Was mussten die Wirtschaftsverbände Kritik einstecken wegen ihrer missglückten Abstimmungskampagne zur Unternehmenssteuerreform III. Beim zweiten Anlauf soll es nun klappen: Lichtkünstler Gerry Hofstetter und die Stuntmen Konrad Graber und Heinz Karrer retten die Schweiz.
Die Niederlage war krachend: Am 12. Februar 2017 sagten knapp 60 Prozent der Stimmberechtigten Nein zur Unternehmenssteuerreform III. Eine Ohrfeige für den Bundesrat, die bürgerlichen Parteien, die Kantone, die Wirtschaftsverbände. Letztere gerieten arg in die Kritik. Im Stil zu aggressiv. Die Kampagne zu (rechts-)konservativ.
Auf den Tag genau zwei Jahre später: Auftakt zu einer Mission. Tatort: Oeschinensee. Zwar nicht das Schilthorn, doch zumindest die Musik erinnert an James Bond. Die Crew setzt auch nicht auf moderne Mittel. Nein, was wir hier sehen, ist: James Bond auf Hornschlitten.
Die Mission heisst «Doppelplus». «Together we are strong» heisst es weiter im Kampagnenvideo zum AHV-Steuer-Deal. Und natürlich: «Based on a true story». Sieben Herren und zwei Damen in blauen Jacken beladen zwei Hornschlitten mit allerlei Material.
Sie ziehen gemeinsam los, wandern durch den Schnee und natürlich ziehen sie am gleichen Strick. Die Musik: Immer noch dramatisch. Die Stimmung gut. Die Nationalräte Daniela Schneeberger (FDP) und Adrian Wüthrich (SP) lachen. An der Spitze von Hornschlitten 1: Heinz Karrer, Mountaineer und Präsident von Economiesuisse.
An der Spitze von Hornschlitten 2: Konrad Graber, Stuntman. Im richtigen Leben CVP-Ständerat und OL-Läufer. Das Tempo ist rasant. Doch dann passiert es. Es geht zünftig bergab. «Bremsen!», ruft jemand. Doch zu spät: Der Schlitten kippt, das Team fällt in den Schnee. Schneeberger bekräftigt, sie habe alles versucht, um den Sturz zu verhindern.
Die USR-III-Abstimmung ging trotzdem flöten. Doch jetzt kommt's: O Wunder! Die Politiker stehen wieder auf. In Zeitlupe zwar, doch sie rappeln sich auf. Schnell wird noch die Jacke von Stuntman Graber geflickt. Mit Klebeband, von wegen Pflästerlipolitik. Der Übermut ist verflogen, die Politiker und Verbandsleute zeigen Demut. Das Tempo wird gemächlicher. Schweizerisch eben. Aus dem Off ertönt eine Stimme: «Der Wille zur Zusammenarbeit und unsere Fähigkeit, Kompromisse zu schliessen, zeichnen die Schweiz aus.»
Es dunkelt schon, die Musik wird wieder schnell. Fünf vor zwölf schlägt die Uhr: AHV und Unternehmenssteuern müssen gerettet werden. Die Crew arbeitet konzentriert, jeder Handgriff sitzt. Probleme gibt es keine, nur Lösungen. Eine Lampe kaputt? Die Ersatzlampe steckt im Rucksack. Die letzten Schrauben werden angezogen. Und dann: O yeah. Lichtkünstler Hostettler streckt die Arme in die Höhe. Zwei Schweizerkreuze erstrahlen am Berg. Applaus. Mission Doppelplus accomplished. «Ja zur AHV-Steuer-Vorlage» heisst es am Berg. Aus dem Off ertönt nochmals eine Stimme: «Gemeinsam legen wir die Basis für eine erfolgreiche Zukunft der Schweiz und schaffen heute Grosses».
Die Schweizer James Bonds haben die Schweiz gerettet. Sie wissen nicht, worum es beim AHV-Steuer-Deal geht? Das tut hier nichts zur Sache. Denn wie erklärte Politologe Thomas Milic das Nein zur USR III?: «Es war vor allem Überforderung und Verunsicherung.» Das soll den Befürwortern nicht noch einmal passieren.