BERN. Klagen von Schweizer Arbeitnehmern über billigere ausländische Konkurrenz sind vor allem in Grenzregionen häufig zu hören.
BERN. Klagen von Schweizer Arbeitnehmern über billigere ausländische Konkurrenz sind vor allem in Grenzregionen häufig zu hören. Doch: Lassen sie sich auch statistisch erhärten? Und: Wie wirkt sich die Personenfreizügigkeit mit der EU auf die Löhne einheimischer Arbeitskräfte gesamtschweizerisch aus? Diverse Studien haben sich mit diesen Fragen beschäftigt, und sie kommen insgesamt eher zu einem positiven Fazit.
So zeigen etwa die Ökonomen George Sheldon und Dominique Cueni der Universität Basel, dass die Schweizer im Mittel leicht von der Zuwanderung profitieren. Ihr Lohn sei im Zeitraum von 2002 bis 2009 aufgrund der zugewanderten Ausländer um rund zwei Prozent gestiegen, um bis zu fünf Prozent gar bei hochqualifizierten Arbeitern in den grenznahen urbanen Grossregionen Genfersee sowie im Nordwesten der Schweiz und in Zürich, wo die Zuwanderung an ebenso qualifizierten Ausländern am stärksten war. Die Autoren folgern, dass die Zuwanderung nachfragegerecht ausfalle. «Die Immigranten scheinen sich primär auf ausgetrocknete Arbeitsmärkte zu konzentrieren, wo sie Stellen besetzen, für welche keine Inländer gefunden wurden.» Ähnlich positiv lautet das Fazit der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, KOF. Die Zuwanderung habe die Arbeitslosigkeit der ansässigen Bevölkerung reduziert, ohne sich negativ auf die Beschäftigung, die durchschnittlichen Löhne oder die Arbeitsmarktbeteiligung der Ansässigen auszuwirken.
Für Martin Baltisser, Generalsekretär der SVP Schweiz, sind solche Aussagen «grobe Schönfärberei». Es brauche keine wissenschaftlichen Studien, um zu begreifen, dass ein grösseres Angebot auf den Preis, in diesem Falle also die Löhne, drücke. Und wenn dies nicht der Fall wäre, dann gäbe es auch keine Diskussionen über flankierende Massnahmen, Lohnkontrollen und Mindestlöhne. Hinweise auf Lohndruck für Berufseinsteiger und Hochqualifizierte gebe es sehr wohl.
Eine Studie der Universität St. Gallen bestätigt diesen Befund. Sie stellte bereits im Jahr 2004 bei den Neueinstellungen von Ausländern in Grenzregionen einen Lohnabschlag fest. In den Jahren 2006 und 2008 sei dieser Effekt der Personenfreizügigkeit dann offenbar auf die Löhne von neu angestellten Schweizern und Ausländern in den Zentralregionen übergeschwappt.
Ausserdem habe sich der Lohnabschlag bei den Neuanstellungen von Ausländern in den Grenzregionen im Jahr 2008 nochmals um fast zwei Prozent auf über vier Prozent vergrössert.
Auch das Schweizerische Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hält in einem Bericht fest, dass der Reallohnindex in den Jahren von 2002 bis 2008 um ein Prozent gestiegen ist. Gemäss der Lohnstrukturerhebung hatten Einheimische aber ein geringfügig negatives Reallohnwachstum von -0,2 Prozent, während der Medianlohn der Ausländer gemäss Seco um 3,8 Prozent zugenommen hat. Das liegt nicht zuletzt an der hohen Qualifikation der Zugewanderten.