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Klub der jungen Geschichten
5. Rang, Kategorie Primar
Zoé Stupala, Hünenberg See, 6. Primar
Wir waren absolut sicher, dass nichts schiefgehen kann. Leider zu sicher. Denn was alles in diesen Ferien geschah, war absolut nicht geplant. Also fangen wir doch von vorne an. Es war Freitag, der letzte Schultag. Ich war stolz auf mich, denn ich hatte das erste Kanti-Semester bestanden, und mich erwarteten sechs Wochen ohne lernen.
Wie immer ging ich mit dem Zug nach Hause, meine Freunde und ich tauschten unsere Zeugnisse aus und erzählten uns, unsere Pläne für den Sommer. Meine Freunde gingen alle an supertolle Orte. Ehrlich gesagt, war ich manchmal ein bisschen eifersüchtig, obwohl ich es nicht zugeben wollte. Denn ich war schon lange nicht mehr an solchen grossartigen Orten gewesen. Besser gesagt, seit Heida zu unserer Familie dazugehört. Heida ist die neue Frau von Papa und die Mama von Louis, meinem kleinen Halbbruder. Ich und meine kleine Schwester hatten eine andere Mama, die vor fünf Jahren gestorben ist.
Ich heisse Mavie und bin dreizehn Jahre alt. Meine kleine Schwester heisst Flower, ist neun Jahre alt und hat das Downsyndrom. Sie heisst auch Flower, weil Mama immer wollte, dass sie weiss, dass sie einzigartig wie eine Blume ist. Aber kommen wir zurück zum Thema. Heida ist eben so jemand, der sich für die Umwelt einsetzt. Was gut ist, aber das heisst schon mal, dass wir kein Flugzeug nehmen, und somit sind die Orte ausserhalb Europas ausgeschlossen.
Es muss auch nicht zum Sterben langweilig sein für Kinder. Die Destination, die ausgewählt wurde, war ein kleines Dorf in Schweden. Als ich dann zuhause angekommen war, ging ich in mein Zimmer und fing an zu packen. Als ich fertig war, wollte ich mir gerade einen Eistee machen, da sah ich Flower auf dem Trampolin und ging zu ihr, um sie zu fragen, ob sie ihre Sachen schon gepackt hatte. Doch als Antwort bekam ich von Ihr: «Ich gehe nicht in die Ferien!».
Diese Antwort war jetzt nicht gerade erfreulich, aber mit Flower war es nun mal so. Am Morgen vor der Abfahrt war Flowers Koffer immer noch nicht gepackt. Das merkte Papa sofort, und er sagte: «Dann gehen wir halt ohne deinen Koffer!» Doch er bekam keine Antwort, denn Flower war nicht im Auto. Ich grinste, denn ich wusste von gestern schon, dass sie nicht gehen wollte. Und natürlich wusste ich auch, wo sie sich versteckt hatte. Nach einer Stunde waren wir bereit zu gehen.
Am nächsten Morgen wachte ich in einem schönen Zimmer auf. Beim Frühstück fragte ich wo Flower ist, doch als Antwort kam: «Sie war doch in deinem Zimmer». Rasch drehte sich Heida um. Sie schaute mich hilflos an, und ich erkannte an ihrem Gesicht, dass sie Panik bekam. Denn wenn ein kleines Mädchen in einer unbekannten Umgebung herumläuft, dann heisst das nichts Gutes, vor allem wenn sie Flower heisst. Ich hatte Angst um sie und ging sofort auf ihre Suche.
Als ich sie fand, war es schon dunkel. Ihr Versteck war in einem Baumhaus etwas abseits. Als ich hochkletterte, war ich erleichtert und nahm sie sofort in meine Arme. Natürlich fragte ich sie auch, warum sie weggegangen war. Sie erklärte mir, sie habe Angst, dass wenn sie Heida Mama nennt, ich dann wütend auf sie wäre, denn wir haben ja schon eine Mama. Ich erklärte ihr, dass ich sie immer liebhaben würde. Ich entschied mich dafür, erst am nächsten Tag nach Hause zu gehen. Als wir dann zuhause ankamen, war ein Polizeiauto vor dem Haus. Sobald Papa und Heida uns erblickten, rannten sie auf uns zu und umarmten uns, und wir hörten eine kleine Stimme, die sagte: «Ich hab euch lieb Mama, Papa, Louis und Mavie.»