Derendingen
Elsässli: Das folgt auf das Ende des «juristischen Hickhack»

Die höchsten Richter betrachten die giftigen Teerplatten im Elsässli juristisch nicht als eine Altlast - deshalb müssen Eigentümer für Sanierungen selbst aufkommen. Die enttäuschte Gemeinde erarbeitet nun eine Lösung für die Finanzierung.

Rahel Meier
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Einer der Gärten im «Elsässli»-Quartier.

Einer der Gärten im «Elsässli»-Quartier.

zvg

Die Teerplatten, die im Elsässli zur Befestigung von Plätzen und Wegen verwendet wurden, gelten zwar aus heutiger Sicht als Abfall. Sie wurden aber vor 1950 bewusst verwendet und damit handelt es sich um eine Verwendung von Abfall und nicht um eine Entsorgung. So schreibt es das Bundesgericht in seinem Urteil vom 3. August. Und folgert: Bei den Gärten im «Elsässli» handelt es sich nicht um einen belasteten Standort im Sinne der Altlastenverordnung. Konkret heisst das, dass das Bodenschutzrecht zur Anwendung kommt und die kantonalen Behörden richtig entschieden haben. Der Gemeinde werden deshalb auch die Verfahrenskosten von 3000 Franken aufgebürdet.

Betroffene sind enttäuscht

Kuno Tschumi ist enttäuscht. Der Derendinger Gemeindepräsident hatte sich erhofft, dass das Bundesgericht den Mut hat, den Entscheid der Vorinstanzen zu korrigieren. «Die Situation und die Entscheide sind skurril», so Tschumi. Rein rechtlich gesehen sei das Urteil zwar richtig. «Aber das Gericht hat nicht gesehen, welches Resultat die sture Anwendung der Normen provoziert.»

Ein Verfahren ist beendet, eines sistiert

1988 erwarb die Gemeinde Derendingen das «Elsässli». Im Jahre 1992 wurde die Siedlung – das in seiner Art älteste und grösste noch erhaltene Arbeiterdorf – mit einem Gestaltungsplan unter Denkmalschutz gestellt. In den letzten
20 Jahren wurden viele der Häuser mit ihren grossen Gärten an Private verkauft. Vier Grundstücke gehören noch heute der Gemeinde. Aus diesem Grund wurden die meisten Verfahren nur mit der Gemeinde geführt und die Verfahren gegen die Privaten zwischenzeitlich sistiert.
Das Bundesgerichtsurteil vom 3. August betrifft demzufolge auch nur die vier Grundstücke, die der Gemeinde gehören. Die ausgesprochenen Verfügungen sind mit dem Urteil rechtskräftig. Die Verfügungen, die gegen die privaten Grundstücksbesitzer ausgesprochen wurden, sind aber ebenfalls angefochten worden. Das Verwaltungsgericht hat diese sistiert und wird nun nachfragen, ob das Verfahren weitergeführt werden soll. Es ist anzunehmen, dass die Privatleute die Beschwerden zurückziehen und die Verfügung akzeptieren werden. (RM)

Kanton eher erfreut

Christine Tschan Steffen (zuständige Juristin im Bau- und Justizdepartement) hat mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass das Bundesgericht die Argumentation der kantonalen Behörden vollumfänglich stützt. «Damit ist das Verfahren mit der Gemeinde beendet. Noch hängig sind die Beschwerden der Privaten vor Verwaltungsgericht», so Tschan Steffen.

Dass das Bundesgericht entschieden hat, aber noch nicht alle Verfügungen rechtskräftig sind, ist etwas verwirrend. Sowohl Kuno Tschumi als auch Hansruedi Meyer sehen aber bereits in die nahe Zukunft. «Als Gemeinde haben wir eine moralische Verpflichtung den Käufern der Grundstücke gegenüber», meint Tschumi. Er könne verstehen, wenn vor allem junge Eltern verunsichert seien. Zwar hätten die Behörden nicht gewusst, dass die Böden belastet sind, aber trotzdem gebe es Forderungen von Käufern. «Wir haben abgewartet, was die Gerichte entscheiden und wer für eine Sanierung aufkommen muss», so Tschumi. Nun werde man als Nächstes das Gespräch mit der IG Elsässli suchen, um eine vernünftige Lösung zu suchen. Eine Idee, die schon vor längerer Zeit vorgeschlagen wurde, ist, dass die Privatleute ein Drittel der Kosten selbst übernehmen, ein Drittel würde die Gemeinde zahlen und das letzte Drittel versuche man bei diversen Institutionen zu bekommen. «Beschlossen ist allerdings noch gar nichts.»

Leitbild erarbeitet

Hansruedi Meyer wird konkreter. Mit Unterstützung der kantonalen Denkmalpflege, des Schweizerischen Heimatschutzes und der Gemeinde Derendingen wurde ein Leitbild erarbeitet. Dieses zeigt unter anderem, welche Besonderheiten die unter Denkmalschutz stehenden Gärten heute haben. «Unsere grösste Angst ist, dass die Gärten ihre Vielfältigkeit verlieren, wenn sie saniert werden.» Abgesehen davon sei die Sanierung vor allem für Familien mit kleinen Kindern ein finanzieller Hosenlupf. «Wir stellen deshalb ein Gesuch beim kantonalen Lotteriefonds und hoffen, dass der Kanton wenigstens auf diesem Weg einen Teil der Sanierungskosten beisteuert.»