Das sportliche Ziel hat Thurgau in der ersten Saison unter Präsident Ronny Keller erreicht. Die Playoff-Teilnahme täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass der NLB-Eishockeyclub mehr finanzielle Mittel braucht, um vorwärts zu kommen.
Herr Keller, hätten Sie sich eine einfachere erste Saison gewünscht als Präsident von Hockey Thurgau?
Ronny Keller: Es war tatsächlich ein Auf und Ab. Kurz nachdem ich im Oktober gewählt wurde, kam die Niederlagenserie, die uns fast die Playoff-Teilnahme gekostet hätte. Die ganz grosse Freude war sicher, dass wir uns in letzter Minute doch noch fürs Playoff qualifizieren konnten.
War es hinter den Kulissen im Verwaltungsrat ähnlich turbulent?
Keller: Nein, ich empfand es als recht normal. Aufgrund einer Operation, die ich über mich ergehen lassen musste, war ich nicht immer so nahe am Geschehen, wie ich mir gewünscht hätte. Aber wir sind sieben Verwaltungsräte, die gut funktionieren.
Was empfanden Sie als grösste Herausforderung in Ihrer ersten Saison als Thurgaus Präsident?
Keller: Die Geldfrage stellt sich in diesem Club permanent. Wir stossen immer wieder an unsere finanziellen Grenzen. Besonders bei Vertragsverhandlungen mit Spielern merken wir, wie andere Nationalliga-B-Clubs deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben.
Ist das nicht frustrierend?
Keller: Klar ist das manchmal frustrierend. Aber wir tun unser Bestmögliches mit dem, was wir zur Verfügung haben. Wir müssen andere Wege finden, um zum Erfolg zu kommen.
Wie könnten die aussehen?
Keller: Indem wir bei der Kaderzusammenstellung konsequent auf junge Spieler setzen und diesen ein Sprungbrett für höhere Aufgaben bieten. In den Fällen von Leandro Profico und Rajan Sataric, die heute bei Rapperswil-Jona spielen, ist uns das gelungen. Und ich bin zuversichtlich, dass uns das auch in Zukunft gelingen wird.
Doch Thurgau braucht Geld, will es künftig etwas früher als im letzten Qualifikationsspiel die Playoff-Qualifikation bewerkstelligen. Trainer und Sportchef Christian Weber fordert für die kommende Saison zusätzlich zwei hochkarätige Stürmer. Können Sie ihm diese bieten?
Keller: Wir arbeiten daran. Gewisse Sachen sind bereits aufgegleist, doch ist noch nichts spruchreif. Das Ziel ist sicher, mehr Geld zu generieren, um sportlich einen Schritt vorwärts zu machen. Wir können aber nicht alles innerhalb einer Saison ändern. Wir brauchen Geduld und Vertrauen in unsere Arbeit.
Weshalb ist es für Hockey Thurgau so schwierig, Geld zu generieren?
Keller: Marketingmässig stehen wir gar nicht so schlecht da, wenn ich es mit anderen Clubs vergleiche. Der Schuh drückt bei den Zuschauerzahlen. Die bereiten mir Sorge. 881 Matchbesucher im Durchschnitt sind weit unter den Erwartungen.
Im zweiten Playoff-Heimspiel am Freitagabend kamen auch nur 1274 Zuschauer, davon etwa 300 aus Langnau. Da mussten Ihnen doch die Tränen kommen?
Keller: Ja, schon. Möglicherweise war dies der Fall, weil das Team zuvor eine hohe Niederlage kassierte und es in der Best-of-7-Serie bereits 0:3 stand.
Ist NLB-Eishockey im Thurgau überhaupt noch gefragt?
Keller: Wenn ich nicht überzeugt davon wäre, dann hätte ich das Präsidium nicht übernommen. Die Bindung zur Bevölkerung hat zuletzt wieder deutlich zugenommen.
Das ist mitunter Geschäftsführer Adrian Fetscherin zu verdanken, der den Club im vergangenen Jahr mit diversen Aktionen schweizweit zum Thema gemacht hat. Wird sein Vertrag nun nicht verlängert, um Geld zu sparen?
Keller: Das will ich weder bestätigen noch dementieren.
Müssen Thurgaus Anhänger nun mit einem neuen Clubnamen und einem weiteren Wechsel des Logos rechnen, nachdem unter Fetscherin beides erneuert wurde?
Keller: Das sind unbegründete Ängste. Darüber wurde bislang nie diskutiert.
Und wie sieht es mit den Umbauten im Stadion und dem errichteten Thurgauer Dörfli neben dem Stadion aus?
Keller: Das waren Investitionen in die Zukunft und nie an einer bestimmten Person aufgehängt. Der Heustock im Stadion und das Dörfli ausserhalb sind super Sachen. Es war nie das Thema, diese nicht weiterzuführen.
In welche Richtung soll es mit Hockey Thurgau gehen?
Keller: Unsere Marke wird nur über den Sport funktionieren. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Wir wollen uns in der zweithöchsten Liga als Mannschaft etablieren, die in den Rängen vier bis sechs klassiert ist. Mehr ist aufgrund der überlegenen Konkurrenz derzeit nicht realistisch. Ich bin überzeugt, dass wir es so schaffen werden, wieder mehr Leute für Hockey Thurgau zu begeistern. Dass wir zuletzt zweimal in Folge das Playoff erreicht haben, zeigt, dass wir auf gutem Weg sind.
Nächste Saison dürfte Herisau als Konkurrent in der Nationalliga B dazukommen. Was halten Sie von diesem Farmteam-Projekt des NLA-Clubs Rapperswil-Jona?
Keller: Ich bin wirklich gespannt darauf. Grundsätzlich bin ich für ein Wachstum der Nationalliga B. Ich bezweifle aber, dass solche Retortenclubs die beste Lösung sind. Wir werden sehen, ob es Herisau gelingt, eine gesunde Fanbasis hinzukriegen.