Ambitionen im Doppelpack

Für die Eschliker OL-Brüder Daniel und Martin Hubmann hat die heute beginnende OL-EM in Tschechien unterschiedlichen Stellenwert. Die Teamverantwortlichen setzen sich im Minimum sechs Schweizer Medaillen zum Ziel.

Jörg Greb
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Die Thurgauer OL-Brüder Martin (links) und Daniel Hubmann haben derzeit unterschiedliche Prioritäten. (Bild: Michel Canonica)

Die Thurgauer OL-Brüder Martin (links) und Daniel Hubmann haben derzeit unterschiedliche Prioritäten. (Bild: Michel Canonica)

ORIENTIERUNGSLAUF. Von den sechs Medaillen, welche die Schweizer Orientierungsläufer an der EM von heute bis zum nächsten Samstag im tschechischen Jelinek anstreben, müsste die eine oder andere auf das Konto der Eschliker Daniel und Martin Hubmann gehen. Wobei: Die Rollen zwischen den beiden durch sechs Altersjahre getrennten Brüder scheinen verteilt: durch den unterschiedlichen Leistungsausweis und durch die Prioritätensetzung in der Vorbereitung.

Daniel Hubmann ist der Schweizer Teamleader, der Allrounder und Vielstarter. Als Mitteldistanz-Einzel- und Staffel-Weltmeister hat sich der OL-Profi im vergangenen Sommer nach seiner schweren Fussverletzung endgültig zurückgemeldet an der Weltspitze. Sein sechster Weltcup-Gesamtsieg Ende Saison unterstrich dies zusätzlich. Auf dieser Basis konnte der 33jährige Routinier aufbauen. Er spricht von «einer ausgezeichneten Vorbereitung im Winter». Nach Tschechien gereist ist er mit der Absicht, um Medaillen zu laufen, wenn möglich um goldene. Im Hinblick auf die OL-WM von 2008 in Tschechien – Hubmann wurde damals erstmals Weltmeister – trainierte die Schweizer Equipe und so auch Hubmann im Vorfeld just in jenem Wald, der nun die Mitteldistanz-Entscheidung bringen wird. Ein Vorteil? Hubmann schüttelt lachend den Kopf: «Merkwürdigerweise blieben keinerlei Bilder und Erinnerungen an jenen Wald haften.» Hubmann wird in allen drei Einzel-Entscheidungen sowie in der Staffel im Einsatz sein. Und trotz eindrücklichem Palmarès bleibt etwas nachzuholen: In einer EM-Staffel gewann er den Titel noch nie.

Fokus auf die Schule

Diesbezüglich ist ihm Bruder Martin voraus. Er gewann mit dem Team Schweiz II vor vier Jahren – Daniel Hubmann zog sich in jenem Rennen einen Achillessehnenriss zu. Vor zwei Jahren sicherte sich der jüngere der beiden Brüder Bronze im Sprint, im vergangenen Jahr war Sprint-WM-Silber der bisherige Karrierehöhepunkt. Geht es nun also in Richtung Einzeltitel? Hubmann lacht: «Kaum.» Seine Vorbereitung war sehr speziell, befindet er sich doch in den letzten Wochen seines Bauingenieur-Studiums an der Fachhochschule in Winterthur.

«Ich richtete den Fokus auf die Schule», sagt er. Wegen der letzten Studientage reiste er nicht am Mittwoch wie das Team nach Tschechien, sondern erst gestern. Dabei handelt es sich um eine ungewöhnliche Kurzvariante. Heute ist er in der Sprintstaffel im Einsatz, morgen im Einzelsprint. «Das kann emotional schwierig werden», sagt er, hofft aber auf einen mentalen Kick: «Nach dem Schulabschluss kann ich entspannt an die EM fliegen.»

«Im Sprint kann viel passieren»

Des Engagements fürs Studium wegen kam vor allem das OL-spezifische Training zu kurz. Auch deshalb sagt er: «Ein Medaillengewinn wäre diesmal für mich eine Überraschung.» Aber er weiss auch: «Gerade im Sprint kann viel passieren.» Es wäre die Entschädigung auch für das Verpasste: die traditionelle und hoch geschätzte «Frack-Woche». Dieser kulturelle, kulinarische Sonder-Event fällt mit der EM-Woche zusammen. Anschliessend folgt für Hubmann der letzte Studien-Bestandteil: die sechs Wochen zum Schreiben der Bachelorarbeit.