Als es kurz vor Mittag geschafft ist für die SVP, als sie mit dem Waadtländer Guy Parmelin ihren zweiten Bundesrat hat, da schwenkt an der Wahlfeier der Parteibasis ein Mann im Sennenhemd eine riesige Nidwaldner Fahne.
Als es kurz vor Mittag geschafft ist für die SVP, als sie mit dem Waadtländer Guy Parmelin ihren zweiten Bundesrat hat, da schwenkt an der Wahlfeier der Parteibasis ein Mann im Sennenhemd eine riesige Nidwaldner Fahne. Es ist nur ein kurzer Ausschnitt aus diesem Tag, an dem alles so überraschend reibungslos verläuft für die SVP. Doch er lässt tief in die Seele der Partei blicken. Denn er zeigt, worum es für sie gestern vor allem ging nach den acht Jahren, in denen sie sich ausgegrenzt fühlte: den zweiten Bundesratssitz. Welcher Name vom Dreierticket das Rennen macht, interessierte da – zumindest an der Basis – erst in zweiter Linie. «Hauptsache, wir haben wieder zwei Sitze»: So sagt es einer an der Wahlfeier, als die Wahl von Parmelin gerade durch ist.
Aus der ganzen Schweiz sind an diesem Morgen SVP-Anhänger nach Bern geströmt; sie versammeln sich in einem Saal in der Berner Innenstadt, an der Decke hängt ein Kronleuchter, mit zwei Leinwänden blicken die SVP-Anhänger ins nahe Bundeshaus. Es gibt einen grossen Überschuss an älteren Herren, es gibt Kaffee und Rivella und später auch Bier und Wein. Doch weil es so gut läuft, zu gut fast, bleibt die Stimmung meist entspannt. Das ändert sich nur hie und da. Etwa, als Ueli Maurer wiedergewählt wird: 173 Stimmen, ein paar Jauchzer. Kurz darauf taucht der Zürcher im Saal auf, er schüttelt ein paar Hände, lässt sich auf die Schultern klopfen, setzt sich pflichtbewusst für ein Gipfeli zu seiner Ortspartei aus Hinwil. Dann stellt er sich in die Mitte des Saals, spricht vom «denkwürdigen Tag» für die Partei und davon, dass es ganz alleine im Bundesrat «nicht immer so lustig sei». Maurer ahnt da schon, dass es gut kommt für seine Partei.
Es ist kurz nach halb eins, als der letzte Akt der Bundesratswahl bereits vorüber und Parmelin in seinem Amt vereidigt ist. Danach verstreichen nur wenige Minuten, bis eine ganze Menschenkette im Saal eintrifft, mit vor Stolz geröteten Gesichtern und den grün-weissen Fahnen der Waadt in der Hand. Es sind die Abgesandten aus Parmelins Kanton, sie haben die Wahl zuvor in einem anderen Restaurant verfolgt. «Jetzt wird in der SVP also Französisch gesprochen», sagt ein Innerschweizer, der wie viele aus seiner Region lieber Thomas Aeschi im Bundesrat gesehen hätte. Er ist nicht der einzige im Saal, der enttäuscht nach Hause geht; es gibt etwa die Bündnerin, die wehmütig von Brand spricht. Und natürlich gibt es die Schaffhauser, die immer noch mit dem Vorgehen der Parteileitung hadern.
Später, als sich die SVP an ihrem Fraktionsanlass selbst feiert, sind solche Töne nicht mehr zu hören. Der Parkett ist edel im Kornhauskeller, die hohen, kunstvoll bemalten Räume schlucken den Lärm, in einer Ecke blasen Männer in Trachten in ihre Alphörner. Es gibt Marronicrèmesuppe mit Trüffelöl und später Rindsfiletmignons; man lässt es sich gutgehen an diesem Tag, und wer Rang und Namen hat in der Partei, ist gekommen. Toni Brunner, der Parteipräsident, hat sich gleich beim Eingang aufgestellt; er strahlt, wie man das von ihm kennt, schüttelt hier eine Hand und dort eine. «Epochal» sei das alles, sagt er, «ein zweiter Bundesrat, ein Bauer noch dazu, und das erst noch im Wachstumsmarkt Romandie».
Später setzt sich die Partei zu Tisch, Verlierer Thomas Aeschi gegenüber von Christoph Blocher. Man ist etwas übermütig, Felix Müri, der Vizepräsident der Fraktion, beordert Präsident Brunner per Mikrophon an seinen Platz. Dann begrüsst er Guy Parmelin, den «neuen Bundesrat». Es ist Ueli Maurer, der in diesem Moment als Erster aufspringt, der jauchzt und klatscht. Kein Wunder: Er ist jetzt nicht mehr allein.