Die eigentlich abgelaufenen Masken erfüllen laut dem Labor ihren Zweck nach wie vor. In den Spitälern werden sie dringend benötigt.
Die Corona-Krise hat die Schweiz gerade erst erfasst, doch Schutzmasken sind schon heute ein rares Gut. Spitäler, aber auch Hausärzte, Altersheime, Hebammen oder Spitex-Organisationen suchen händeringend nach Nachschub. Selbst in den Spitälern sind Hygienemasken mittlerweile so knapp, dass Ärzte und Pflegepersonal während einer 8-Stunden-Schicht dieselbe Maske tragen müssen. Die entsprechenden Empfehlungen des Bundes wurden zuletzt mehrfach gelockert. «Wir haben auf Kriegsmodus umgestellt», sagt Enea Martinelli, Chefapotheker der Spitäler FMI AG im Berner Oberland.
Die Situation ist also prekär, doch jetzt zeichnet sich zumindest eine leichte Entspannung ab. Das Labor Spiez hat in den vergangenen Tagen grosse Bestände von Hygienemasken, die eigentlich ihr Ablaufdatum bereits überschritten haben, auf ihre Funktionstätigkeit getestet. Jetzt hat das Labor, das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz betrieben wird, grünes Licht gegeben. Die Masken, sagt Sprecher Andreas Bucher, seien nach wie vor funktionsfähig. Das hätten Tests ergeben.
Damit hat die Schweiz auf einen Schlag 10 Millionen zusätzliche Hygienemasken zur Verfügung. Sie werden laut Bucher von der Armeeapotheke dorthin verteilt, wo sie im Gesundheitswesen besonders benötigt werden. In den letzten Wochen hat die Armeeapotheke bereits Millionen von Schutzmasken ausgegeben; zuletzt betrugen ihre Reserven laut Armeesprecher Daniel Reist noch 7,9 Millionen Hygienemasken. Dazu kommen 100000 Schutzmasken vom Typ FFP 2 und 3. Diese Masken bieten einen höheren Schutz und werden für besonders heikle Eingriffe in den Spitälern verwendet. Auch von diesen Masken wird das Labor in Spiez derzeit abgelaufene Bestände auf ihre Funktionsfähigkeit testen.
FMI-Chefapotheker Martinelli sagt, es sei eine «sehr gute Nachricht», dass weiteres Schutzmaterial zur Verfügung steht. So könne die angespannte Situation im Gesundheitswesen zumindest vorübergehend beruhigt werden. Auch erhofft sich Martinelli eine dämpfende Wirkung auf den Preiskampf. «Es gab Leute, die die Notlage extrem ausgenutzt haben», sagt er.
Weitere Entspannung dürfte auch der Nachschub an Atemschutz- und Hygienemasken bringen, den die Armeeapotheke in nächster Zeit erwartet. Laut Armeesprecher Daniel Reist sollen ab dieser Woche Lieferungen von zwei Millionen Schutzmasken vom Typ FFP 2 und 3 erfolgen. Zusätzlich hat die Armeeapotheke 80 Millionen Hygienemasken bestellt. Trotz der angespannten Lage auf dem Markt und Schlagzeilen von blockierten Lieferungen und Exportstopps erwartet die Armee offenbar, dass «zumindest der grösste Teil» der bestellten Ware im Zeitraum der nächsten Wochen eintreffen wird, wie Armeesprecher Reist auf Nachfrage präzisiert.
Daneben gibt es verschiedene weitere Ideen, wie die Schweiz ihr Schutzmasken-Problem in den nächsten Monaten in den Griff bekommen könnte. Das Labor in Spiez prüft derzeit, ob Masken allenfalls mehrfach verwendet werden können. Eigentlich sind diese für den Einweg-Gebrauch gemacht. Doch laut Sprecher Andreas Bucher befasst sich das Labor derzeit intensiv mit der Frage, ob die Masken – etwa mit chemischen Substanzen – so gereinigt und aufbereitet werden können, dass eine Wiederverwertung möglich ist. Dies werde allerdings, sagt Bucher, eine «Notlösung» für den Fall bleiben, dass neue Masken nicht verfügbar sind.
Und sind da noch die Unternehmer, die jetzt in die Bresche springen und Schutzmasken produzieren wollen. Etwa Felix Schönle. «Wir sitzen wie auf Nadeln», sagt der Geschäftsführer und Patron der Firma Wernli AG im aargauischen Rothrist. Schönle hat vor einigen Wochen in China eine Maschine zur Herstellung von Schutzmasken bestellt. Diese sollte gemäss Plan in der kommenden Woche ins Flugzeug verladen und in die Schweiz verfrachtet werden. Er sei täglich mehrmals im Kontakt mit dem chinesischen Lieferanten, sagt Schönle. Das nötige Material zur Herstellung der Masken wird an verschiedenen Orten in Europa bereits produziert. Die erste Lieferung erwartet man bei Wernli noch diese Woche.
Bestellungen für die Masken nimmt die Firma bereits jetzt online entgegen. Den Kunden wird unter Vorbehalt der termingerechten Lieferung der Maschine eine Verfügbarkeit ab Anfang Mai in Aussicht gestellt. Die Warteschlange ist lang. Schönle sagt, er sei mit Bestellungen in Millionenhöhe überschwemmt worden. Die Maschine spuckt bei einwandfreier Funktion 140'000 Masken pro Tag aus. Wernli hat die Bedarfsgruppen mit erster Lieferpriorität bereits definiert: öffentliche Gesundheitseinrichtungen, Institutionen von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie Apotheken und grössere Firmen.