Der Bund nimmt ein heikles Geschäft des Flugzeugherstellers mit der saudischen Luftwaffe genauer unter die Lupe. Der FDP-Bundesratskandidat sieht keinen Gesetzesverstoss.
Das Eidgenössische Aussendepartement (EDA) hat gegen die Pilatus Flugzeugwerke AG ein Verfahren eröffnet. Der Schweizer Flugzeughersteller hat die Behörden 2015 zwar über die Lieferung von PC-21-Modellen nach Saudi-Arabien informiert. Hingegen erfuhr das EDA erst kürzlich und «aufgrund eigener Abklärungen» von der «logistischen Unterstützung» der saudischen Streitkräfte durch Pilatus, wie das Amt auf Anfrage schreibt.
Zuvor hatte der «Tages-Anzeiger» berichtet, dass Pilatus seit 2017 der saudischen Luftwaffe gewisse Dienstleistungen anbietet. Im Geschäftsbericht hält die Firma fest: «Mit der Royal Saudi Air Force konnte ein Supportvertrag für die 55 PC-21, welche in Riad stationiert sind, über fünf Jahre abgeschlossen werden.»
Das EDA prüft nun, ob Pilatus dafür eine Bewilligung hätte einholen müssen. Das seit 2015 geltende Gesetz über private Sicherheitsdienstleistungen (BPS) sieht eine solche eigentlich vor. So will die Schweiz sicherstellen, dass sowohl Neutralität wie aussenpolitische Ziele nicht durch private Firmen untergraben werden.
Im aktuellen Fall steht die Frage im Raum, ob Pilatus mit der Unterstützung der saudischen Luftwaffe auch deren blutigen Einsatz im Jemen begünstigt. Im Bürgerkrieg sind seit 2015 mehr als 28000 Menschen umgekommen, die Bombardements aus der Luft treffen regelmässig auch zivile Einrichtungen, darunter Spitäler oder einen Schulbus. Pilatus will auf Anfrage keine Stellung nehmen.
Das Aussendepartement gibt an: «Der genaue Sachverhalt ist im Moment Gegenstand weiterer Abklärungen.» Nur so viel gibt es bekannt: Bei den Tätigkeiten handle es sich um «logistische Unterstützung von Streitkräften», Pilatus erbringe keine «Ausbildungsdienstleistungen». Falls sich am Ende des Prüfverfahrens herausstellen sollte, dass die Tätigkeiten im Widerspruch zum Gesetz stehen, kann das Departement diese verbieten.
Der anhaltende Krieg im Jemen, an dem Saudi-Arabien massgeblich beteiligt ist, das Elend wegen einer Hungersnot sowie der gewaltsame Tod des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi haben auch hiesige Politiker für das Thema sensibilisiert. Sympathisanten der Schweizer Rüstungsindustrie sehen denn auch das Vorgehen von Pilatus äusserst kritisch. «Wenn sich herausstellt, dass die Firma gegen geltendes Gesetz verstossen hat, ist das völlig inakzeptabel», sagt der Schwyzer SVP-Ständerat Alex Kuprecht. Ähnlich tönt es bei seinem Zuger Ratskollegen, Joachim Eder (FDP): «Das Gesetz verlangt eine Bewilligung. Falls diese nicht eingeholt wurde, ist das Vorgehen nicht akzeptabel.»
Neben jenen, welche die Geschäftstätigkeiten der Flugzeugwerke verurteilen, gibt es auch Politiker, die diese relativieren. Als Nidwaldner stehe er dem Stanser Flugzeughersteller nahe, gibt FDP-Ständerat und Bundesratskandidat Hans Wicki offen zu. Er könne das Vorgehen von Pilatus jedoch nicht beurteilen, da er zu wenig Einblick habe. Klar sei für ihn, dass der Export der Flugzeuge vorgängig seriös geprüft und bewilligt werden musste. «Soweit ich das beurteilen kann, ist alles legal», sagt er auf Anfrage. CVP-Ständerat Peter Hegglin (ZG) – der ebenfalls auf ein Amt in der Landesregierung aspiriert – verweist auf die hohen Rüstungsimporte Saudi-Arabiens. Gemessen an den Milliardenbeträgen sei die Schweiz ein kleiner Fisch. «Wenn die Schweiz nichts mehr liefert, wird Saudi-Arabien das kaum stören.» Kriegsmaterialausfuhren seien deshalb zu stoppen.
Für Alex Kuprecht wäre ein Abbruch der Exporte in diesem Fall ein gangbarer Weg. «Im Zweifelsfall liefern wir lieber nichts mehr nach Saudi-Arabien», sagt er. Der Reputationsschaden nicht nur für die Pilatus Flugzeugwerke AG, sondern vor allem auch für die Schweiz wiege viel zu schwer. Es sei also zu prüfen, ob Schweizer Firmen ihre Verträge mit dem Königreich auch weiterhin einhalten müssen.