Mehr als 1,7 Milliarden Franken geben Krankenkassen pro Jahr für die Administration aus. Die Kosten pro Kunde variieren dabei je nach Versicherer stark.
Der Druck auf die Gesundheitsbranche steigt und steigt. In der Kritik stehen oft Ärzte, Spitäler und Pflege. Dabei unterscheiden sich auch die Krankenkassen in ihrer Effizienz. Zwar geben sie am meisten für Prämien aus. Wegen dieses Kostenblocks gibt es wenig Spielraum. Was jedoch von den Krankenkassen als Verwaltungsaufwand abgebucht wird, variiert stark. Denn darunter fallen nebst Personalkosten auch die Ausgaben für Werbung und Provisionen. Der Verwaltungsaufwand machte laut Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) im letzten Jahr 1736 Millionen Franken aus. Das sind Gelder, welche die Kassen über die Grundversicherung einnehmen.
Arbeiteten alle Versicherungen so effizient wie die Sumiswalder, könnte mehr als die Hälfte des Verwaltungsaufwands eingespart werden. Die Sumiswalder wendete 88 Franken pro Person und Jahr auf, ein Spitzenergebnis. Das sind 2,6 Prozent der Gesamtausgaben. Ähnlich effizient arbeiteten die Sanagate und die Krankenkasse Luzerner Hinterland (KKLH), die 91 bzw. 93 Franken Aufwand pro Versicherten abbuchten. Gemessen an den Gesamtausgaben sind das bei der KKLH 2,8 Prozent, bei der Sanagate 3,6 Prozent – weil sie deutlich mehr Versicherte hat. Und hier liegt wohl auch die Krux: Mehr Versicherte führen zu mehr Mitarbeitern und zu stärkeren Hierarchien, zu mehr Verantwortung und einem grösseren Lohngefälle. Im Schnitt über alle Versicherer beträgt der Verwaltungsaufwand laut BAG 4,8 Prozent.
Je nach Grösse stellen sich andere Herausforderungen: Kleine Kassen betreiben weder Aufwand für Marketing, noch werben sie Kunden über Makler ab. Sie bearbeiten die Anfragen und Rechnungen der Kunden. Dass sie deshalb weniger Verwaltungsaufwand verbuchen, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten: Mit 492 Franken pro Versicherten schneidet die Krankenkasse des Instituts Ingenbohl als Schlusslicht ab. Sie wendet 15,4 Prozent ihrer Ausgaben für die Administration auf. Mit 628 Kunden ist sie nicht nur die kleinste Kasse, sie ist auch ein Exot: Sie verliert Kunden, weil zu den Versicherten hauptsächlich die Ingenbohler Schwestern zählen, katholische Ordensfrauen.
Die Krankenkasse Turbenthal, die 12,7 Prozent ihrer Ausgaben für Administrativarbeit aufwendete, war der zweite Exot. 2018 musste sie schliessen, weil sie sich dem Schritt ins digitale Zeitalter verweigert hatte. Was die beiden Kassen verbindet: Sie sind derart klein, dass der Lohn eines jeden Angestellten sofort auf die Rechnung schlägt. Zur Anschauung: Die Krankenkasse Turbenthal zählte 402 Kunden und verrechnete einen Verwaltungsaufwand von 273 Franken. Das macht 109764 Franken. Viel Spielraum bei den Löhnen bleibt da nicht.
Erst ab 40000 Kunden wachsen die Ambitionen und mit ihnen das Volumen für Löhne, Werbung und Provisionen. Doch auch hier sind die Unterschiede gross. Vivacare mit 45229 Versicherten gab 2017 über 900000 Franken für Makler und Vergleichsdienste aus, Agrisano mit 133370 Versicherten investierte 6,8 Millionen. In diesem Spektrum bewegen sich die meisten grossen Versicherer. Insgesamt fliessen so fast 100 Millionen Prämiengelder jährlich an Dritte weiter. Andere Kassen entscheiden sich, anstatt in Provisionen in die Werbung zu investieren. Die Concordia warb 2017 für 4,5 Millionen Franken, gab aber keinen Rappen für Makler aus. Ähnlich handhabt es die Swica mit Werbung für 5,5 Millionen Franken. Die Helsana und die Visana investierten in beide Bereiche und gaben unter dem Strich je über 10 Millionen Franken aus.
So erstaunt es nicht, dass auch unter den grossen Kassen Unterschiede auftreten: Die Helsana gab 276 Franken pro Versicherten aus. Die Konkurrenz kommt mit 136 Franken (CSS), 151 (Mutuel), 157 (Assura), 163 (Concordia), 171 (Swica), 199 (Sanitas), 203 (KPT) aus. Die Sympany-Versicherer, die zwischen 240 und 252 Franken pro Kunde ausgeben, erklären die Differenz mit einem Kunden-Portfolio, das viele «ältere und damit kränkere Kunden» beinhaltet, was zu höheren Aufwänden führe. Die Helsana weist auf Investitionen und aufwendige Grundlagenarbeit hin – und auf ein alt bekanntes Problem: Dass die Aufwände für Grund- und Zusatzversicherung sich nicht so leicht auseinanderhalten lassen. Helsana rechne den Personalaufwand, der in der Grundversicherung anfalle, auch konsequent dort zu. Das heisst: Andere belasten die Zusatzversicherten stärker.