Die neuesten Zahlen des Bundes zeigen: Immer mehr Frauen kehren nach der Geburt eines Kindes in die Arbeitswelt zurück. Oft geschieht dies aber via Teilzeitanstellungen. Dies berge Risiken, sagt eine Expertin.
Wie gehen Familie und Beruf zusammen? Soll eine Mutter kurz nach der Geburt wieder arbeiten gehen? Wenn ja, wann und in welchem Pensum? Diese Fragen beschäftigen seit Jahren Eltern – vor allem Mütter –, Politiker und Arbeitgeber. Die neuesten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) zur Erwerbssituation von Müttern und Vätern, die gestern veröffentlicht wurden, zeigen, wie sich die Arbeitssituation von Frauen mit Kindern im letzten Jahrzehnt entwickelt hat, und auch, wo in der Schweiz nach wie vor Unzufriedenheit herrscht.
Noch 1992 arbeiteten rund 47 Prozent der Mütter mit Kindern zwischen 0 und 14 Jahren gar nicht. Heute gehen drei von vier einer Erwerbsarbeit nach (siehe Grafik). Der Grund dafür ist klar: Immer häufiger reicht laut BFS ein Lohn nicht aus, um eine Familie zu ernähren. Zudem verfügten Frauen über immer bessere Ausbildungen und wollten wegen der Kinder nicht gänzlich auf den Beruf verzichten.
Diese Einschätzung teilt Monika Pfaffinger, Vizepräsidentin der Eidgenössischen Koordinationskommission für Familienfragen (EKFF) und Assistenzprofessorin an der Universität Luzern: «Der Trend ist klar: Die Mehrheit der Frauen begibt sich heute nicht in eine Hausfrauen-Ehe.» Dass dies früher eher der Fall war, sei auf den Wohlstand in unserem Land zurückzuführen: «In der Schweiz konnten wir es uns lange leisten zu sagen: Ein Einkommen – das des Mannes – reicht für das Auskommen einer Familie. Heute ist das nicht mehr so», sagt Pfaffinger. Die Frauen in der Schweiz hätten heute dasselbe Bildungsniveau wie die Männer.
Die zentrale Frage ist laut Monika Pfaffinger aber ohnehin: «Wie viele Frauen gehen in absehbarer Zeit nach der Geburt eines Kindes in ein 80- bis 100-Prozent-Pensum zurück?» Sie spielt damit auf den Umstand an, dass der Grossteil der Frauen nach einer Geburt in einem – oftmals eher tiefen – Teilzeitpensum in den Arbeitsmarkt zurückkehren.
Gemäss BFS arbeiten nur in rund 10 Prozent der Haushalte, in dem das jüngste Kind unter 14 Jahre alt ist, beide Partner Vollzeit. «Oft ist zu hören, Teilzeit sei das Rezept, die Lösung für das Vereinbarkeitsproblem», sagt Pfaffinger. «Doch Teilzeitarbeit ist vielmehr eine Falle: Sie ist ein Karrierehemmer, die Lohneinbussen sind markant, die AHV-Beiträge sind tiefer, oft übernimmt die Frau trotzdem den Grossteil der Aufgaben im Haushalt und dazu geht der Teilzeitlohn meistens für die externe Betreuung drauf.» Deshalb müsse das heute bestehende System – trotz des Trends, dass immer mehr Mütter wieder arbeiten gehen – weiter angepasst werden, sagt Pfaffinger.
Für diese Forderung sprechen auch die Zahlen des Bundes. Diese zeigen (wenn auch auf tiefem Niveau), dass der Anteil der Mütter, die Teilzeit arbeiten, jedoch mehr arbeiten möchten, in den vergangenen zehn Jahren stabil geblieben ist.
Eine Massnahme, die schnell helfen würde, wäre gemäss Pfaffinger die Schaffung bezahlbarer, aber dennoch qualitativ guter Krippenplätze. Die Zahl der Plätze ist in den vergangenen Jahren zwar deutlich gestiegen. «Doch die Plätze sind zu teuer, weil der Staat sie nicht hinreichend subventioniert», sagt Pfaffinger. Das bestehende System ist aus ihrer Sicht paradox: «Man sagt, man brauche die hochgebildeten Frauen in der Wirtschaft, doch man schafft die notwendigen Rahmenbedingungen nicht.» Die aktuelle Entwicklung trage daher eher dazu bei, die bestehenden Strukturen zu zementieren.
Ein weiterer Vorschlag, den die EKFF bereits vor einigen Jahren in die Diskussion gebracht hat, ist die Einführung einer geregelten und bezahlten Elternzeit, einer Art «Elternurlaub». Die Kommission um Pfaffinger schlägt 24 Wochen mit verbindlichen Mindestanteilen für beide Elternteile vor. «Über die genaue Aufteilung wird derzeit intensiv diskutiert», so die Vizepräsidentin.
Die gestern lancierte Initiative für einen Vaterschaftsurlaub (siehe Text rechts) löst laut Monika Pfaffinger langfristig hingegen keine Probleme: «Die vier Wochen, die die Initiative fordert, ändern nichts an den bestehenden Strukturen. Die Initiative hat mehr symbolischen Wert.» Dennoch sei eine Anpassung an internationale Standards nun an der Zeit.