1,4 Millionen Dividende trotz Stellenabbau: Die Nachrichtenagentur SDA kommt nicht zur Ruhe

Die finanzielle und personelle Situation bei der Schweizer Nachrichtenagentur SDA bleibt angespannt. Trotzdem sollen die Aktionäre eine Dividende von 1,4 Millionen Franken erhalten.

Tobias Bär
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Düstere Zeiten für die Medien – und damit auch für die Nachrichtenagentur SDA. (Bild: Keystone)

Düstere Zeiten für die Medien – und damit auch für die Nachrichtenagentur SDA. (Bild: Keystone)

Die Geschichte des Anfang 2018 fusionierten Unternehmens Keystone-SDA ist geprägt von Sparmassnahmen. Und die finanzielle Situation bleibt angespannt. Dank des Verkaufs einer Beteiligung schloss die Nachrichtenagentur das vergangene Geschäftsjahr zwar mit einem Gewinn von 330'000 Franken ab. Das operative Ergebnis liegt aber rund 2 Millionen Franken im Minus. Dies geht aus dem Jahresbericht hervor, der vergangene Woche an die Aktionäre verschickt wurde.

Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass der Verwaltungsrat von Keystone-SDA eine Gewinnausschüttung von 1,4 Millionen Franken zu Handen der Aktionäre beantragt. Dies umso mehr, als dass die Nachrichtenagentur wegen der prekären Finanzlage seit diesem Jahr mit Bundesgeldern unterstützt wird: Für ihren Text-Basisdienst erhält sie eine Finanzhilfe von maximal 2 Millionen Franken pro Kalenderjahr.

Stephanie Vonarburg, Gewerkschafterin. (Bild: Keystone)

Stephanie Vonarburg, Gewerkschafterin. (Bild: Keystone)

Vorwurf: Verleger entziehen der Agentur Mittel

Bei der Vizepräsidentin der Mediengewerkschaft Syndicom, Stephanie Vonarburg, stösst das Vorgehen des Verwaltungsrates auf Unverständnis:

«Die angekündigte Dividende muss drastisch reduziert werden.»

Gemäss Unternehmenssprecher Iso Rechsteiner handelt es sich bei den 1,4 Millionen Franken nicht um eine neue Dividende, sondern um die Schlussabrechnung nach dem Vollzug der Fusion. Folgerichtig gehöre die österreichische Nachrichtenagentur APA als neue Aktionärin nicht zu den Profiteuren. Die Dividende muss Mitte Juni an der Generalversammlung der Aktionäre noch abgesegnet werden.

Im Zuge der Fusion hatten sich die Aktionäre im vergangenen Jahr bereits 12 Millionen Franken aus aufgelösten Reserven auszahlen lassen. Für Stephanie Vonarburg zeigt die Dividendenausschüttung, dass die Besitzverhältnisse der Agentur geändert werden müssten. Die Verleger sind einerseits Kunden und Abnehmer der Meldungen, und als solche drücken sie auf die Tarife. Auf der anderen Seite halten sie Anteile an Keystone-SDA. In dieser Rolle entzögen die Verlagshäuser dem Unternehmen weitere Mittel und Reserven, welche die Agentur für Investitionen und für das Personal bräuchte, so Vonarburg.

Sportredaktion muss nach Bern zügeln

Unterdessen geht die Umstrukturierung der einzig verbliebenen Schweizer Nachrichtenagentur weiter: Vor einem Jahr hiess es, man wolle den Regionen mehr Gewicht geben. Nun wird ein grosser Teil des Zürcher Büros in den Hauptsitz im Berner Aussenquartier Wankdorf verlegt: Ab September zügelt der Fotodesk in die Bundesstadt, im Februar 2020 folgt dann die Sportredaktion.

Iso Rechsteiner, Sprecher der Nachrichtenagentur SDA. (Bild: Keystone)

Iso Rechsteiner, Sprecher der Nachrichtenagentur SDA. (Bild: Keystone)

Entscheidend für die Zukunft von Keystone-SDA ist das neue Tarifmodell. Die mit sinkenden Werbeeinnahmen kämpfenden Medienhäuser konnten der Agentur zuletzt Rabatte abringen. Das neue Modell liess lange auf sich warten, Mitte Juni soll es nun aber vom Verwaltungsrat genehmigt werden. Danach starten die Verhandlungen mit den Kunden. Auf der Redaktion geht die Sorge um, dass je nach Ergebnis ein weiterer grösserer Stellenabbau ansteht.

Über 30 Stellen abgebaut

Die Redaktion hat bereits viel Substanz verloren: Ende 2018 zählte Keystone-SDA 36 Vollzeitstellen weniger als zu Jahresbeginn. Seither sind weitere Abgänge dazugekommen, ersetzt wurden sie nur teilweise. Stephanie Vonarburg sagt:

«Verschiedene Abteilungen sind chronisch unterbesetzt, viele Angestellte sind am Anschlag.»

Die Anfälligkeit für Fehler und Pannen steige. Der Anspruch des Unternehmens lautet immer noch, dass jede Meldung «präzise recherchiert und verifiziert» ist, wie es im Geschäftsbericht heisst. Die ausgedünnte Redaktion kann aber nicht mehr dieselbe Menge liefern.

Als die Agentur Anfang April einen Abbau von neun Vollzeitstellen bekannt gab, da stellte sie klar, dass die Redaktion von der neuerlichen Sparmassnahme nicht betroffen sei. Offenbar musste die Geschäftsleitung dafür aber zu einem Trick greifen, wie aus der Redaktion verlautet: Eine Person wurde demnach per 1. April vom redaktionellen in den nichtredaktionellen Bereich verschoben. Und am 3. April entlassen. Das Unternehmen will zu «einzelnen Mutationen» des jüngsten Abbaus keine Auskunft geben.