Die SBB wollen für die Früherkennung von Gleisschäden künstliche Intelligenz einsetzen. Ausländische Eisenbahnunternehmen schauen gebannt auf den Ausgang des Pilotprojekts.
Dominik Buholzer
Das Projekt ist einzigartig. Die SBB wollen bei der Überwachung und periodischen Prüfung der Bahnanlagen auf künstliche Intelligenz setzen und spannen dafür mit dem CSEM zusammen, dem Schweizerischen Zentrum für Elektronik und Mikrotechnik. Am 1. August startete ein entsprechendes zweijähriges Projekt, wie die beiden Unternehmen bestätigen. Involviert sind insgesamt fünf Ingenieure.
Auslöser dafür ist nicht der Spardruck, sondern die Unmenge an Daten, mit denen sich die SBB im Rahmen der Industrialisierung ihrer Überwachung konfrontiert sehen.
Seit Jahrzehnten werden die Inspektionen von Mitarbeitenden «auf Sicht» vorgenommen, das heisst, die Gleise werden abgeschritten und die Arbeiter schauen auf Schäden. Das Know-how dieser Arbeiter wird auch künftig nötig sein. Aber sie werden zunehmend durch Technik unterstützt. Zwei europaweit einzigartige Diagnosefahrzeuge sind fast pausenlos unterwegs und nehmen Messungen am Schotterbett, an der Gleiskonstruktion und der Fahrleitung vor.
«Die Herausforderung ist, dass die unglaubliche Menge an Daten, die produziert wird, von einem Menschen kaum mehr verarbeitet werden kann», sagt Philipp Schmid, Head Robotic & Automation beim CSEM. Zusammen mit dem CSEM wird nun in dem zweijährigen Pilotversuch geprüft, wie sich die Bilder automatisch auswerten lassen.
Dass die SBB ausgerechnet mit dem Schweizer Institut kooperieren, kommt nicht von ungefähr. Das CSEM gilt auf dem Gebiet der neuronalen Bildverarbeitung als führend und sieht in dem Projekt ein enormes Potenzial: «Durch die Digitalisierung kann die Früherkennung bei der Validierung auf jeden Fall gesteigert werden», betont Schmid.
Allerdings: Ganz so einfach ist die Aufgabe nicht. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, dass der Computer auf den unterschiedlichsten Bildern allfällige Abweichungen an den Schienen entdeckt, sondern dass er sich an diese erinnert, wenn die Diagnosefahrzeuge die Stelle später wieder passieren, um damit deren zeitlichen Entwicklungsverlauf beurteilen zu können und geeignete Massnahmen anzuordnen.
Schmid ist zuversichtlich, dass diese Klippen umschifft werden können. «Wir sind fest davon überzeugt, dass wir für die SBB eine Verbesserung erzielen können. Wie diese letzten Endes aussieht, wird nun die zweijährige Testphase zeigen.»
So oder so: Das Pilotprojekt hat bereits jetzt das Interesse mehrerer ausländischer Bahnunternehmen geweckt, wie Marcel Zurkirchen, Leiter Produktion Messleistungen der SBB, gegenüber unserer Zeitung bestätigt.