Die Schweiz will einen Beitrag zur Schliessung Guantánamos leisten, sagt Aussenministerin Micheline Calmy-Rey – und kalkuliert dabei positive Nebeneffekte für die UBS mit ein.
Die USA brauchten die Unterstützung anderer Staaten, um das Problem mit dem Gefangenen-Lager auf Kuba zu lösen, sagte Bundesrätin Micheline Calmy-Rey in einem Interview mit der NZZ am Sonntag. Noch im November hatte die Schweiz drei Asylanträge von ehemaligen Guantánamo-Insassen abgelehnt. Dennoch sei der Entscheid, nun die Aufnahme solcher Häftlinge zu prüfen, «absolut kohärent mit unserer bisherigen Haltung», sagte die Aussenministerin. «Wir sagten stets, man müsse den internationalen Terrorismus bekämpfen, dabei aber die Menschenrechte respektieren. Darum haben wir Guantánamo stets kritisiert und bieten nun den USA unsere Bereitschaft an, bei der Lösung dieses Problems zu helfen.»
Die Schweiz handle «aus humanitären Gründen», betonte Calmy-Rey. Sollte das Signal aus Bern die USA in der Steueraffäre mit der UBS aber etwas gnädiger stimmen, «wäre das sicher nicht schlecht».
Laut NZZ am Sonntag sind die USA erfreut ob der Offerte aus der Schweiz. «Wir begrüssen diese Schweizer Initiative sehr», sagte Lisbeth Keefe, Sprecherin der US-Botschaft in Bern. «Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der Schweiz sowie anderen Freunden und Alliierten, um Lösungen zu finden, die uns helfen, Guantánamos Bay zu schliessen.»
Skeptisch gegenüber einer möglichen Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen äusserte sich Karin Keller-Sutter, St. Galler Justizdirektorin und Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Der KKJPD-Vorstand habe die Haltung diskutiert. Die USA hätten das Problem verursacht und müssten es lösen, sagte die FDP-Politikerin der «Sonntags-Zeitung». Das Vorprellen der Schweiz sei eine Überraschung. Sie habe den Eindruck, die Ankündigung sei von der Aussenpolitik und «gewissen diplomatischen Abmachungen» bestimmt. Es gehe anscheinend um Interessen, die nichts mit Guantánamo zu tun hätten, erklärte Keller-Sutter auf die Frage nach den Auseinandersetzungen um das Bankgeheimnis mit den USA. Auf jeden Fall werde sich kein Kanton um die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen reissen. (sda/ssd)