Oltner Fasnacht
Banausiade stellt fest: «Gott brauchte zur Erschaffung Oltens etwas länger»

Die Vorfasnachtsveranstaltung in Olten verdient das Prädikat: «Banause – säähr guttt!». Dafür sorgten pfiffige Nummern mit einem guten Unterhaltungsmix.

Urs Huber
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Das Schlussbild lässt alle Nummern noch einmal aufleben, zur Melodie des Gefangenenchors aus Verdis Nabucco. HR. Aeschbacher

Das Schlussbild lässt alle Nummern noch einmal aufleben, zur Melodie des Gefangenenchors aus Verdis Nabucco. HR. Aeschbacher

HR.Aeschbacher

«Ob eine Banausiade ankommt, entscheidet sich am Ende des ersten Abends.» Das sagt Banause Heinz «Nöschi» Neuenschwander, eigentlicher Vater dieser traditionellen vorfasnächtlichen Veranstaltung, die am Wochenende im Trimbacher Mühlemattsaal über die Bühne ging. Und wie immer: Auch die Ausgabe 2014 ist angekommen.

Sehr gut sogar, was Nöschi eine knappe Halbstunde nach Programmschluss zwar nicht sagt, aber spürt. «Themen für die heurige Fasnacht gibts genug», reicht er nach. Wohl wahr. Das Publikum hat zuvor auf offener Szene applaudiert, ist in schallendes Gelächter ausgebrochen und die Stimmung im Saal verströmte dieses Fluidum der so gut erträglichen Leichtigkeit des Seins. Es gehört zu den Riten der Banausiade, die Gäste mit einem Schlag in die Sphären der Kleinstadt zu katapultieren.

Und wie geht das im Jahr 2014? Alt Stadtpräsident Ernst Zingg findet abends auf der menschenleeren Kirchgasse eine Leiche, alarmiert völlig unaufgeregt und souverän (wie unaufgeregt und souverän zeigt das Schattenspiel auf der Bühne) die Stadtpolizei und diese trifft – dank neuem Verkehrskonzept – bereits nach Stunden ein.

Und schon sitzen Mann und Frau im Publikum mittendrin – statt nur dabei. Die Gewissheit steigt: Der Titel der Banausiade 2014 – «der Fluch der singenden Leiche» – ist nicht Programm. Die singende Leiche wird zum rund dreistündigen heiteren Segen – für alle im Saal.

Leiche – verschwunden

Natürlich: Die Leiche bleibt unauffindbar, selbst Obernaar Rolf dr 3. als Mediziner kann hier nicht weiterhelfen; darum schreitet er mit seinen Getreuen zur Schnitzelbankparade. Und auch alle Anstrengungen vonseiten der städtischen Sicherheitsdirektion helfen da nicht weiter. Weder Sicherheitsdirektorin Iris Schelbert (Thomas Droll) noch deren Direktionsleiter Franco Giori (Roger Schibler) fördern dazu Gesichertes an den Tag.

Nicht zuletzt darum, weil Giori – seine Vorgesetzte immer erst mit «Doris» anredend und so der Macht der Gewohnheit folgend – eine ellenlange Pendenzenliste abzutragen hat: Faustballeuropameisterschaft (ohne namhafte Ehrengäste ausser Nordkoreas Häuptling Kim Jong Un), Zivilschutz (was soll ich mit den Dienstleistenden bloss machen?), Kinderkrippen und, und, und.

Dass Schelbert in dieser Not schliesslich die vermeintlich zündende Idee hat und ein Telefonat nach England startet, von wo letzten Endes Miss Marple (Thomas Droll) auf der Bühne auftaucht, stets in stringenter Begleitung von BlasArt übrigens, ändert nichts am Status quo: Die Leiche bleibt verschwunden, Miss Marple mokiert sich über die eigenartigen Manieren und Praktiken in der Stadt, gibt «finally» auf und begibt sich zurück auf die Insel, derweil BlasArt ungefragt zur Schnitzelbandparade ansetzt; zur Melodie «no geits» von Patent Ochsner notabene.

Und dazwischen Wortakrobatik

Das alles reicht natürlich nicht aus für ein zweieinhalbstündiges Programm und darum machen die Banausen mit Intermezzi auf beste Wortakrobatik und -unterhaltung. Zwei Strassenmusiker (Martin Hagmann und Heinz Neuenschwander) spielen in der menschenleeren Kirchgasse um Kopf, Kragen und Kleingeld, lassen dabei allerlei hiesige Prominenz «am Seili abe», Gottliebeli (Martin Pache) als «Musterschüler» berichtet über Ungereimtes aus der Kleinstadt und erwähnt, dass es «in Olten ein Kreuz ist mit den Beizen, wo noch «Lang, Lang, Lang» nicht ausgestanden ist.»

Aktenzeichen XY ungelöst mit André Aebi, Sven Nobs, Philippe Moll und Thomas Steiner zeigt unter anderem einen zackig-spröden Auftritt von Stadtpolizeikommandant Daniel Bürki, derweil die Abfallhaie (Claude Waeber und Roger Schibler) als sprechende Abfallkübel aus der Schule plaudern und erzählen, dass Stadtpräsident Wey das von Ehefrau Trudi eingepackte Feng-Shui-Sandwich stets wegschmeisse und er sich bei Pino mit leckerem anderem Zeug eindecke.

Ebenfalls einen Premiumauftritt hat Neuenschwander als Priester in der heiligen Messe, in der er aus dem ersten Buch Mose zitiert: «Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag». – «Gott brauchte in Olten wohl ein bisschen länger», konstatiert der Priester. Kurzum: Das Publikum war begeistert. Auch die Präsentation der Erlinsbacher Tambouren, die mit Fantasie eine rhythmische Wunderwelt auf die Bühnen zauberten und die Trommler und Pfyffer der Sälizunft als Piraten fanden uneingeschränkten, teils frenetischen Zuspruch.

Eigentlich waren am Schluss alle zufrieden, ausser OT-Redaktor Huber (Reto Fedeli). Die Leiche, von der er – ausnahmsweise zeitlich vor «Blick-Donghi» – erfahren hatte und über die er gross berichten wollte, löste sich in Luft auf. He nu, dann halt auf ein ander’ Mal. Aber bevor der Blick das Gütesiegel der Banausiade 2014 verrät, seis hiermit schon getan: «Banause – säähr guttt!»