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Klub der jungen Geschichten
Lionel Lütenegger, Meierskappel, 6. Klasse Primar
Wir waren absolut sicher, dass nichts schiefgehen kann. Leider zu sicher. Die Black Diamond, ein Piratenschiff im atlantischen Ozean im Jahre 1768. «Jack, kommst du kurz?» Der bärtige Quartiermeister kam aus seiner Kabine und schaute Jack mit einem strengen Blick an. «Der Kapitän will dich sprechen», berichtete er. «Ich komme gleich», antwortete der blondhaarige Junge. Er befestigte das Seil an den Masten und lief dem Quartiermeister hinterher. Jack folgte ihm die Holztreppe hinunter ins Unterdeck. Die Treppe knarrte unter den schweren Schritten des Quartiermeisters. Er führte ihn an den einfachen Schlafplätzen der Matrosen vorbei und blieb vor einer grossen Tür stehen, er klopfte kurz an und trat dann ein. Der Raum war eine sehr geräumige Kabine mit einem grossen Fenster. An der Wand war ein holziger Schreibtisch, auf dem Tinte und ein Stück Pergament lag. Jack folgte dem Beispiel des Quartiermeisters und trat ein. Er setzte sich auf den dargebotenen Stuhl und sah den gutgepflegten jungen Mann an.
«Was führt Sie zu mir, Sir?», fragte Jack gelassen. «Ich möchte mit dir noch mal über die letzten vierundzwanzig Stunden reden», berichtete der Kapitän der Black Diamond. «Was möchten Sie den mit mir besprechen?», erkundigte sich Jack. «Ich möchte dir und der Mannschaft klarmachen das wir nicht in Sicherheit vor der englischen Flotte sind. Es gibt einen Verräter unter den Piraten, die Piratenstadt hätte nicht entdeckt werden dürfen und das war ein gut durchgeplanter Angriff.» «Ich kann ihre Sorge ja verstehen», meldete sich Jack, «aber wir konnte fliehen und bis jetzt ist uns niemand gefolgt.» «Unterschätze nie die englische Flotte, sie ist auch dafür bekannt, dass ihnen keine Piraten durch die Lappen gehen.» «Daran habe ich auch gar keine Zweifel, aber …» Weiter kam Jack nicht, denn die Stimme des Ausgucksjungen unterbrach ihn. «Feindliche Schiffe in Sicht!», schrie der Junge in voller Lautstärke, dazu läutete der Quartiermeister die Schiffsglocke. Der Kapitän rannte aus der Kabine, die Holztreppe hinauf aufs Hauptdeck. Jack lief im hinterher und machte erst auf dem Hauptdeck halt, wo er sich suchend umsah. Da sah er den Kapitän neben dem Steuermann stehen, in der Hand hielt er ein Fernrohr, mit dem er in die Ferne blickte. Er stieg die Treppe zur Kommandobrücke herauf und versuchte, die Gedanken aus dem Gesicht des Kapitäns herauszulesen. «Was sehen Sie?», fragte Jack nach. Doch der Kapitän reichte ihm nur stumm das Fernrohr. Jack nahm es an und schaute hindurch. Der Anblick raubte ihm den Atem. Am Horizont tauchten drei grosse Galeonen mit britischer Flagge auf, die auf beiden Seiten je zwei Dutzend Kanonen hatten. Die Galeonen waren reich verziert und an Deck konnte man langsam Personen erkennen. «Was?», entfuhr es Jack. «Was habe ich dir gesagt?» Der Kapitän sah Jack vorwurfsvoll an. «Quartiermeister, berichte der Mannschaft was zu tun ist!», befahl er. « Zu Befehl Sir», rief der Quartiermeister und erteilte seinen Leuten Befehle. «Was sollen wir jetzt machen?», fragte Jack. «Wir behalten die Galeonen im Auge und steuern das Schiff», erklärte der Kapitän. «Sir, ein Sturm zieht auf», meldete sich der eigentliche Steuermann. «Auch das noch», schimpfte der Kapitän und nahm das Steuerrad fester in die Hand. Man sah Gewitterwolken aufziehen und der Himmel verfärbte sich dunkel. In der Ferne hörte man den Donner, und der Regen prasselte auf die Schiffsplanken. Riesige Wellen fegten über das Deck des Schiffes und rissen Matrosen in die Tiefe des Meeres. «Segel einholen», hörte man den Quartiermeister. «Sir, was sollen wir machen?», wollte Jack wissen. «Wir müssen das Schiff unter Kontrolle bringen, sonst sind wir verloren», schrie der Kapitän gegen den Wind. Am Horizont näherte sich eine Wand aus Wasser. Die Matrosen schrien und das Holz knirschte. Die Wand aus Wasser stürzte auf das Schiff, dann wurde es schwarz vor Jacks Augen.
Möwen kreischten und Wellen brachen. Jack öffnete verwirrt seine Augen und sah sich um. Wo war er? Der Strand war übersät mit Trümmern des Schiffes. Kaputte Kanonen waren rostig geworden und Schiesspulverfässer lagen verstreut herum. Er stand auf und suchte nach Lebenszeichen. Ein Körper bewegte sich in die Höhe und sah sich ebenfalls um. Der Mann erblickte ihn und torkelte zu ihm rüber. «Jack bist du das?», fragte ihn der Mann. «Kapitän, Sie sind das», stellte Jack überrascht fest. «Ja, ich bin es», berichtete er und schüttelt glücklich Jacks Hand. «Wie haben Sie überlebt?», fragte Jack. «Ich weiss es selbst nicht» erklärte der Kapitän. «Okay, lass uns etwas Wasser oder was essbares suchen», schlug Jack vor. Sie machten sich auf den Weg und kamen bald zu einer Lichtung an dem man Wasser hörte. Sie liefen in die Richtung von wo das Geräusch kam. «Sehen sie Wasser, Sir?», fragte Jack den Kapitän. «Nein, aber ich klettere hier mal runter», berichtete der Kapitän. Er kletterte an einer Efeuranke hinunter und kam auf einen Felsvorsprung, neben dem ein tosender Wasserfall in die Tiefe ging. «Jack, komm mal runter, hier ist etwas», meldete sich der Kapitän von unten. Jack kletterte im hinterher und gelang ebenfalls auf den Felsvorsprung. «Hier hinter dem Efeuvorhang ist eine Öffnung», erklärte der Kapitän und zeigte auf einen Eingang. Sie schoben den Vorhang zur Seite und erblickten eine Höhle, die steil bergab führte. Der höhlenartige Raum wurde durch kleine Löcher in der Decke schwach beleuchtet. Sie stiegen eine steinerne Treppe hinab, sie führte sie in einen grossen Raum, es blitzte und blinkte. «Ich glaube, ich spinne», schrie Jack vor Freude und fuhr sich durch die Haare. Der Boden war übersäht mit Schätzen. Goldige Münzen, Perlen, Schatztruhen, die bis zum Rand gefühlt mit wertvollem Schmuck waren und silberglänzende Kelche lagen verteilt auf dem steinernen Boden. «Ich glaube, wir sind auf einen alten Piratenschatz gestossen», überlegte Jack. «Das kann gut sein, aber das interessiert mich jetzt nicht, Jack wir sind reich!», jubelte der Kapitän. «Was machen wir jetzt?», fragte Jack. «Wir bauen uns mit den Trümmern ein Boot, mit dem wir die Schätze aufs Festland transportieren», bestimmte der Kapitän. «Und dann?», fragte Jack nach. «Ich denke», fing der Kapitän an, «wir lassen uns überraschen, was uns das Leben noch bringt.»