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Im Fall des Tierquälers von Hefenhofen liegt der Untersuchungsbericht vor. Er listet Versäumnisse und Fehler der Behörden auf. Der Regierungsrat bedauert den Vorfall, will aber keine personellen Konsequenzen ziehen.
Grossaufmarsch in Frauenfeld. Vor dem Bildungszentrum Adler stehen Tierschützer, halten Transparente hoch, daneben Polizisten, Journalisten, Schaulustige. Es ist der Tag, an dem die Untersuchungskommission im Fall Hefenhofen ihre Ergebnisse vorlegt. Der Tag, an dem Erkenntnisse eines jahrelangen Hin und Hers mit einem renitenten Tierquäler bekannt gegeben werden. Was ist schiefgelaufen?
Die Thurgauer Regierung hatte eine Untersuchungskommission unter Leitung des früheren Zuger Regierungsrates Hanspeter Uster eingesetzt. Diese zeigt, dass die Schwierigkeiten weit über das Veterinäramt hinausreichten.
«Fehleinschätzungen und Fehlentscheide auf verschiedenen Ebenen verhinderten einen wirkungsvollen Vollzug», sagt Hanspeter Uster am Mittwochmorgen vor den Medien.
Wie die Chronologie zeigt, beschäftigten sich die Thurgauer Behörden über 15 Jahre lang mit dem Betrieb. Die Untersuchungskommission hält fest: «Das Bewusstsein, dass auf einem Tierhaltungsbetrieb verschiedene Instrumente vorhanden sind, um Wirkung zu erzielen, wuchs zu langsam.» Verschiedene Ansätze sind gescheitert. Man schwankte zwischen Repression und Deeskalation. «Der Umfang und der Ernst der Lage wurden nicht erkannt» - bis hin zum Regierungsrat.
Die Untersuchungskommission hält fest, dass über die gesamte Zeit Tierschutzprobleme bestanden, wenn auch in unterschiedlichem Ausmass. Ein Tierhalteverbot wäre bereits 2007/2009 angezeigt gewesen. Doch es wurde nicht durchgesetzt. Auch deshalb, weil man sich um die Sicherheit der Mitarbeitenden gesorgt habe.
Seit Jahren habe es immer wieder Beschimpfungen, Drohungen sowie Gewalt von U.K. gegeben.
«Gesamthaft gab es in diesem Fall eine ganze Reihe von Fehlern, taktischer, strategischer und rechtlicher Art», sagt Uster. Der Grundfehler sei, dass Differenzen nicht wirklich zu Boden diskutiert und den zuständigen Departementchefs unterbreitet worden waren, sondern die Behörden in «ihren Silos gefangen waren».
Der Fall zeigt aus Sicht der Untersuchungskommission, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen den Departementen und Ämtern ist und wie zentral dabei die koordinierte Steuerung ist. So hat sie eine Reihe von Empfehlungen formuliert: Einsatz von Begleitgruppen, Schaffung einer Tierschutzkommission zur Beratung des Veterinäramts, Parteirecht im Verwaltungsverfahren, Parteirecht im Strafverfahren. Ausserdem schlägt sie unter anderem eine verbesserte juristische Unterstützung des Veterinäramts vor, sowie ein Beschwerderecht des Dachverbands der Tierschutzorganisationen TG.
Video: Raphael Rohner
Neben der Mitglieder der Untersuchungskommission spricht am Mittwochmorgen auch die Thurgauer Regierung. Regierungspräsidentin Cornelia Komposch räumt Fehler und Versäumnisse der Behörden ein.
«Es wurde Unrecht geduldet. Eine solche Situation wird der Regierungsrat nicht mehr zulassen.»
Wo er Verantwortung trage, entschuldige sich der Regierungsrat. Er hat bereits Massnahmen beschlossen. So soll unter anderem auf Departementsebene ein Monitoring über laufende Verwaltungsverfahren eingerichtet werden. Das Veterinäramt wird personell verstärkt, die Polizei mehr sensibilisiert, die Medienstelle frühzeitig einbezogen.
Personelle Konsequenzen hat der Fall Hefenhofen gemäss Regierungsrat indes keine. Der Kantonstierarzt Paul Witzig darf bleiben. Das stösst beim Thurgauer Tierschützer Erwin Kessler, der ebenfalls im Publikum sitzt, auf Unverständnis. Rein organisatorische Massnahmen lösen aus seiner Sicht das Problem nicht.
Video: Raphael Rohner
Auch Regierungsrat Walter Schönholzer, der wegen des Falls in der Kritik steht, kommt zu Wort.
«Die Vorwürfe und die mediale Kampagne gegen den Leiter des Veterinäramts und gegen mich waren äusserst belastend und haben Spuren hinterlassen.»
Jetzt sei es Zeit, vorwärts zu schauen. Das Veterinäramt sei einer organisatorischen Analyse unterzogen worden. Diese Erkenntnisse würden nun mit den Empfehlungen der Untersuchungskommission abgeglichen und ergänzt.
Video: Raphael Rohner
Über die Kosten der Untersuchung gibt Finanzdirektor Jakob Stark Auskunft. 818'000 Franken kostet die Untersuchung des Falls Hefenhofen. Für die Vollstreckung des Tierhalteverbots belaufen sich die Kosten auf 67'000 Franken. 245'000 Franken wurden durch den Verkauf der Tiere erzielt.
Den gesamten Schlussbericht der Untersuchungskommission im Fall Hefenhofen finden Sie hier.
Teil 1:
Teil 2:
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