Die Crux mit dem schnellen Geld

Die Gemeinde Freienbach SZ hat sich verspekuliert: Jetzt fehlen 1,5 Millionen in den Büchern. Auch im Thurgau gibt es Schulgemeinden, die um Hunderttausende von Franken zittern.

Jürg Ackermann
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Schulgemeinde Bottighofen: Neun Millionen Franken in Fonds investiert. (Bild: Herbert Haltmeier)

Schulgemeinde Bottighofen: Neun Millionen Franken in Fonds investiert. (Bild: Herbert Haltmeier)

Der Gemeinde Freienbach fehlen 1,45 Millionen Franken in den Büchern. Der Grund: Der Gemeinderat liess sich von hohen Renditeaussichten verleiten und investierte im Frühling 2008 fünf Millionen Franken in einen ortsansässigen Hedge-Fonds. Die Gemeinde der Millionäre am Zürichsee wird aber trotz Börsencrash nicht am Hungertuch nagen. Sie verfügt über ein Vermögen von 47 Millionen Franken.

Dennoch sorgte der Fall für Aufsehen. «Wenn eine Gemeinde zu spekulieren beginnt, dann ist das mehr als fahrlässig», erboste sich ein Leserbriefschreiber in der «Zürichsee-Zeitung». Zahlreiche Ortspolitiker verlangen nun eine «lückenlose Aufklärung» des Falls – auch wenn man in Freienbach hofft, die Buchverluste liessen sich in den nächsten Jahren wieder wettmachen.

360 000 Franken Verlust

René Seiler, dem Schulpräsidenten von Bottighofen, kommt die Geschichte aus Freienbach bekannt vor. Denn auch die reiche Thurgauer Seegemeinde hat Geld an der Börse investiert. Der Grund war ein eigentliches «Luxusproblem»: Mit dem Verkauf der Firma Mowag 1999 füllten sich die Kassen auf einen Schlag mit 14 Millionen Franken. 9 Millionen wurden 2002 in Fonds investiert, die mit 20 Prozent Aktienanteil bestückt sind. Die Schulgemeinde weist nun nach der Baisse an der Börse einen Buchungsverlust fürs letzte Jahr von 360 000 Franken aus. Ähnliche Probleme haben ein paar wenige andere vermögende Thurgauer Schulgemeinden, die ebenfalls vom Mowag-Verkauf profitierten, zum Beispiel Kreuzlingen.

Mehr Rendite gefordert

In Bottighofen sind aber kaum wütende Leserbriefe zu erwarten. Denn die Schulbürger haben das Loch in den Büchern selber zu verantworten: Im vergangenen Jahr liess der Schulpräsident nämlich über die Anlagestrategie abstimmen, nachdem immer wieder Stimmen laut geworden waren, auf eine höhere Rendite und damit eine riskantere Anlagestrategie zu setzen. Nun ist man im Dorf froh, der Versuchung auf das schnellere Geld widerstanden zu haben. Dennoch schmerzt der Buchverlust. «Seit 2002 steht der Fonds insgesamt immer noch im Plus. Aber wenn wir das Geld jetzt brauchten, müssten wir diesen Verlust hinnehmen», sagt Schulpräsident Seiler.

St. Gallen greift hart durch

Nicht möglich wäre ein Fall Freienbach im Kanton St. Gallen. Auch einzelne Schulgemeinden können sich hier nicht verspekulieren, denn diese sind finanziell den politischen Gemeinden unterstellt. Zudem geht St. Gallen weiter als die meisten anderen Kantone: Der Handel mit Derivaten oder Spekulationsgeschäfte kommen für Finanzvermögen der öffentlichen Hand nicht in Frage. Das Amt für Gemeinden hält ein scharfes Auge auf die Einhaltung der Richtlinien. Das Ergebnis lässt sich sehen: Amtsleiterin Inge Hubacher musste in fünf Jahren nur einmal eingreifen, als eine Ortsgemeinde für ihr Vermögen eine zu riskante Anlagestrategie wählte. Ein Banker im Rat drängte auf mehr Rendite. Den übrigen Ratsmitgliedern war das Risiko nicht bewusst. Man habe sich dann gütlich mit der entsprechenden Ortsgemeinde auf eine konservativere Anlagestrategie geeinigt, erinnert sich Inge Hubacher.

Aus Fehlern lernen

Kein Thema ist die Spekulation mit öffentlichen Geldern im Appenzellischen. Selbst reiche Gemeinden wie Teufen legen das Geld konservativ an, beispielsweise in risikolose Termingeschäfte, die eine Laufzeit von wenigen Monaten aufweisen. Das könnte bald auch schon in Freienbach der Fall sein. Die Schwyzer wollen aus den Fehlern nämlich lernen und in Zukunft auf Investitionen in Hedge-Fonds und ähnliche riskante Produkte verzichten.