Bereits im August des letzten Jahres informierte der Schweizer Nachrichtendienst Bundesrätin Viola Amherd über die Gerüchte, welche um die Crypto AG kursierten.
Die amerikanische CIA und der deutsche Bundesnachrichtendienst sollen über eine Schweizer Firma mit manipulierten Verschlüsselungsgeräten andere Staaten abgehört haben: Es ist eine Nachricht, die noch vor ihrer Veröffentlichung ihre Kreise gezogen hat. Hochrangige Politiker und Beamte beschäftigten sich mit den Recherchen, die ein Journalistenkonsortium unter Beteiligung der «Rundschau» von SRF gestern enthüllt hat.
Die Departemente reagieren ungewöhnlich schnell – und mit vorgefertigten Sprachregelungen – auf die Recherchen. Doch viele Fragen bleiben offen.
So auch die Frage, ob alt Bundesrichter Niklaus Oberholzer für seine Untersuchung bereits ehemalige Verteidigungs- und Justizminister kontaktiert hat. Wussten sie von der Spionagetätigkeit über die Crypto AG? Der 86-jährige Arnold Koller, von 1987 bis 1989 Verteidigungsminister und von 1989 bis 1999 Justizminister, sagt gegenüber CH Media, er habe zwar gewusst, dass es die Crypto gebe: «Aber ich kann mich sonst an nichts erinnern.» Elisabeth Kopp, Justizministerin von 1984 bis 1989, sagt: «Ich erinnere mich nicht.» Das sei nicht zu ihr gedrungen.
Das Parlament dürfte sich kaum mit der vom Bundesrat selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung zufriedengeben. Zumal aus Geheimdienstakten laut der «Rundschau» klar hervorgeht, dass die Schweizer Geheimdienste in die Operationen der amerikanischen CIA und des deutschen BND eingeweiht gewesen seien. Es gebe sogar Hinweise, dass «Schlüsselpersonen in der Regierung» davon gewusst hatten.
Das ZDF zitiert den NDB-Vizedirektor Jürg Bühler, der einst für die frühere Bundespolizei gearbeitet hat. Unter seiner Federführung soll die Behörde – so legen es die Recherchen nahe – in den 1990er-Jahren eine Untersuchung gegen die Crypto AG förmlich abgewürgt haben. Man habe die Besitzverhältnisse der Zuger Firma zu recherchieren versucht, sei aber nicht weitergekommen, erklärte Bühler gemäss ZDF. «Im Nachhinein merken wir jetzt, dass wir teilweise angelogen wurden. Das ist natürlich ärgerlich.»
Hat die offizielle Schweiz wirklich nichts über die wahren Hintergründe der Crypto AG gewusst? Hat sie das Gebaren der Firma geduldet? Oder zumindest indirekt selbst von deren manipulierten Chiffriergeräten profitiert? Diese Fragen müssten restlos aufgeklärt werden, sagt Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli. «Stand heute kann dies vielleicht nur eine Parlamentarische Untersuchungskommission wirklich glaubwürdig tun, weil sowohl der Bundesrat wie auch die GPDel selbst ein Teil der Untersuchung sein müssen.» Die Geschichte betreffe die neutrale Schweiz, ihre Glaubwürdigkeit und ihre guten Dienste in der Aussenpolitik.