Ostschweizer Medaillenhoffnungen Erstmals seit 84 Jahren nehmen die Schweizer Fussballer an den Olympischen Spielen teil. Wohl mit dabei ist der in Widnau aufgewachsene Kerim Frei.
FUSSBALL. Pierluigi Tami gilt als einer der besten Taktiker im Schweizer Fussball. Derzeit ist sein taktisches Geschick gefragt wie selten zuvor, allerdings neben dem Platz. Der Tessiner befindet sich mit den Clubs aus dem In- und Ausland in Verhandlungen und kämpft um die Freigabe der Spieler für das olympische Fussballturnier. «Mein erstes Ziel ist es, die 18 Spieler zusammenzubekommen», sagt Tami lachend.
Zu diesen 18 Spielern dürfte Kerim Frei gehören. Der 18-Jährige spielt in England bei Fulham. Dort kam er in der vergangenen Saison oft zum Einsatz, in der Premier League spielte er elfmal. «Die Saison lief sehr gut. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht.» Frei steht seit zwei Jahren in Fulham unter Vertrag, zuvor spielte er für die Grasshoppers. Seine Wurzeln sind aber im Rheintal, er ist in Widnau aufgewachsen. Von 2001 bis 2006 gehörte er zum FC St. Gallen. «Ich bin leider nur noch selten in der Ostschweiz, meine Eltern kommen eher mich besuchen», sagt Frei.
Fulham ist ein Stadtbezirk von London. Aber nicht nur weil die Olympischen Spiele in seiner neuen Heimat – er hat kürzlich seine erste eigene Wohnung bezogen – stattfinden, sind sie für Frei ein Anreiz. «Olympische Spiele sind etwas Grosses. Und sie sind für uns Fussballer speziell, weil sich die Schweiz so lange nicht qualifizierte.» Frei will den Wert des Turniers auch nicht relativieren, obwohl es mit U23-Teams gespielt wird. «Wir können eine Medaille gewinnen. Und nicht zu vergessen: man spielt für sein Land.»
Der Mittelfeldspieler sagt also deutlich, dass er dabei sein will. «Ich muss es mit meinem Trainer Martin Jol nochmals besprechen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden werden.» Frei würde allerdings einen grossen Teil der Vorbereitung verpassen, denn Fulham startet am 10. Juli wieder mit dem Training. Es sind aber die Eindrücke aus der vergangenen Saison, die ihn so zuversichtlich machen: «Ich spüre, dass der Trainer auf mich setzt, schliesslich habe ich einen Vertrag bis 2015. Und auch er weiss ja, dass Olympische Spiele etwas Besonderes sind.»
Während bei Frei die Verhandlungen eher einfach sind, steht Tami in der Schweiz vor grösseren Problemen. Zum provisorischen Olympiakader – diese Liste umfasst 50 Namen – gehören zum Beispiel sieben Akteure der Grasshoppers. «Ich verstehe, dass ein Club nicht so viele Spieler abgeben will», so Tami. Xherdan Shaqiri oder Granit Xhaka hat er zudem fast abgeschrieben, da beide in die Bundesliga wechseln und die Vorbereitung bei ihren neuen Clubs verpassen würden.
Die Chance, dass Diego Benaglio dabei sein wird, beziffert Tami hingegen mit 90 Prozent. Der Goalie wäre einer der drei erlaubten älteren Spieler. Am 14. Juli beginnt Tami mit der kurzen Vorbereitung für London. Neben Kerim Frei könnten mit Michael Lang, Fabian Schär, Amir Abrashi, Moreno Costanzo und Fabian Frei noch weitere Ostschweizer dem Kader angehören. Die Gegner am olympischen Turnier– die Schweiz nimmt erstmals seit 84 Jahren teil – heissen übrigens Mexiko, Südkorea und Gabun. «Doch diese interessieren mich noch nicht. Zuerst brauche ich genügend Spieler», sagt Tami.