Ärztetarife sollen bei übermässigem Mengen- und Kostenwachstum sinken. Das sorgt für Widerstand. Nicht nur unter den Ärzten.
Die nationalrätliche Gesundheitskommission schien einen Pflock eingeschlagen zu haben: Anfang Jahr stimmte sie deutlich einem Vorstoss von Ulrich Giezendanner (SVP/AG) zu, die Globalbudgetierung in der ambulanten Gesundheitsversorgung einzuführen. Ein Paradigmenwechsel sondergleichen: Künftig sollten ungerechtfertigte Erhöhungen der Mengen und Kosten «zu finanzwirksamen Rückvergütungen durch die Leistungserbringer führen».
Im Klartext bedeutete dies, dass die Steuerung der Kosten und Leistungen über das Portemonnaie der Ärzteschaft erfolgen würde. Und zwar so, dass die Tarife für ärztliche Leistungen bei einem bestimmten Kostenwachstum im Folgejahr um einen definierten Faktor gesenkt würden. Zur Illustration: Die Gesundheit kostet uns pro Jahr gegen 80 Milliarden Franken. Tendenz steigend – vor allem auch im ambulanten Bereich.
Die ständerätliche Gesundheitskommission hat sich Ende April zwar inhaltlich mit der Kommissionsinitiative aus dem Nationalrat befasst, aber noch keinen Beschluss gefasst. Und das wird sie auch in naher Zukunft nicht tun. Nachdem sie die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren, Leistungserbringer, Versicherer, Patientenorganisationen und Preisüberwacher angehört hat, werden nun – unter Beizugeiner Expertengruppe – «neue Modelle zur Dämpfung der Gesundheitskosten geprüft». Resultate dieser «gesundheitspolitischen Auslegeordnung» sollen gegen Ende Jahr vorliegen. Schon heute ist absehbar: Das Globalbudget wird im Bundesparlament einen äusserst schweren Stand haben.
An der ersten öffentlichen Veranstaltung zum Thema, organisiert vom Verband chirurgisch und invasiv tätiger Ärztinnen und Ärzte, wurde die Idee vergangene Woche in Luzern von Experten juristisch, ökonomisch, medizinisch und praktisch förmlich in der Luft zerrissen. Auch Santésuisse-Präsident und Nationalrat Heinz Brand (SVP/GR) machte keinen Hehl aus seiner Ablehnung: «Ich bin persönlich dagegen», sagte er frank und frei.
Ebenso wenig konnte die Präsidentin der Stiftung Patientenschutz, Margrit Kessler, etwas mit dem angedachten Totalumbau «auf dem Buckel der Patienten» anfangen. Unisono herrschte die Überzeugung vor: Wir wollen keine deutschen Verhältnisse à la «morbiditätsorientierte Kostenvergütung», wie das Globalbudget in Beamtensprache heisst.
Für Pius Zängerle, Direktor des Krankenversicherungsverbandes Curafutura, steht vor diesem Hintergrund fest: «Globalbudgets in der Gesundheitsversorgung werden immer mehr zum Thema, aber es braucht dazu noch viele Diskussionen und damit Zeit.» Wie andere Experten ist auch Zängerle der Überzeugung: «Das Thema wurde politisch zu Recht aufgebracht, weil es in der Kostendiskussion an allen Ecken und Enden klemmt.»
Mit anderen Worten: Die Drohung mit dem Schreckgespenst Globalbudget soll Blockaden in anderen Dossiers lösen. Die Palette reicht vom Kampf um den Ärztetarif und die Zulassungssteuerung für Ärzte über die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen durch Kantone und Versicherer bis zu den Listen für die ambulante Versorgung und zur Qualitätsstrategie.
Balz Bruder