KONZESSION: Professor weibelt für SBB-Monopol

ETH-Professor Matthias Finger warnt vor einer Schwächung der SBB im Fernverkehr. Obwohl er indirekt mit diesen verbunden ist.

Tobias Gafafer
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ETH-Professor Matthias Finger. (Bild: PD)

ETH-Professor Matthias Finger. (Bild: PD)

Der Fernverkehr ist einer der ­lukrativsten Bereiche der SBB. Doch die Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn (BLS) und die Südostbahn (SOB) wollen das Monopol aufbrechen. Sie haben Anspruch auf einige SBB-Strecken am Gotthard, in der Ostschweiz und im Mittelland angemeldet. Und möchten diese effizienter und besser betreiben. Die bestehende Konzession für den Fernverkehr läuft Anfang 2018 aus. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) will diesen neu in ein Premiumnetz mit Inter- und Eurocityzügen, wo höhere Qualitätsanforderungen gelten, und in ein Basisnetz aufteilen. Bis Ende Jahr soll das BAV über die Vergabe entscheiden, wobei es eine Übergangsfrist geben dürfte. Direktor Peter Füglistaler spricht von einer Konkurrenz der Ideen, die den Kunden diene.

Einer der schärfsten Kritiker der Pläne ist Matthias Finger, Professor für Netzwerkindustrien an der ETH Lausanne. Auf diversen Kanälen liess er am BAV kein gutes Haar. Die Zerstückelung der Fernverkehrskonzession führe zu einem «staatlich adminis­trierten Pseudowettbewerb», sagte er jüngst etwa der «Berner Zeitung». Die Konzession der SBB sei das Rückgrat des Bahnsystems. Doch äussert sich Finger in dieser Frage allein als unabhängiger Experte, der keine Interessenkonflikte hat? Zumindest indirekt ist der Professor mit den SBB verbunden. Er sitzt mit Bahnchef Andreas Meyer und weiteren Personen im Beirat des SBB-Forschungsfonds der Universität St. Gallen. Dieser vergibt bis 2019 jährlich 300000 Franken für wissenschaftliche Arbeiten im Verkehrsbereich. Zudem ist Finger Direktor der Transportabteilung der Florence School of Regulation, die zum europäischen Universitätsinstitut gehört. Im Internet sind die SBB als Unterstützer aufgeführt, neben anderen Staatsbahnen wie der französischen SNCF.

Finger hält an seiner Kritik fest

Finger sagt auf Anfrage, er sei von den SBB unabhängig. Zwar habe er von diesen früher Mittel für Projekte bekommen. Vom SBB-Forschungsfonds erhalte er aber kein Geld. «Wir entscheiden nur über Projekte, die andere einreichen.» Er bestätigt, dass die SBB einer von zehn Donatoren der Florence School of Regulation sind. Die Mittel seien irrelevant. Die Beiträge aller Geber reichten nur für zwei Mitarbeitende und nicht für seine Stelle oder die Forschung. An seiner Kritik hält Finger fest. Aus Sicht der institutionellen Ökonomie sei zentral, wie das Bahnsystem organisiert sei. «Ich sehe keine Alternative zu den SBB.» Nur die Bundesbahnen könnten die Fernverkehrskonzession fahren. Sie hätten im Fernverkehr eine tiefere Rendite, wenn man ihnen lukrative Linien wegnehme. Der Professor kritisiert zudem, dass das BAV zu stark in das Operationelle der Bahnen eingreife und eine «totale Kontrolle» wolle. Es sei zwar rational, dass die BLS den SBB lukrative Linien wegnehmen wolle. Dass das BAV die Lötschberg-Bahn noch dazu ermuntert habe, sei aber nicht sauber.

Tobias Gafafer