Wollen die Schweizer nach dem Ja zur Zuwanderungs-Initiative eine noch radikalere Einschränkung der Migration und stimmen dem Volksanliegen von Ecopop zu, steht die Altersvorsorge vor grossen Problemen.
Die zunehmende Skepsis der Schweizer gegenüber Einwanderern ist eine schlechte Nachricht für die Altersvorsorge. Während sich die Aussichten der AHV dank der hohen Migration jüngst verhältnismässig verbesserten, droht nun eine Verschlechterung. Der Grund: Viele Einwanderer sind jung und zahlen in die Sozialwerke ein, die Schweizerische Bevölkerung hingegen ist zunehmend überaltert und bezieht Leistungen.
Die Ostschweiz am Sonntag hat das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) gebeten, die Folgen eines möglichen Ja zur Ecopop-Initiative auszurechnen. Erstmals veröffentlicht das Amt eine neue Faustregel, mittels derer sich die Einflüsse der Migration auf die AHV grob ausrechnen lassen. Diese Faustregel lautet: «Eine Abnahme des langfristigen Migrationssaldos um 10 000 Personen ergibt für die AHV im Jahr 2030 einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf von rund 1,2 Milliarden Franken», erklärt BSV-Sprecher Rolf Camenzind. Die Ecopop-Initiative fordert, dass künftig die Bevölkerung jährlich nur noch um 0,2 Prozent respektive um 16000 Personen zunehmen darf.
Um die Faustregel konkret anzuwenden, ist ein Blick auf die mittelfristigen Finanzperspektiven der AHV aus dem Frühling 2013 notwendig. Diese gingen davon aus, dass die Bevölkerung der Schweiz durch Zu- und Abwanderung jährlich um rund 40 000 Personen zunimmt (Wanderungssaldo). Obwohl diese 40 000 Zuwanderer dazu beitragen, das Problem der Überalterung der Gesellschaft etwas zu entschärfen, sind die Aussichten der AHV im Szenario alles andere als rosig: Im Jahr 2030 droht der Kasse eine Lücke über 8,6 Milliarden Franken. Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, will der Bundesrat das System der Altersvorsorge revidieren.
Nimmt die Migrationsskepsis der Bevölkerung weiter zu und stimmt sie der Ecopop-Initiative zu, besagt die AHV-Faustregel: Bis im Jahr 2030 droht ein zusätzliches Loch von rund 2,9 Milliarden Franken. Insgesamt betrüge die Finanzierungslücke dann 14 Milliarden. Um dieses Loch zu stopfen, müsste der Bund die Mehrwertsteuer gegenüber ihrem heutigen Satz von 8 Prozent stark erhöhen. Denn eine zweite neue Faustregel des Bundesamts für Sozialversicherungen besagt: «Entsteht bei der AHV ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von rund 2,4 Milliarden Franken, entspricht dies einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um rund ein Prozent», wie Sprecher Camenzind erklärt. Innerhalb von knapp 15 Jahren könnte die Mehrwertsteuer also von heute 8 auf 12,6 Prozent steigen.