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Schweiz
Kein Überdruss: Das Tagblatt-Podium im St.Galler Pfalzkeller zur Abschaffung der Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen war gut besucht.
Richard Clavadetscher
Eigentlich war es ein Wagnis. Nach einem halben Jahr Auseinandersetzung über die No-Billag-Initiative, nach reichlich Diskussionen in den elektronischen Medien, nach Hunderten von Zeitungstexten und Tausenden von Beiträgen auf den Social-Media-Plattformen noch eine Podiumsveranstaltung zum Thema wie jene gestern im St.Galler Pfalzkeller? Dies, obwohl es doch kaum noch unentschiedene Stimmbürgerinnen und Stimmbürger gibt in dieser Sache: Gerade mal zwei Prozent sollen es laut GFS-Umfrage sein – ein selten tiefer Wert so früh vor dem Abstimmungstermin.
Gleichwohl ist gestern reichlich Publikum zum No-Billag-Podium des "Tagblatts", geleitet von Stefan Schmid und Jürg Ackermann, in den Pfalzkeller geströmt. Das mag auch an der prominenten Besetzung gelegen haben: Neben den als Experten angekündigten Kurt Weigelt (IHK-Direktor, pro Initiative) und André Moesch (Präsident Tele Suisse, kontra) diskutierten Nationalrat Lukas Reimann (SVP/SG), der St.Galler Jungfreisinnige Thomas Percy, beide Befürworter, sowie die Initiativgegner Nationalrätin Edith Graf-Litscher (SP/TG) und ihr Ratskollege Martin Candinas (CVP/GR).
Aufgrund der langen politischen Auseinandersetzung zu "No Billag" erstaunt nicht, dass dann von Befürworter- wie von Gegnerseite keine neuen Argumente in die Diskussion eingebracht wurden. Es ging hüben wie drüben ganz offensichtlich vor allem darum, dem Publikum bereits schon Gehörtes nochmals in Erinnerung zu rufen. Dies jedoch geschah mit viel Engagement.
In der Podiumsdiskussion stellte Thomas Percy zuerst einmal richtig, dass "No Billag" sich nicht gegen die SRG richte, sie also nicht abschaffen wolle. Man wolle keine Gebühren – nicht explizit keine SRG. Edith Graf-Litscher und Martin Candinas fanden jedoch, dass dies sehr wohl darauf hinauslaufe bei einer Annahme. Lukas Reimann war anderer Ansicht. Nach einer Annahme der Initiative werde gar nichts passieren: Wie schon bei anderen Volksbegehren würde man nämlich auch dieses sicher wieder nicht umsetzen.
Percy war zudem der Meinung, es könne nach Annahme der Initiative sehr wohl noch Unterstützung geben fürs Fernsehen – etwa im Kulturbereich aufgrund des Kulturartikels in der Verfassung oder auch durch die Kantone, wenn nötig. Candinas konterte mit der Radikalität der Initiative, die alles zerstören wolle. Man müsse den Text der Initiative einfach nur lesen.
Wäre es denn nicht möglich, Fernsehen ohne Gebühren zu machen? Dies fragte Moderator Schmid den Experten André Moesch. Moesch sagte klar Nein. Insbesondere gäbe es keine Regionalsender, also etwa kein Tele Ostschweiz mehr. Vor allem ginge es den Regionalsendern nicht besser, wenn die SRG weg wäre. Die Werbegelder kämen auch dann nicht zu den Regionalen, damit die weitere Aufgaben übernehmen könnten. Denn Werbende wollten eine flächenmässig gute Abdeckung im Publikum, und diese gäbe es dann nicht mehr.
Der andere Experte, Kurt Weigelt, outete sich als schlechten Fernsehzuschauer. Zu den Gründen für das Ja der Industrie- und Handelskammer zur Initiative nannte er zum einen die Gebühren für die Unternehmen. Zum anderen sei man der Meinung, in der heutigen Zeit hemmten Zwangsgebühren die mediale Entwicklung. Die SRG verweigere sich zudem jeder Änderung. Ändern gehe deshalb nur mit Druck von aussen.
Hält die SRG die Schweiz zusammen? Percy und Reimann fanden Nein. Wenn schon, sei es zum Beispiel eine Armee, die die Schweiz zusammenhalte, so Reimann. Aber diese wolle man ja abschaffen. Graf-Litscher und Candinas waren hingegen der Meinung, die SRG tue sehr wohl etwas für die Schweiz und ihre Minderheiten, sprachliche und andere. Und was die SRG da tue, das sei privat und freiwillig finanziert einfach in diesem Umfang nicht möglich.
Ach ja, das muss neuerdings auch noch gesagt werden: Das Podium verlief gesittet.