Bundesrat und Parlament wollen mit aufgestockter Unterstützung die Medienvielfalt stärken. Ein bürgerliches Komitee kämpft dagegen. Acht Fragen und Antworten zum neuen Mediengesetz.
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Bundesrat und Parlament wollen die Medienförderung erweitern: Die privaten Medien in der Schweiz sollen künftig pro Jahr mit 287 statt wie bisher mit 136 Millionen Franken unterstützt werden. Dabei würden 137 Millionen der Haushaltgabe für elektronische Medien entnommen, die vor allem der SRG zufliesst. Der Staatshaushalt würde also mit 150 Millionen belastet. Ein Komitee unter der Leitung des vormaligen FDP-Nationalrats Peter Weigelt brachte das Referendum gegen das Mediengesetz zu Stande. Die Schweizer Stimmberechtigten entscheiden am kommenden 13. Februar über die Vorlage.
Im Vordergrund steht das System der indirekten Presseförderung: Der Bund verbilligt die Zustellung der Zeitungen. Neben der Beförderung der Publikationen per Post soll neu auch die Frühzustellung abonnierter Zeitung zu reduziertem Tarif abgerechnet werden; das gälte auch für die Sonntagspresse. Zudem sind 30 Millionen als Stützungsbeitrag für Onlinemedien vorgesehen. Geld erhalten sollen Titel, die eine Bezahlschranke haben und Kriterien wie die Trennung zwischen journalistischen Inhalten und Werbung erfüllen.
Die Werbeeinnahmen der Printtitel sind seit der Jahrtausendwende von rund 2 Milliarden auf etwas über 400 Millionen Franken pro Jahr gesunken. Die Werbung hat sich verlagert zu den amerikanischen Techkonzernen wie Google und Facebook. In der Schweiz hat dies zu einer Medienkonzentration geführt. Seit dem Jahr 2000 sind rund 70 Pressetitel verschwunden. Und viele Zeitungen sind in einem Verbund und verbreiten teilweise die gleichen Inhalte. Die Medienhäuser sparen damit Kosten ein.
Das Medienpaket soll einen Beitrag zur Medienvielfalt leisten. Im Schweizer System der halbdirekten Demokratie mit vielen Volksabstimmungen sei es von Vorteil, wenn die Bevölkerung informiert ist über die politischen Sachgeschäfte. Das betreffe nicht nur die nationale, sondern auch die kantonale und regionale Ebene. Pressetitel mit regionaler Ausrichtung sollen in besonderem Mass unterstützt werden. Der Bundesrat betont, dass die «Bevölkerung in der ganzen Schweiz von einer vielfältigen Berichterstattung profitieren» solle. Die Befürworter der Vorlage weisen ausserdem darauf hin, dass sich die verbilligte Zustellung der Zeitungen – bereits im 19. Jahrhundert eingeführt – bewährt habe. Da sie wettbewerbsneutral und unabhängig von den Inhalten der einzelnen Titel erfolge, könne der Bund mit dieser Subvention keinen Einfluss auf die Presse nehmen.
Das Komitee operiert unter dem Titel «Staatsmedien Nein» und kritisiert, dass vor allem die grossen Verlage von der Annahme der Vorlage profitieren würden. Rund 70 Prozent der Zuschüsse kämen den grossen Medienhäusern zu – es handle sich um «ein Mediengesetz für Grossverleger». Diese hätten auch im Coronajahr 2020 stattliche Gewinne erzielt und seien auf die Mittel gar nicht angewiesen. Von der Frühzustellung der Sonntagszeitungen profitierten einzig grosse Betriebe. Man könne von einer «Geldverschwendung» sprechen. Ausserdem sei es Aufgabe der Medien, die Aktivitäten des Staates kritisch zu verfolgen. Wenn der Bund aber zu ihrer Finanzierung beitrage, sei die Gefahr von behördennahem Journalismus gross. Die Gegner der Vorlage argumentieren auch, dass es nicht Aufgabe des Staates sei, überkommene Geschäftsmodelle zu stützen.
Nehmen die Stimmberechtigten das Medienpaket an, regelt der Bundesrat in einer Verordnung, welches Unternehmen wie viel Geld erhält. Darum sind dazu gegenwärtig keine genauen Angaben möglich. Der Verband Schweizer Medien bestreitet, dass 70 Prozent der Zuschüsse grossen Unternehmen zukäme. Das vorgesehene degressive Modell sorge dafür, dass Pressetitel mit eher kleiner Verbreitung überdurchschnittlich vom neuen Gesetz profitieren würden. Zudem seien mehr Mittel für die Zustellung von Verbands- und Vereinsblättern geplant. Daraus ergebe sich kein Nutzen für die grossen Medienhäuser.
Geld soll erhalten, wer bereits zahlende Kunden hat. Gratisblätter und Gratis-Onlineportale gehen hingegen leer aus.
Die SP und die Grünen sind für das Paket. Bei der Mitte und den Grünliberalen zeichnet sich ein Ja ab; die Delegierten beider Parteien entscheiden aber erst am 22. Januar. Neben diversen Medienorganisationen und Gewerkschaften setzt sich die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete für die Vorlage ein. «Das Massnahmepaket stärkt gezielt die regionalen Medien», schreibt die Organisation.
Die SVP ist gegen das Medienpaket. Die Präsidentenkonferenz der FDP empfiehlt ebenfalls ein Nein; nun engagieren sich aber mehrere freisinnige National- und Ständeräte im Ja-Komitee unter dem Titel «Die Medienfreiheit. Demokratie braucht starke Medien». Den Gegnern der Vorlage haben sich der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse sowie der Schweizerische Gewerbeverband angeschlossen.