Am Sonntag beginnt im tschechischen Nove Mesto die Weltcupsaison im Cross Country. Esther Süss und die Geschwister Kathrin und Matthias Stirnemann stellen sich der Weltelite.
Im letzten Jahr musste sich Esther Süss so einiges anhören. Nach einer unbefriedigenden Saison, in welcher «nichts zusammenpasste», wurden Stimmen laut, sie hätte nach den Olympischen Spielen 2012 in London zurücktreten sollen. Sie habe schlicht den Zeitpunkt des Abgangs verpasst.
Die Olympia-Fünfte schmunzelt über dieses Getuschel: «Klar hätte ich nach London theoretisch aufhören können. Aber in der Saison danach fand ich die Bestätigung, dass ich immer noch mit den Besten mithalten kann. Und nach dem mageren letzten Jahr ging es jetzt auch darum, nochmals anzugreifen».
Erfolg macht Spass
Kurz zusammengefasst: Es gab eigentlich immer mehr Gründe, weiterzumachen als aufzuhören. Schliesslich ignoriert Süss den Alterungsprozess seit Jahren mit grösstem Erfolg. «So lange es Spass macht und so lange das Training kein Müssen ist, fahre ich weiter», sagt sie.
In diesem Frühjahr machte ihr der Wettkampfsport wieder sehr viel Spass. Es läuft der Küttigerin ausgezeichnet. Zwar stand ihr gleich bei vier Rennen eine Blondine namens Jolanda Neff vor der Sonne, doch drei zweite Plätze in den bisherigen drei Rennen des stark besetzten BMC Racing Cups lassen neue Begehrlichkeiten aufkommen.
Zwei Startplätze hat die Schweiz bei den Frauen für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. Wieso nicht nochmals Olympia anstreben. Man getraut beinahe nicht, zu fragen, ob bei ihr dann nach Rio wirklich Schluss sei.
Esther Süss weiss, dass die Wahrheit auf dem Weg nach Rio bei den internationalen Rennen liegt. Die Weltcupresultate haben ungleich mehr Gewicht als die nationale Rennserie. Und morgen Sonntag folgt die erste Standortbestimmung gegen die komplette Weltelite. «Dann sehen wir, was wirklich abläuft», sagt Süss erwartungsfroh. Form und Selbstvertrauen sind da.
Auch Stirnemann will nach Rio
Eine Schweizerin, welche Süss das Olympiaticket auf jeden Fall streitig machen will, ist Clubkollegin (RC Gränichen) Kathrin Stirnemann. Die Wynentalerin ist inmitten in der Metamorphose von der explosiven Eliminator-Spezialistin hin zur ausdauernden Cross-Country-Fahrerin.
Die 25-Jährige war auf gutem Weg, musste dann aber beim Mehretappenrennen Cape Epic in Südafrika aufgeben, weil sie auf den aggressiven Staub der afrikanischen Savanne mit starkem Asthma und einer Allergie reagierte. Die frühe Pollenzeit in der Schweiz erschwerte die schnelle Genesung.
Erst zwei Wochen Regen ermöglichten ihr, am Rennen in Solothurn erstmals wieder beschwerdefrei antreten zu können. Mit dem daraus resultierenden fünften Rang war sie zufrieden. «Jetzt hoffe ich auf Regen beim Weltcupstart. Der Wetterbericht sieht gut aus», sagt Stirnemann mit einer Prognose, welche jeden Meterologen schaudern lässt.
«Ich fühle mich gut. Das Ziel ist ein Platz in den Top 10», sagt Stirnemann, die als Weltranglistensechste aus der ersten Reihe starten darf. «Wie konkurrenzfähig ich bin, stellt sich morgen Sonntag heraus.»
Matthias Stirnemann so gut wie noch nie?
Einige Reihen weiter hinten ins Rennen der Männer gehen wird Bruder Matthias Stirnemann. Der 24-Jährige hat in seiner zweiten Saison bei der Elite einen Leistungssprung gemacht und verlor in den bisherigen Rennen erstaunlich wenig Zeit auf die Weltbesten.
Entsprechend zuversichtlich schaut der 56. der Weltrangliste nach vorn. «Ich strebe einen Platz in den Top 20 an», sagt er. Das sei zugegebenermassen ein sehr hohes Ziel, «denn soweit vorne war ich im Weltcup noch nie».