Medien
Presserat rügt Tamedia-Portale für verschleierte Politwerbung

Weil Anzeigen gegen die Konzernverantwortungsinitiative redaktionellen Texten zu ähnlich waren, rügt der Presserat den Medienkonzern Tamedia. Er stellt zunehmend eine «Verschleierung von kommerziellen Inhalten» fest.

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Gegner der Konzernverantwortungsinitiative warben online – für die Art der Publikation wurde Tamedia nun gerügt. Befürworter hängen Fahnen.

Gegner der Konzernverantwortungsinitiative warben online – für die Art der Publikation wurde Tamedia nun gerügt. Befürworter hängen Fahnen.

Reto Martin

(sat) Verschiedene Onlineportale des Schweizer Medienkonzerns Tamedia haben Anfang Jahr wochenlang Werbung zur Konzernverantwortungsinitiative (Kovi) publiziert. Laut dem Schweizer Presserat sind diese auf den Internetseiten zu redaktionellen Artikeln der Kovi ausgespielt worden. Ende Januar wurde dagegen eine Beschwerde eingereicht. Nun kommt der Presserat in seinem am Freitag publizierten Entscheid zum Schluss: «Für das Publikum war dabei nicht immer klar zu erkennen, dass es sich um Werbung handelte.» Begriffe wie «unser Dossier» oder «Faktencheck» hätten suggeriert, dass es sich um Zusatzinformationen der Redaktion handle.

Mit dieser «verschleierten Politwerbung» habe Tamedia den Journalisten-Kodex verletzt, urteilt die unabhängige Beschwerdeinstanz der Medienbranche. Der Kodex verlangt laut Presserat, dass Werbung – falls sie nicht klar als solche zu erkennen ist – explizit als solche deklariert werden muss. Zumindest anfänglich fehlte in einem Teil der Publikationen diese Deklaration jedoch, hält der Presserat fest. Er hält Tamedia aber auch zugute, dass die Werbung zur Konzernverantwortungsinitiative in späteren Versionen mit «Anzeige» oder «Werbung» angeschrieben war. Damit sei der Journalisten-Kodex wiederum eingehalten worden.

«Zunehmende Verschleierung von kommerziellen Inhalten»

In jüngerer Zeit befasst sich der Schweizer Presserat laut eigenen Angaben immer wieder mit der Trennung zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung. In einer Mitteilung zum jüngsten Entscheid zeigt er sich denn auch beunruhigt über die «zunehmend feststellbare Verschleierung von kommerziellen Inhalten». Dies schade der Glaubwürdigkeit der Medien und damit auch ihrer kommerziellen Grundlage.

Die Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative ist wegen der Coronapandemie vom Mai auf 27. September verschoben worden. Die Initiative will Konzerne für das Verhalten ihrer Tochterunternehmen im Ausland haftbar machen. Dies, wenn sie Verletzungen von Menschenrechten oder Umweltstandards begehen. Bekämpft wird die Kovi namentlich von bürgerlichen Parteien und vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Dieser wirbt für den Gegenvorschlag des Parlaments. Auch der Bundesrat lehnt die Initiative ab und unterstützt den Gegenvorschlag. Unterstützung erfährt die Konzernverantwortungsinitiative dagegen aus linken, teilweise bürgerlichen Kreisen sowie von Kirchen und Entwicklungshilfeorganisationen. Ein Komitee mit Unternehmerpersönlichkeiten wirbt ebenfalls seit Jahren dafür.