Zur Sache
Gäste kann man sich manchmal nicht aussuchen. Kaum jemand wäre auf die Idee gekommen, den türkischen Aussenminister Mevlüt Cavusoglu in die Schweiz einzuladen – glühende Anhänger seiner Partei AKP und des türkischen Präsidenten Erdogan ausgenommen. Nur: Cavusoglu hat nicht auf eine Einladung gewartet. Er will einfach kommen und in Zürich vor Landsleuten eine Rede halten. Es ist dies, gewiss, eine Provokation, eine Falle. Und wie schon deutsche Behörden zuvor, ist auch die Zürcher Regierung prompt hineingetappt. Man habe Sicherheitsbedenken, verkündete diese gestern. Der Bund möge verhindern, dass Cavusoglu in Zürich spricht.
Damit hat der Gefolgsmann Erdogans sein Ziel bereits erreicht und maximale Aufmerksamkeit erzielt. Zudem wird – sollte er wirklich nicht kommen können – die Türkei genüsslich darauf hinweisen, dass die Schweiz zwar nicht müde wird, die Meinungsäusserungsfreiheit anzumahnen, diese aber für einen türkischen Minister beschneidet. «Nazi-Methoden» nannte das Erdogan im Falle Deutschlands. Die Schweiz hätte mit ähnlich unschönen Vergleichen zu rechnen.
Die Sicherheitsbedenken der Zürcher Regierung mögen echt sein. Doch wenn Zürich, wenn unser Land einen Minister nicht mehr schützen können will, stellen sich grundsätzliche Fragen. «Ich werde Ihre Meinung bis an mein Lebensende bekämpfen, aber ich werde mich mit allen Kräften dafür einsetzen, dass Sie sie haben und aussprechen dürfen», lautet ein Voltaire zugeschriebenes Zitat. Man kann es nicht oft genug lesen. Seite 19