SVP und FDP murren hörbar über das Kandidatenfeld der CVP für die Bundesratswahlen. Werden sie am Ende CVP-Präsident Gerhard Pfister in die Landesregierung wählen?
Seine Chancen, Bundesrat zu werden, wären gross gewesen, trotzdem verzichtet er. Der Obwaldner CVP-Ständerat Erich Ettlin steht für die Nachfolge von Doris Leuthard nicht zur Verfügung. Er wolle weiterhin seinem Beruf als Steuerexperte nachgehen, begründete der 56-Jährige seinen Verzicht am Donnerstag. Mit Ettlin sagt ein Hoffnungsträger der CVP ab. Sowohl links als rechts war der frühere Chef der Obwaldner Steuerverwaltung hoch angesehen. Die Absage ist für die CVP eine grosse Enttäuschung.
Zwar hat die CVP mit dem Zuger Ständerat Peter Hegglin, der Baselbieter Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter und der Urner Regierungsrätin Heidi Z’graggen drei Kandidaten im Rennen. Dazu kommen dürfte die Walliser Nationalrätin Viola Amherd. Tritt Amherd an, ist ihr die Unterstützung der Linken sicher. Anders sieht es bei der rechten Ratshälfte aus. «Die bisher präsentierten Kandidaten überzeugen nicht», sagt ein einflussreicher FDP-Nationalrat. Amherd sei zu links, Hegglin kommunikativ zu ungeschickt, Schneider-Schneiter zu unbeständig, Z’graggen zu unbekannt. «Es braucht jemanden mit klar bürgerlichem Profil, der das Amt auch ausführen kann», fordert der FDP-Nationalrat. Er denkt dabei vor allem an einen: CVP-Präsident Gerhard Pfister. Zum jetzigen Zeitpunkt will sich noch niemand mit Namen äussern. Eine Umfrage bei einflussreichen rechtsbürgerlichen Politikern zeigt indes: Es gibt einen Nährboden für eine Sprengkandidatur abseits der offiziellen Kandidaten der CVP. «Einige Parlamentarier und ich werden Pfister wählen, ganz egal, wen die CVP sonst noch vorschlägt», sagt ein weiterer Nationalrat der FDP.
Einen Geheimplan Pfister gibt es bisher nicht. Seine Anhänger wollen erst einmal abwarten, wen die CVP der Bundesversammlung empfehlen wird. «Je linker das CVP-Ticket ausfällt, desto grösser die Wahrscheinlichkeit einer Sprengkandidatur», sagt der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter. Ein Ticket aus Amherd und Schneider-Schneiter erachtet Grüter als ungenügend. «Doch mit einem Kandidaten wie Peter Hegglin könnte ich durchaus leben», sagt er. Insgesamt ist die SVP vorsichtig geworden mit Sprengkandidaturen. Bei der Wahl von Samuel Schmid sowie Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat wurde die Partei selbst Opfer von politischen Manövern, als die Bundesversammlung die offiziellen SVP-Kandidaten links liegen liess. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi versprach im Mai in einem Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag», dass die SVP die Wahlempfehlungen anderer Parteien respektieren werde, falls eine Auswahl gegeben wird. Trotzdem bekunden mehrere SVP-Parlamentarier ihren Willen, Pfister die Stimme zu geben.
Der CVP-Präsident dürfte im ersten Wahlgang eine stattliche Anzahl von Stimmen aus der FDP und SVP erhalten. Was dann passiert, ist offen. Pfister hat wiederholt gesagt, dass er vor den Parlamentswahlen im Oktober 2019 für eine Bundesratswahl nicht zur Verfügung stehe. Doch würde er nach dem ersten Wahlgang ans Rednerpult schreiten und ankündigen, eine Wahl abzulehnen, falls er gewählt würde? So wie das SVP-Nationalrat Hansjörg Walter 2008 getan hatte, als er zu Gunsten von Ueli Maurer verzichtete? Und was würde Pfister tun, wenn er tatsächlich eine Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen würde?
Pfister äusserte sich gestern auf Twitter in seiner gewohnt lakonischen Art: «Wie seit zwei Jahren mehrfach auf entsprechende Fragen, antworte ich gerne auch auf heutige und zukünftige gleich wie immer: Ich werde nicht, ich will nicht, ich kann nicht, ich muss nicht. Sondern ich bin sehr zufrieden und erfüllt mit dem Amt, das neben Papst das schönste ist.» Eine konkrete Anfrage, ob er eine Wahl der Bundesversammlung ausschlagen würde, liess er unbeantwortet.
In der CVP ist man sich nicht sicher, wie Pfister auf eine Wahl reagieren würde. Ein CVP-Nationalrat warnt davor, ihn vorschnell abzuschreiben. Pfister habe nur den Verzicht bis zu den Wahlen im nächsten Jahr bekannt gegeben. «Das zeigt für mich, dass ihn das Amt grundsätzlich interessieren würde.» Andere machen darauf aufmerksam, dass sich Pfister mit der Annahme einer Wahl bei der Partei unmöglich machen würde. «So wie ich ihn kenne, hält er sein Wort», sagt der Schwyzer CVP-Nationalrat Alois Gmür. «Würde er die Wahl annehmen, wäre das ein Schlag ins Gesicht der offiziellen Kandidaten.»
Kein Thema bei der CVP ist es, Pfister am 16. November zum offiziellen Kandidaten zu küren. Theoretisch möglich wäre das, auch wenn der normale Weg über die Kantonalparteien führt. Doch selbst auf dem rechten Flügel der Partei fehlt dazu der Wille. Gmür sagt, er sei zufrieden mit dem Kandidatenfeld der CVP. «Es gibt keine Veranlassung, Gerhard Pfister kurzfristig aufs Ticket zu nehmen.» Der Luzerner CVP-Nationalrat Leo Müller sieht das genauso. «Das sollten wir nicht tun», sagt er. «Es wäre schlecht für unsere Partei, einen solchen Präsidenten ein Jahr vor den Wahlen zu verlieren.» Insgesamt dürften die Parteiinteressen dazu führen, dass im Parlament kaum CVP-Stimmen an Pfister gehen werden. Dies macht eine Wahl Pfisters unwahrscheinlich. Denn die Fraktionen der SVP und FDP halten mit 120 von 246 weniger als die Hälfte der Sitze in der Bundesversammlung.