY)

Barbara Schnieper auf ihrem Spitzenpferd Cicero. (Bild: KEY)

«Ein wahrer Freund ist wie ein zweites Ich.» Das ist eines der vielen Zitate, die einst der römische Philosoph, Redner und Schriftsteller Cicero der Nachwelt hinterliess. Mit Cicero ist auch Barbara Schnieper eng verbunden. Er ist ihr wahrer Freund und fast ihr zweites Ich. Doch ihr Cicero ist ein Pferd: Dem zehnjährigen Oldenburger, der dem Kältetechnik-Firmenbesitzer Martin Hauser gehört, hat die Elitekader-Reiterin ihren Aufschwung zu verdanken. Der braune Wallach ist in den Stallungen des Eigenhofs in Seewen, unweit von Basel und der französischen Grenze, ihr Star.

Training mit Pius Fuchs

Auch am CSIO in Rom am vergangenen Wochenende hat er die Erwartungen erfüllt. Den Nationenpreis beendete das Paar mit nur einem Abwurf, im Grand Prix fielen indes zwei Stangen. Die im luzernischen Rain aufgewachsene Springreiterin wohnt seit acht Jahren auf dem Eigen-hof im Bezirk Dorneck. Im Weiler des Bauern- und Pferdezuchtbetriebs der Familie Wiggli hat die ausgebildete Bereiterin auch ihr privates Glück gefunden. Der gelernte Landwirt Urs Wiggli, der den Eigenhof vor zwei Jahren von seinen Eltern übernommen hat, ist ihr Ehemann geworden. Seit Mai 2017 ist Tochter Tjara der Sonnenschein des Ehepaares.

«Die Zucht von Schweizer Sportpferden ist seit drei Generationen unser zweites Standbein. Ich bin mit Warmblütern aufgewachsen», so Ehemann Wiggli. Schnieper hingegen stammt aus einer «Nicht-Rösseler-Familie». Sie sagt:

«Ich wollte schon als Kind immer reiten. Ich tingelte von Bauernhof zu Bauernhof und fragte, ob ich helfen könne. So durfte ich zuerst Stallarbeiten verrichten und kam so auch zum Reiten.»

Schnieper war beseelt davon, Reiterin zu werden. Ein Jahr lang war sie deswegen auch im Stall Etter in Müntschemier und acht Jahre bei Pferdezüchter Hans Schmalz in Büren an der Aare. Sie trainierte mit Pius Schwizer und wird seit einigen Monaten von Thomas Fuchs, dem Vater des WM- und Weltcup-Zweiten Martin Fuchs, beraten. Kontinuierlich hat sich die 37-Jährige in den vergangenen Monaten weiterentwickelt. Die Starts mit der Schweizer Mannschaft am CSIO Calgary im Vorjahr oder vor einer Woche am CSIO Rom waren allerdings nicht ihre erste Nationenpreis-Teilnahmen. «Ich stand schon 2013 mit Ragrusa in der Equipe am CSIO San Marino in Arezzo.»

Vom Spitzen- zum Zuchtpferd

Schniepers Augen leuchten, wenn sie von der mittlerweile 21-jährigen braunen Holländer-Stute erzählt, die ihr besonders ans Herz gewachsen ist und die ihr den Einstieg ins nationale Schaufenster ermöglicht hat. So bezeichnet die Luzernerin den Grand-Prix-Sieg 2012 am Zweisterne-Turnier in Busto Arsizio als den ersten und schönsten Erfolg ihrer Karriere. Mit der Stute war sie auch Dritte am Top-Ten-Final 2013 in Ascona, Zweite im GP von Schaffhausen und Dritte in der SM-Qualifikation 2014 in Saignelégier.

Ragrusa ist mittlerweile als Zuchtstute im Einsatz. Den Aufstieg ins internationale Scheinwerferlicht ermöglichte aber der braune Oldenburger Cicero. «Wir haben ihn siebenjährig bei Gerhard Etter in Müntschemier gekauft. Nunmehr ist er zehnjährig und kommt ins beste Alter, ist begehrt und hat noch lange nicht seinen Zenit erreicht», sagt Schnieper.

In St. Gallen für die EM empfehlen

Spitzenresultate belegen die Zuversicht der Zentralschweizerin: Sieger im Final der mittleren Tour 2017 in St. Moritz, Vierter 2018 im Grand Prix in Crans-Montana in der Viersterne-Konkurrenz, Zweiter hinter Pius Schwizer im Cupfinal in Ascona und – vor allem – die Spitzen-Runden am CSIO Calgary. Mit fünf Punkten im schwierigen Nationenpreis-Kurs nach einem Wasserfehler und leichter Zeitüberschreitung fiel das Paar ebenso positiv auf wie als 13. und erste Nichtklassierte im Grand Prix. Eine Premiere war auch die Nomination für den Nationenpreis-Final in Barcelona, wo im ersten Umgang nur eine Stange fiel. 2019 konnte die mutige Reiterin an ihre Erfolge anknüpfen, wie Platz sieben im GP von Basel oder Rang drei im Dreisterne-GP in Kronenberg beweisen.

Danach wurde sie erstmals ins Schweizer Team für den CSI0 Rom berufen. Sie hofft, auch in St. Gallen Spitzenresultate zu liefern und sich für eine Teilnahme an der EM im August in Rotterdam empfehlen zu können. «Für die Schweiz an einem Championat teilzunehmen, wäre ein Traum.» Ausdauer, Geduld, Biss und Anpassungsfähigkeit zeichnen die Reiterin aus – Vorsicht, Vermögen, Mut und Unerschrockenheit den Oldenburger. «Cicero ist nervös vor dem Parcours, fokussiert aber im Paddock», sagt Schnieper. Seine Rittigkeit sei noch zu verbessern, fügt sie an und verrät:

«Er ist zickig, obwohl er ein Wallach ist, und ein Vielfrass. Er will immer als Erster gefüttert werden.»