Analyse
Die Medienhäuser haben sich blöd angestellt: Darum ist das Mediengesetz gescheitert

Das Mediengesetz wurde versenkt. Bundesrätin Simonetta Sommaruga ist selber schuld, die Vorlage wurde grösser und grösser und war am Schluss überladen. Doch auch die Medienhäuser haben Anteil an der Niederlage ‒ und den grossen Gegner Google noch nicht in die Schranken gewiesen.

Francesco Benini
Francesco Benini
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Die Ablehnung ist noch klarer, als von den Umfragen vorhergesagt: Mit fast 55 Prozent Nein-Stimmen hat das Schweizer Stimmvolk das Massnahmepaket zu Gunsten der Medien abgelehnt. Zwar stimmte die Romandie dem Gesetz zu – aber in der Deutschschweiz entschieden sich nur die Kantone Basel-Stadt und Uri für ein Ja.

Warum die deutliche Zurückweisung? Von der Landwirtschaft abgesehen, begegnen die Schweizerinnen und Schweizer neuen staatlichen Subventionen mit Skepsis. Den Befürwortern des Pakets ist es nicht gelungen, der Bevölkerung überzeugend darzulegen, warum die Medienbranche staatliche Hilfe braucht.

Zu viele Fehler

Die Unterstützer begingen eine ganze Reihe von Fehlern: Das Paket war allzu gross. Die parlamentarischen Beratungen fanden in der Coronazeit statt, als verschiedene Branchen um staatliche Hilfe nachsuchten – und sie auch bekamen. In einer solchen Stimmung missachteten die Medien-Lobbyisten und Bundesparlamentarier das Prinzip des Masshaltens. Das Paket wuchs und wuchs, und Medienministerin Sommaruga war nicht in der Lage, das Treiben zu beenden.

Es sollten alle Seiten zufrieden gestellt werden. Damit erreichte man, dass die Angriffsfläche zunahm: Die verbilligte Postzustellung der Zeitungen wurde von den Gegnern attackiert als Existenzverlängerung eines überkommenen Geschäftsmodells, die Förderung von Onlinemedien als Eingriff in die redaktionelle Freiheit.

Matthias Aebischer zur Ablehnung des Mediengesetzes: «Schlussendlich gab es zu viele Gegner.»

CH Media Video Unit

Grosse Medienhäuser traten zu selbstbewusst auf

Dass subventionierte Medien staatsnah berichten, war ein Hauptargument der Gegner des Pakets.

Schlimm waren in diesem Zusammenhang die Aussagen des Ringier-Chefs, der mit dem regierungsfreundlichen Kurs seines Verlages in der Coronakrise prahlte.

Die TX Group kündigte derweil die Ausschüttung einer Sonderdividende an ihre Aktionäre an, und zwar wegen eines Deals, den das Unternehmen mit Ringier abgeschlossen hatte.

Die Chefs grosser Schweizer Medienhäuser verhielten sich in einer Weise, als wollten sie das Paket unbedingt versenken, für das sie vehement plädierten.

Was war der Kern der Vorlage? Die Schweizer Medienunternehmen haben Werbeeinnahmen im Wert von Hunderten Millionen Franken an Google, Facebook und andere verloren. Das hat zu einer Medienkonzentration geführt, die in einem Land mit hoher politischer Partizipation der Bevölkerung besonders schlecht ist. Das Mediengesetz war als staatlich alimentierte Abfederung dieser Entwicklung gedacht.

Wie weiter?

Das Gesetz ist gescheitert. Darum sollte man nun an der Ursache des Problems ansetzen: Die Big-Techkonzerne erzielen riesige Gewinne mit Inhalten, die sie nicht selber herstellen. Die Schweiz braucht ein Leistungsschutzrecht. Die Bundesrätinnen Sommaruga und Keller-Sutter haben sich für ein solches Gesetz ausgesprochen.

Damit die Schweizer Medienunternehmen bald in angemessener Weise von Google und Facebook entschädigt werden, müssen sie nun an einem Strang ziehen. Und sie sollten sich nicht so blöd anstellen wie bei ihrem Einsatz für das Medienpaket.