Der Bund will Arbeitsvermittler besser ausbilden und ihnen mehr Zeit für Beratungsgespräche geben. Arbeitslose sollen damit schneller wieder eine Stelle finden können.
Einst waren die regionalen Arbeitsvermittlungszentren RAV vor allem Arbeitslosen ein Begriff. Dann kam die Masseneinwanderungs-Initiative und die endlose Diskussion darüber, welche Rolle die RAV beim Inländervorrang spielen sollen. Seither stehen die Arbeitsvermittler unter erhöhter Beobachtung der Politik. Erst kürzlich beschwerten sich die Hoteliers, dass sie keine geeigneten Dossiers auf die offenen Stellen erhielten. Eine Studie bereits vor der Einführung des Inländervorrangs hatte zudem ergeben, dass beinahe die Hälfte der Unternehmen unzufrieden waren mit den vorgeschlagenen Stellenbewerbern.
Nun hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) entschieden, nächstes Jahr zwei gross angelegte Pilotstudien durchzuführen, um die Stellensuchenden besser beraten zu können. Wie aus einer Ausschreibung hervorgeht, will das Seco testen, ob eine intensivere Begleitung von Arbeitslosen deren Anstellungschancen verbessern.
Heute kommt ein durchschnittlicher Stellenbewerber alle 46 Tage mit seinem RAV-Berater zusammen. Diese Beratungsfrequenz soll versuchsweise verdoppelt werden. In den ersten 150 Tagen der Arbeitslosigkeit sollen sich fünf bis acht Prozent der Stellensuchenden alle drei Wochen auf dem RAV zeigen müssen. Dabei geht es gemäss Programmbeschrieb des Bundes nicht darum, die Arbeitslosengeldbezüger stärker zu überwachen. Ziel sei vielmehr, den Personalberatern mehr Zeit zu geben für die Standortbestimmung, die Bewerbungsberatung oder die Auswahl einer geeigneten Weiterbildungsmassnahme. «Unter anderem weisen Studien aus Deutschland, Frankreich und Dänemark darauf hin, dass eine intensivierte Beratung die Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung verbessern und auch kosteneffizient sein kann», heisst es im Papier.
Sieben Kantone machen beim Pilotprojekt mit: Zürich, Bern, Luzern, Solothurn, Baselland sowie Ob- und Nidwalden. Insgesamt sollen sich über 4000 Stellensuchende über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren beteiligen. Der zusätzliche Beratungsaufwand schätzt der Bund auf rund 1,5 Millionen Franken. Fallen die Resultate positiv aus, soll die intensivere Beratung künftig zum Standard werden. Das Seco rechnet vor, dass eine Verkürzung der durchschnittlichen Taggelder von heute 150 Tagen um eineinhalb Tage bereits ausreichen würde, um die ausgebaute Betreuung zu finanzieren.
Neben der Beratungshäufigkeit machen sich die Behörden auch Gedanken darüber, wie die Beratungsqualität erhöht werden kann. Hierzu plant das Seco eine Weiterbildungsoffensive für einen Teil des RAV-Personals. Rund 200 Personalberater sollen gezielt in Gesprächsführung geschult werden, damit sie besser auf die Stellensuchenden eingehen können. Dies soll die Motivation und die Eigeninitiative der Arbeitslosen verbessern. Die Schulung ist praxisnah ausgerichtet. RAV-Berater sollen sich in ihren Büros bei ihren Gesprächen filmen lassen und diese Sequenzen an Kurstagen reflektieren. Die betroffenen Arbeitslosen müssen ihr Einverständnis geben, gefilmt zu werden; auch die RAV-Berater können selber bestimmen, welche Videoaufnahmen sie in die Kurse mitbringen. Die insgesamt fünf Kurstage sind über ein halbes Jahr verteilt, so dass für die Personalberater genügend Zeit besteht, ihre Beratungspraxis zu trainieren und Video-Beispiele aufzuzeichnen. Pro Trainingsgruppe sind 15 Personalberater sowie zwei bis drei erfahrene Coaches vorgesehen. Bei diesem Pilotprojekt machen zehn Kantone aus der Deutsch- und Westschweiz mit. Eine Kostenschätzung liegt noch nicht vor.
Das Seco sucht derzeit Partner, welche die beiden Pilotstudien wissenschaftlich begleiten. Die Weiterbildungsoffensive soll im Mai 2019 beginnen und bis Ende 2020 abgeschlossen sein. Die intensivere Betreuung soll ab Sommer 2019 bis Juni 2021 getestet werden.