CVP ändert eigene Volksinitiative

Die CVP ist eingeknickt: Fraktionschef Filippo Lombardi will im Ständerat einen Gegenvorschlag zur eigenen Volksinitiative «Gegen die Heiratsstrafe» einreichen. Die Definition der Ehe soll nun doch aus dem Initiativtext verschwinden.

Marina Winder
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BERN. Das kommt selten vor: Die CVP hat erst über 120 000 Unterschriften für ihre Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» gesammelt. Nun hat sie es sich aber anders überlegt und will den Initiativtext ändern. In der Debatte im Ständerat, die am 4. März stattfindet, plant Filippo Lombardi, einen Gegenvorschlag gegen die Volksinitiative einzureichen.

Über Ehedefinition gestolpert

Das Volksbegehren der CVP will die Heiratsstrafe eliminieren. Gemeint sind damit höhere Steuersätze, die doppelverdienende Ehepaare wegen der Progression zahlen müssen. Gegen die Abschaffung der Heiratsstrafe hat es bis jetzt kaum Widerstand gegeben. Der Partei ist es aber zum Verhängnis geworden, dass sie mit dem Initiativtext die Ehe als «Lebensgemeinschaft von Mann und Frau» definieren wollte. Organisationen wie PinkCross oder LOS, die sich für gleichgeschlechtliche Partnerschaften einsetzen, gingen auf die Barrikaden. Auch in der Debatte im Nationalrat zeigte sich, dass niemand das Kernanliegen der CVP-Initiative bekämpft, dass sich aber viele an der «veralteten Definition der Ehe» störten. Nun ist die Partei eingeknickt – sie will die Ehedefinition aus der Initiative streichen.

«Wir haben in den letzten Monaten die Erkenntnis gewonnen, dass die Ehedefinition unsere Erfolgschancen schmälert», sagt CVP-Generalsekretärin Béatrice Wertli. «Der Ehebegriff gibt vielen Parlamentariern einen Vorwand, um gegen unsere Volksinitiative zu sein.» Als weiteren Grund für den ungewöhnlichen Schritt führt Wertli den Wandel der Zeit an. «Wir bekamen auch viele Reaktionen der Basis, welche die Ehedefinition im Initiativtext kritisch betrachteten.» Und: «Als wir die Unterschriften sammelten, war uns nicht bewusst, dass wir unser Ziel auch ohne die Definition der Ehe verfolgen könnten.»

«Waren bei Entwurf nicht dabei»

Die Thurgauer CVP-Ständerätin Brigitte Häberli räumt ein, dass das Vorgehen zwar «speziell» sei. Nachdem sich in der Nationalratsdebatte aber gezeigt habe, dass die Ehedefinition in den Mittelpunkt gerückt werde, sei dieser Schritt notwendig geworden. Sie sei sich bewusst, dass einige nun enttäuscht sein könnten. «Doch das Anliegen der Initiative ist klar die Abschaffung der Heiratsstrafe und nicht die Ehedefinition. Gerade auch beim Sammeln der Unterschriften ging es stets um dieses wichtige Ziel.» Im Unterschied zum Gegenvorschlag, den der Nationalrat beschlossen hat, setzt die CVP weiterhin auf die gemeinsame Besteuerung von «verheirateten und eingetragenen Paaren», wie die Partei nun betont. Der Gegenvorschlag aus dem Nationalrat hingegen lässt das System der Besteuerung offen und will damit den Weg zur Individualbesteuerung ebnen.