Barcelona und die Unabhängigkeit

Die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien gefährdet die Zugehörigkeit des FC Barcelona zum spanischen Verband. Bei einer Abspaltung droht dem Club der Ausschluss aus der Primera Division. Wäre dies rechtlich überhaupt zulässig?

Adrian Lobe
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FUSSBALL. Bei den Regionalwahlen in Katalonien haben am vergangenen Wochenende die Befürworter einer Unabhängigkeit einen triumphalen Sieg errungen. Das Votum könnte auch Folgen für den Fussball haben: Bei einer Sezession Kataloniens droht dem FC Barcelona der Rauswurf aus der Primera Division. Dies hatten jedenfalls Liga-Chef Javier Tebas und Sport-Staatssekretär Miguel Cardenal vor den Regionalwahlen angekündigt. «Wenn Katalonien sich für unabhängig erklärt, ist es naheliegend, dass die katalanischen Teams nicht mehr in unserer Liga mitspielen», sagte Tebas.

Schon länger gilt der FC Barcelona als Bastion der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung. Bei jedem Heimspiel werden nach exakt 17 Minuten und 14 Sekunden Independencia-Rufe intoniert – in Erinnerung an die verlorene Unabhängigkeit Kataloniens im Jahre 1714.

Contra König und Hauptstadt

Wegen Pfiffen gegen König Felipe VI. und die spanische Nationalhymne musste der Club sogar eine Geldstrafe in Höhe von 66 000 Euro entrichten. Der Konflikt zwischen der katalanischen Metropole und der spanischen Zentralregierung kulminiert im Derby Barcelona gegen Real Madrid. Die Rivalität beider Clubs ist gross. Doch ausgerechnet dieser prestigeträchtige Clásico, den weltweit eine halbe Milliarde Zuschauer vor den Fernsehbildschirmen verfolgen, könnte künftig Geschichte sein. Es wäre ein herber Verlust für die Attraktivität der Liga und auch für die Vereine selbst sowie deren Vermarktung.

«Wird der spanische Fussball wirklich Selbstmord begehen, indem er sich des Clasicos entledigt?», fragte Joan Maria Piqué, der Sprecher der katalanischen Regierung. Barcelona könne auch in einem unabhängigen Katalonien weiter in der Primera Division antreten. «Schauen Sie sich Monaco an. Das ist ein souveräner Staat, und sein Team spielt in der französischen Liga.» Gleichwohl: Einen Sonderstatus für Teams aus einem unabhängigen Katalonien, wie es ihn etwa für Mannschaften aus dem Pyrenäenstaat Andorra gibt, lehnt der Liga-Verband kategorisch ab.

Die Rechtswissenschafterin Katarina Pijetlovic sagt: «Wenn Katalonien ein unabhängiger Staat mit einem eigenen Verband werden sollte, hat Barcelona gegen einen Ausschluss aus der Primera Division kaum etwas in der Hand.» Das spanische Sportgesetz von 1990 könne aber dahingehend geändert werden, dass es eine Spielberechtigung für den FC Barcelona und andere katalanische Clubs zulässt.

Die rechtlichen Hürden sind allerdings beträchtlich. Denn auch die Uefa müsste als übergeordnete Instanz grünes Licht geben, wenn ein Verein auf einem anderen Territorium antritt und damit unter die Jurisdiktion der Uefa fällt. «In Anbetracht der derzeitigen Strukturen des europäischen Vereinsfussballs erscheint es schwierig, eine Zustimmung der Uefa zu erreichen», so Pijetlovic. Die Uefa will einer Zersplitterung der Verbände keinen Vorschub leisten. Letzten Endes überwiegen jedoch die ökonomischen Überlegungen. Das sieht auch der deutsche Anwalt Moritz Tauschwitz so: «Die spanische Liga hat kein Interesse, ein Zugpferd und eine weltbekannte Marke zu verlieren.»

Ins Exil nach Frankreich?

Sollte es dennoch zum Liga-Ausschluss kommen, hätte der Club wohl einen Plan B in der Tasche: Er könnte eine Lizenz in der französischen Ligue 1 beantragen. Darüber gibt es derzeit wilde Spekulationen. «Dies würde einen Präzedenzfall schaffen, nach dem jeder Verein in Europa in jeder beliebigen Liga in Europa spielen könnte.» Zudem würde sich die französische Liga unglaubwürdig machen.