Energiestrategie Im Ständerat stimmten die vier SVP-Vertreter in der Schlussabstimmung letzten Herbst alle gegen die Energiestrategie. Im Abstimmungskampf gehören sie wie die meisten Parlamentarier ihrer Partei dem Nein-Komitee an. Doch zwei SVP-Ständeräte standen der Vorlage nicht immer so kritisch gegenüber. Als die kleine Kammer die Energiestrategie im Herbst 2015 erstmals beriet, befürworteten diese in der Gesamtabstimmung auch Roland Eberle (TG) und Alex Kuprecht (SZ).
Der Ständerat hatte die Vorlage gegenüber dem Nationalrat, wo Mitte-Links die Vorlage prägte, stark verändert. Er baute etwa eine Befristung der Subventionen für erneuerbare Energien ein und lehnte es ab, die AKW-Betreiber zu einem Langzeitbetriebskonzept zu verpflichten. Die Energiestrategie sei nun eine «knapp vertretbare Vorlage», sagte Eberle damals der NZZ. Es war der Thurgauer, der in der vorberatenden Energiekommission die Befristung der Ökostromförderung erfolgreich einbrachte. «Es macht keinen Sinn, unbefristet Geldmittel zu investieren», sagte er unserer Zeitung.
Die Ständeratsvariante setzte sich in der Differenzberatung im Parlament weitgehend durch. Nur bei der Subventionierung der Wasserkraft entschied sich der Nationalrat für ein neues Modell, dem auch der Ständerat zustimmte. Doch obwohl Eberle die Vorlage mitgeprägt hatte, lehnte er sie im Herbst 2016 in der Schlussabstimmung ab. Wie kam es zur Kehrtwende? Setzte die SVP Eberle unter Druck, zumal der Axpo-Verwaltungsrat und frühere Regierungsrat über seine Partei hinaus geachtet ist? Es habe keine Druckversuche gegeben, sagt Eberle auf Anfrage. «Ich politisiere eigenständig.» Die Befristung der Subventionen sei zwar «nett», wenn es dabei bleibe. «Ich habe aber schon genug erlebt, dass das Parlament etwas wieder kippt.» Er habe der Vorlage in der ersten Runde in der Hoffnung zugestimmt, dass der Nationalrat diese noch korrigiere. «Das hat sich leider nicht bewahrheitet.»
Er habe erwartet, dass das Parlament die Bundesratsvorlage auch in den Bereichen Heizöl, Benzin oder Gas konkretisiere, da der Strom nur rund einen Viertel des Schweizer Energieverbrauchs ausmache, sagt Eberle. In der vorliegenden Form handle es sich nicht um eine Energie-, sondern nur um eine Stromstrategie. Das Reduktionsziel von 43 Prozent pro Person bis 2035 gelte aber für alle Energieträger. Wie dies erreicht werden soll, bleibe weitgehend offen. «Man verschweigt bewusst, dass das Umsetzungsziel eine Illusion ist, ohne dass es massiv Geld kostet.» Die Vorlage sieht zwar auch vor, dass neu importierte Autos ab 2021 weniger Schadstoffe ausstossen dürfen. Zudem soll das Programm für Gebäudesanierungen weitergeführt und finanziell ausgebaut werden. Doch das reicht Eberle nicht: «Konkrete Massnahmen zur Reduktion des fossilen Verbrauchs fehlen weitgehend.»
Eberles Parteikollege Alex Kuprecht kann sich auf Anfrage nicht mehr erinnern, warum er seine Meinung änderte. In den letzten Jahren habe der Ständerat sehr viele Vorlagen beraten. Im Gegensatz zu Eberle sitzt der Sozial- und Sicherheitspolitiker nicht in der Energiekommission, welche sich am intensivsten mit der Vorlage befasste.
Tobias Gafafer