VERLUSTE: Sitze verloren, Hoffnung gewonnen

Auch unter Gerhard Pfister bleibt es dabei: Die CVP kommt bei kantonalen Parlamentswahlen nicht vom Fleck. Der Parteipräsident will sich am Ergebnis der nationalen Wahlen 2019 messen lassen.

Tobias Bär
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Gerhard Pfister (Bild: Urs Flüeler/KEY (Morschach, 29. Oktober 2016))

Gerhard Pfister (Bild: Urs Flüeler/KEY (Morschach, 29. Oktober 2016))

Tobias Bär

Er hoffe, dass seine Partei den Wähleranteil und die Zahl der Mandate zumindest halten könne. Das sagte CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister vor den Solothurner Wahlen vom vergangenen Sonntag. Tatsächlich konnten die Christlichdemokraten beim Wähleranteil leicht zulegen, um 0,6 Prozent. Paradoxerweise resultierte daraus ein Verlust von zwei Sitzen. Das nennt sich Proporzpech. Parteiexponenten bemühten sich gestern, das Abschneiden als Sieg zu verkaufen. «Die CVP Solothurn hat gezeigt: Die CVP kann gewinnen», twitterte die Präsidentin der Aargauer Kantonalpartei, Marianne Binder. Auch Pfister will das Resultat im Gespräch nicht als Niederlage werten: «Wir haben in Solothurn erstmals seit 36 Jahren wieder Wähleranteile gewonnen. Ich bin zufrieden.»

Diese Reaktionen zeigen, wie sehr die Partei nach Erfolgserlebnissen dürstet. Bei Exekutivwahlen schneidet die CVP zwar weiterhin gut ab. Sie hält 40 Regierungssitze. Damit liegt sie zusammen mit der FDP an der Spitze. Ein anderes Bild zeigt sich bei Parlamentswahlen: Seit den Eidgenössischen Wahlen 2015 wurden in zehn Kantonen die Legislativen neu bestellt. Und die CVP hat bei jeder einzelnen dieser Wahlen Mandate verloren, insgesamt 23 (siehe Grafik). Darunter waren schmerzhafte Niederlagen in den Stammlanden. So ist die CVP seit November nicht mehr stärkste Kraft im Freiburger Kantonsparlament. Und im Wallis büsste die CVP Anfang März sechs Sitze ein, wobei dieser Verlust mit der Neuverteilung der Sitze zwischen den Kantonsteilen sowie einer Änderung des Wahlsystems zusammenhängt.

Die Schonfrist für Pfister ist abgelaufen

16 Sitzverluste fallen in die Amtszeit von Pfister, der die Partei seit April 2016 führt. Auf die kantonalen Wahlen vom vergangenen Herbst – Aargau, Basel-Stadt, Freiburg, Schaffhausen – habe er nur noch beschränkt Einfluss nehmen können, so Pfister, diese taugten deshalb nicht als Gradmesser. «Die Wahlen in Solothurn waren die ersten unter meiner Leitung, bei denen die Kantonalsektion von der nationalen Partei aktiv unterstützt wurde.» Und dies habe sich im höheren Wähleranteil niedergeschlagen. Pfisters Worte lassen sich auch so deuten: Die Schonfrist ist abgelaufen. Fortan ist jedes Wahlergebnis auch ein Urteil über seine Amtsführung. Im laufenden Jahr stehen noch Wahlen in der Waadt und in Neuenburg an, in beiden Kantonen ist die CVP eine Kleinpartei. Wichtiger ist ein gutes Abschneiden bei den Wahlen vom kommenden Jahr, unter anderem in Pfisters Heimatkanton Zug. Messen lassen will sich der Parteipräsident aber in erster Linie am Ergebnis auf nationaler Ebene. 2015 erreichte die CVP 11,6 Prozent, die nächsten Wahlen stehen 2019 an. «Ich weiss, welches Resultat ich anstrebe», sagt Pfister. Kommunizieren werde er dies aber frühestens ein Jahr vor den Wahlen.

Gerhard Pfister ist angetreten mit dem Ziel, der Partei ein stärkeres Profil zu geben. «Die Leute müssen unsere Positionen nicht zwingend teilen. Aber sie müssen uns wahrnehmen.» Diese Strategie stösst in der Bundeshausfraktion auf Zuspruch. Überhaupt lassen sich die CVP-Parlamentarier keine kritischen Worte zu ihrem Präsidenten entlocken. Doch auch sie wissen, dass die nackten Zahlen zählen – Proporzpech hin oder her.